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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Zehntes Kap. Reise von Miaco bis Famma matz.
Bei dem lezteren zogen wir über eine 300 Schrit lange Brücke in die Vorstadt von Josjida
oder Jostsjida, drei Meilen von Akasacka.

Diese auf einer Anhöhe gelegene Stadt Josjida, die nur des äußern Ansehens
halber mit Pforten und mit weniger Manschaft besezten Wachthäusern versehen ist, begreift
in einer langen und einigen wenigen kurzen Nebengassen etwa tausend mit dürftigen Bür-
gern bewohnte schlechte Häuser in sich. Jn den beiden längst der Landstraße erbaueten
Vorstädten, zählt man in der vorderen hundert, und in der hinteren 250 Häuser. Jm Gan-
zen nahm unser Durchzug eine Stunde weg. Drei Theile des an der Nordost Seite lie-
genden Schlosses sind mit Graben und Wällen, der vierte aber durch den vorbeifließenden
Strohm befestiget, die hohen, weißen und zierlichen Mauren hingegen ohne Wehr-und
Schiesthürme, weil überhaupt das Schlos nur zu einem Aufenthalt der durchreisenden gro-
ßen Herren angelegt worden. Der Commandant desselben hatte 20 Bugjos und vornehme
Militärpersonen an den Weg gestelt, um unserm Train eine Ehre zu erweisen. Man macht
und verkauft in Josjida viele Schmiedearbeit, und die Bauren, da es eben Jahrmakt
seyn mochte, standen mit ihren Waaren an Holz, Blätterheu, Erbsen und allerlei Feld-
früchten feil.

Nachdem wir auf dem Wege von hier ohngefähr noch fünf Meilen bis Array kei-
ne große Dörfer oder Flecken, außer Sjirosacka, am Ufer des Meers, von 200 Häusern,
fanden, hier aber den wunderhohen und schönsten Berg der Welt Fusi oder Fusi no
Jamma
zum erstenmale erblikten, so erreichten wir von da nach einer halben Meile das
offene Städtchen Array selbst.

Es liegt dasselbe der offenbaren See ganz nahe, an der Enge eines kleinen Hafens
oder Meerbusens, und bestehet aus etwa 400 Häusern. Es wird alhier die Bagage aller
Reisenden, insonderheit aber der Landesherren von dazu bestelten Kaiserlichen Commissarien
untersucht, um zu verhindern, daß nicht irgend ein Frauenzimmer derselben Landesherren,
noch einiges Gewehr und Waffen sich durchschleiche, und mit übergeführt werde. Die
Absicht davon ist eine politische Maxime des Kaisers, denn, was das Frauenzimmer be-
trift, so müssen die Landesherrn solches jederzeit in der Kaiserlichen Residenz lassen, und
solchergestalt mit den Jhrigen dem Kaiser gleichsam ein Pfand geben, daß sie ihm mit
Treue verbunden bleiben wollen; Gewehr und Waffen hingegen läst man aus dem Grunde
nicht passiren, damit nichts wider den Kaiser unternommen werden könne, und alle Gele-
genheit zu einem Aufruhr abgeschnitten seyn möge. Jn Ansehung unserer Güter lies man
es, ohne sie zu öfnen, bei einer algemeinen Besichtigung, bewenden, nur machte mein
hinter dem Sattel angebundener Adofsky oder Feleisen wegen des Gewichts einige Schwie-
rigkeiten, und erregte den Zweifel, ob etwa Gewehr darinnen verborgen wäre, wiewol es
nach genugsamer Bedeutung nicht dazu kam, ihn abzupacken und zu eröfnen. Als diese

Unter-
J i 2

Zehntes Kap. Reiſe von Miaco bis Famma matz.
Bei dem lezteren zogen wir uͤber eine 300 Schrit lange Bruͤcke in die Vorſtadt von Joſjida
oder Joſtſjida, drei Meilen von Akaſacka.

