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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Neuntes Kap. Reise von Osacka bis Miaco.
die Wände mit anderthalb Klafter langen Bogen, vielen Säbeln, auch einigen Schiesge-
wehren in schwarzlakirten schönen Futteralen ausgeziert, und von denen ich einige abgebildetTab.
XXXII.

habe. Jn dem Audienzsaale, in welchem sieben Hofjunker nach der Ordnung saßen, sez-
ten sich die beiden Sekretairs drei Schritte vor uns nieder, bewirtheten uns mit ge-
mahlnem Thee, und unterhielten uns mit einem freundlichen Gespräche, bis bald hernach
der Gouverneur selbst, in Geselschaft von zwei Söhnen von siebenzehn und achtzehn Jahren,
ankam, der auf zehn Schritte vor uns in einer andern Kammer seinen Plaz nahm, und
durch drei geöfnete Schieber mit uns redete. Er war ein Herr von etwa 40 Jahren, mä-
ßiger Größe, von starken Gliedern, mänlichem großem Angesicht, von einem lebhaften
Wesen, dabei leutselig und herablassend. Er trug über einem schwarzen und einfachen Ro-
cke einen grauen oder ein Ehrenkleid, und war nur mit einem gemeinen Säbel umgürtet.
Sein Gespräch an uns bestand in folgendem: "Es wäre jetzo kalt Wetter: wir hätten eine
"große Reise gemacht: es hätte ganz was vorzügliches auf sich, an Hof gehen und den
"Kaiser sehen zu dürfen, welches Glük nur die Holländer vor allen Nationen in der Welt
"genössen." Sodann fragte er: "ob es uns nicht, nach einer so langwierigen und gefähr-
"lichen Reise, ein Vergnügen machte, ihr Land zu sehen?" Zulezt erbot er sich: "daß,
"weil der Grosrichter zu Miaco, der die Reisepässe ausstelt, noch nicht von Jedo zurükge-
"kommen, er uns einen von gleicher Gültigkeit mitgeben wolte, den wir morgen abholen
"lassen solten; und daß er uns mit Pferden und andern zur Reise erforderlichen Sachen,
"auf benöthigten Fal, sehr gern an Hand gehen lassen würde." Wir bedankten uns unse-
rer Seits für diese Gunst, und baten, unsere geringen Geschenke (die in seidenen Stoffen be-
standen, und womit die beiden Sekretrairs oder Hausburggrafen ebenfals beehrt wurden)
nicht zu verschmähen, nahmen darauf Abschied, und ließen uns von mehr gedachten Se-
kretairs wieder bis in den vorigen Wachtsaal begleiten, von da aber, und nachdem wir
uns auch bei diesen empfohlen, suchten wir unsere Tragkörbe wieder. Da es uns unsere
Dolmetscher erlaubten, daß wir ein wenig zu Fuße gehen durften, so hatten wir die Gele-
genheit, die herrliche Vestung von außen recht zu betrachten. Wir sezten uns sodann wie-
der ein, und kamen durch eine andere lange Straße zu unserer Herberge. Für den andern
Gouverneur hatten wir ebenwol Geschenke in Bereitschaft, da er aber abwesend war, so
war es nöthig, daß wir unsern in Jedo sich aufhaltenden Nagasackischen Gouverneur erst
befragten, wie man sich damit zu verhalten habe, indem wir in diesem Lande die größeste Vor-
sichtigkeit gebrauchen müssen, durch unsere Schuld kein Misvergnügen zu verursachen.

Den 26 Februar Montags waren wir müssig, und hatten dem Herkommen
gemäs einen Ruhetag.

Den 27 Februar Dienstags waren wir genöthigt noch stille zu liegen, weil es
uns noch an einigen Pferden zur Jedoischen Reise mangelte. Es wurden derselben über-

haupt
F f 3

Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco.
die Waͤnde mit anderthalb Klafter langen Bogen, vielen Saͤbeln, auch einigen Schiesge-
wehren in ſchwarzlakirten ſchoͤnen Futteralen ausgeziert, und von denen ich einige abgebildetTab.
XXXII.