Dieſe auf einer Anhoͤhe gelegene Stadt Joſjida, die nur des aͤußern Anſehens
halber mit Pforten und mit weniger Manſchaft beſezten Wachthaͤuſern verſehen iſt, begreift
in einer langen und einigen wenigen kurzen Nebengaſſen etwa tauſend mit duͤrftigen Buͤr-
gern bewohnte ſchlechte Haͤuſer in ſich. Jn den beiden laͤngſt der Landſtraße erbaueten
Vorſtaͤdten, zaͤhlt man in der vorderen hundert, und in der hinteren 250 Haͤuſer. Jm Gan-
zen nahm unſer Durchzug eine Stunde weg. Drei Theile des an der Nordoſt Seite lie-
genden Schloſſes ſind mit Graben und Waͤllen, der vierte aber durch den vorbeifließenden
Strohm befeſtiget, die hohen, weißen und zierlichen Mauren hingegen ohne Wehr-und
Schiesthuͤrme, weil uͤberhaupt das Schlos nur zu einem Aufenthalt der durchreiſenden gro-
ßen Herren angelegt worden. Der Commandant deſſelben hatte 20 Bugjos und vornehme
Militaͤrperſonen an den Weg geſtelt, um unſerm Train eine Ehre zu erweiſen. Man macht
und verkauft in Joſjida viele Schmiedearbeit, und die Bauren, da es eben Jahrmakt
ſeyn mochte, ſtanden mit ihren Waaren an Holz, Blaͤtterheu, Erbſen und allerlei Feld-
fruͤchten feil.

Nachdem wir auf dem Wege von hier ohngefaͤhr noch fuͤnf Meilen bis Array kei-
ne große Doͤrfer oder Flecken, außer Sjiroſacka, am Ufer des Meers, von 200 Haͤuſern,
fanden, hier aber den wunderhohen und ſchoͤnſten Berg der Welt Fuſi oder Fuſi no
Jamma
zum erſtenmale erblikten, ſo erreichten wir von da nach einer halben Meile das
offene Staͤdtchen Array ſelbſt.

Es liegt daſſelbe der offenbaren See ganz nahe, an der Enge eines kleinen Hafens
oder Meerbuſens, und beſtehet aus etwa 400 Haͤuſern. Es wird alhier die Bagage aller
Reiſenden, inſonderheit aber der Landesherren von dazu beſtelten Kaiſerlichen Commiſſarien
unterſucht, um zu verhindern, daß nicht irgend ein Frauenzimmer derſelben Landesherren,
noch einiges Gewehr und Waffen ſich durchſchleiche, und mit uͤbergefuͤhrt werde. Die
Abſicht davon iſt eine politiſche Maxime des Kaiſers, denn, was das Frauenzimmer be-
trift, ſo muͤſſen die Landesherrn ſolches jederzeit in der Kaiſerlichen Reſidenz laſſen, und
ſolchergeſtalt mit den Jhrigen dem Kaiſer gleichſam ein Pfand geben, daß ſie ihm mit
Treue verbunden bleiben wollen; Gewehr und Waffen hingegen laͤſt man aus dem Grunde
nicht paſſiren, damit nichts wider den Kaiſer unternommen werden koͤnne, und alle Gele-
genheit zu einem Aufruhr abgeſchnitten ſeyn moͤge. Jn Anſehung unſerer Guͤter lies man
es, ohne ſie zu oͤfnen, bei einer algemeinen Beſichtigung, bewenden, nur machte mein
hinter dem Sattel angebundener Adofsky oder Feleiſen wegen des Gewichts einige Schwie-
rigkeiten, und erregte den Zweifel, ob etwa Gewehr darinnen verborgen waͤre, wiewol es
nach genugſamer Bedeutung nicht dazu kam, ihn abzupacken und zu eroͤfnen. Als dieſe

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[251/0283] Zehntes Kap. Reiſe von Miaco bis Famma matz. Bei dem lezteren zogen wir uͤber eine 300 Schrit lange Bruͤcke in die Vorſtadt von Joſjida oder Joſtſjida, drei Meilen von Akaſacka. Dieſe auf einer Anhoͤhe gelegene Stadt Joſjida, die nur des aͤußern Anſehens halber mit Pforten und mit weniger Manſchaft beſezten Wachthaͤuſern verſehen iſt, begreift in einer langen und einigen wenigen kurzen Nebengaſſen etwa tauſend mit duͤrftigen Buͤr- gern bewohnte ſchlechte Haͤuſer in ſich. Jn den beiden laͤngſt der Landſtraße erbaueten Vorſtaͤdten, zaͤhlt man in der vorderen hundert, und in der hinteren 250 Haͤuſer. Jm Gan- zen nahm unſer Durchzug eine Stunde weg. Drei Theile des an der Nordoſt Seite lie- genden Schloſſes ſind mit Graben und Waͤllen, der vierte aber durch den vorbeifließenden Strohm befeſtiget, die hohen, weißen und zierlichen Mauren hingegen ohne Wehr-und Schiesthuͤrme, weil uͤberhaupt das Schlos nur zu einem Aufenthalt der durchreiſenden gro- ßen Herren angelegt worden. Der Commandant deſſelben hatte 20 Bugjos und vornehme Militaͤrperſonen an den Weg geſtelt, um unſerm Train eine Ehre zu erweiſen. Man macht und verkauft in Joſjida viele Schmiedearbeit, und die Bauren, da es eben Jahrmakt ſeyn mochte, ſtanden mit ihren Waaren an Holz, Blaͤtterheu, Erbſen und allerlei Feld- fruͤchten feil. Nachdem wir auf dem Wege von hier ohngefaͤhr noch fuͤnf Meilen bis Array kei- ne große Doͤrfer oder Flecken, außer Sjiroſacka, am Ufer des Meers, von 200 Haͤuſern, fanden, hier aber den wunderhohen und ſchoͤnſten Berg der Welt Fuſi oder Fuſi no Jamma zum erſtenmale erblikten, ſo erreichten wir von da nach einer halben Meile das offene Staͤdtchen Array ſelbſt. Es liegt daſſelbe der offenbaren See ganz nahe, an der Enge eines kleinen Hafens oder Meerbuſens, und beſtehet aus etwa 400 Haͤuſern. Es wird alhier die Bagage aller Reiſenden, inſonderheit aber der Landesherren von dazu beſtelten Kaiſerlichen Commiſſarien unterſucht, um zu verhindern, daß nicht irgend ein Frauenzimmer derſelben Landesherren, noch einiges Gewehr und Waffen ſich durchſchleiche, und mit uͤbergefuͤhrt werde. Die Abſicht davon iſt eine politiſche Maxime des Kaiſers, denn, was das Frauenzimmer be- trift, ſo muͤſſen die Landesherrn ſolches jederzeit in der Kaiſerlichen Reſidenz laſſen, und ſolchergeſtalt mit den Jhrigen dem Kaiſer gleichſam ein Pfand geben, daß ſie ihm mit Treue verbunden bleiben wollen; Gewehr und Waffen hingegen laͤſt man aus dem Grunde nicht paſſiren, damit nichts wider den Kaiſer unternommen werden koͤnne, und alle Gele- genheit zu einem Aufruhr abgeſchnitten ſeyn moͤge. Jn Anſehung unſerer Guͤter lies man es, ohne ſie zu oͤfnen, bei einer algemeinen Beſichtigung, bewenden, nur machte mein hinter dem Sattel angebundener Adofsky oder Feleiſen wegen des Gewichts einige Schwie- rigkeiten, und erregte den Zweifel, ob etwa Gewehr darinnen verborgen waͤre, wiewol es nach genugſamer Bedeutung nicht dazu kam, ihn abzupacken und zu eroͤfnen. Als dieſe Unter- J i 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/283>, abgerufen am 24.11.2024.