habe. Jn dem Audienzſaale, in welchem ſieben Hofjunker nach der Ordnung ſaßen, ſez-
ten ſich die beiden Sekretairs drei Schritte vor uns nieder, bewirtheten uns mit ge-
mahlnem Thee, und unterhielten uns mit einem freundlichen Geſpraͤche, bis bald hernach
der Gouverneur ſelbſt, in Geſelſchaft von zwei Soͤhnen von ſiebenzehn und achtzehn Jahren,
ankam, der auf zehn Schritte vor uns in einer andern Kammer ſeinen Plaz nahm, und
durch drei geoͤfnete Schieber mit uns redete. Er war ein Herr von etwa 40 Jahren, maͤ-
ßiger Groͤße, von ſtarken Gliedern, maͤnlichem großem Angeſicht, von einem lebhaften
Weſen, dabei leutſelig und herablaſſend. Er trug uͤber einem ſchwarzen und einfachen Ro-
cke einen grauen oder ein Ehrenkleid, und war nur mit einem gemeinen Saͤbel umguͤrtet.
Sein Geſpraͤch an uns beſtand in folgendem: „Es waͤre jetzo kalt Wetter: wir haͤtten eine
„große Reiſe gemacht: es haͤtte ganz was vorzuͤgliches auf ſich, an Hof gehen und den
„Kaiſer ſehen zu duͤrfen, welches Gluͤk nur die Hollaͤnder vor allen Nationen in der Welt
„genoͤſſen.‟ Sodann fragte er: „ob es uns nicht, nach einer ſo langwierigen und gefaͤhr-
„lichen Reiſe, ein Vergnuͤgen machte, ihr Land zu ſehen?‟ Zulezt erbot er ſich: „daß,
„weil der Grosrichter zu Miaco, der die Reiſepaͤſſe ausſtelt, noch nicht von Jedo zuruͤkge-
„kommen, er uns einen von gleicher Guͤltigkeit mitgeben wolte, den wir morgen abholen
„laſſen ſolten; und daß er uns mit Pferden und andern zur Reiſe erforderlichen Sachen,
„auf benoͤthigten Fal, ſehr gern an Hand gehen laſſen wuͤrde.‟ Wir bedankten uns unſe-
rer Seits fuͤr dieſe Gunſt, und baten, unſere geringen Geſchenke (die in ſeidenen Stoffen be-
ſtanden, und womit die beiden Sekretrairs oder Hausburggrafen ebenfals beehrt wurden)
nicht zu verſchmaͤhen, nahmen darauf Abſchied, und ließen uns von mehr gedachten Se-
kretairs wieder bis in den vorigen Wachtſaal begleiten, von da aber, und nachdem wir
uns auch bei dieſen empfohlen, ſuchten wir unſere Tragkoͤrbe wieder. Da es uns unſere
Dolmetſcher erlaubten, daß wir ein wenig zu Fuße gehen durften, ſo hatten wir die Gele-
genheit, die herrliche Veſtung von außen recht zu betrachten. Wir ſezten uns ſodann wie-
der ein, und kamen durch eine andere lange Straße zu unſerer Herberge. Fuͤr den andern
Gouverneur hatten wir ebenwol Geſchenke in Bereitſchaft, da er aber abweſend war, ſo
war es noͤthig, daß wir unſern in Jedo ſich aufhaltenden Nagaſackiſchen Gouverneur erſt
befragten, wie man ſich damit zu verhalten habe, indem wir in dieſem Lande die groͤßeſte Vor-
ſichtigkeit gebrauchen muͤſſen, durch unſere Schuld kein Misvergnuͤgen zu verurſachen.

Den 26 Februar Montags waren wir muͤſſig, und hatten dem Herkommen
gemaͤs einen Ruhetag.

Den 27 Februar Dienſtags waren wir genoͤthigt noch ſtille zu liegen, weil es
uns noch an einigen Pferden zur Jedoiſchen Reiſe mangelte. Es wurden derſelben uͤber-

haupt
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[229/0257] Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco. die Waͤnde mit anderthalb Klafter langen Bogen, vielen Saͤbeln, auch einigen Schiesge- wehren in ſchwarzlakirten ſchoͤnen Futteralen ausgeziert, und von denen ich einige abgebildet habe. Jn dem Audienzſaale, in welchem ſieben Hofjunker nach der Ordnung ſaßen, ſez- ten ſich die beiden Sekretairs drei Schritte vor uns nieder, bewirtheten uns mit ge- mahlnem Thee, und unterhielten uns mit einem freundlichen Geſpraͤche, bis bald hernach der Gouverneur ſelbſt, in Geſelſchaft von zwei Soͤhnen von ſiebenzehn und achtzehn Jahren, ankam, der auf zehn Schritte vor uns in einer andern Kammer ſeinen Plaz nahm, und durch drei geoͤfnete Schieber mit uns redete. Er war ein Herr von etwa 40 Jahren, maͤ- ßiger Groͤße, von ſtarken Gliedern, maͤnlichem großem Angeſicht, von einem lebhaften Weſen, dabei leutſelig und herablaſſend. Er trug uͤber einem ſchwarzen und einfachen Ro- cke einen grauen oder ein Ehrenkleid, und war nur mit einem gemeinen Saͤbel umguͤrtet. Sein Geſpraͤch an uns beſtand in folgendem: „Es waͤre jetzo kalt Wetter: wir haͤtten eine „große Reiſe gemacht: es haͤtte ganz was vorzuͤgliches auf ſich, an Hof gehen und den „Kaiſer ſehen zu duͤrfen, welches Gluͤk nur die Hollaͤnder vor allen Nationen in der Welt „genoͤſſen.‟ Sodann fragte er: „ob es uns nicht, nach einer ſo langwierigen und gefaͤhr- „lichen Reiſe, ein Vergnuͤgen machte, ihr Land zu ſehen?‟ Zulezt erbot er ſich: „daß, „weil der Grosrichter zu Miaco, der die Reiſepaͤſſe ausſtelt, noch nicht von Jedo zuruͤkge- „kommen, er uns einen von gleicher Guͤltigkeit mitgeben wolte, den wir morgen abholen „laſſen ſolten; und daß er uns mit Pferden und andern zur Reiſe erforderlichen Sachen, „auf benoͤthigten Fal, ſehr gern an Hand gehen laſſen wuͤrde.‟ Wir bedankten uns unſe- rer Seits fuͤr dieſe Gunſt, und baten, unſere geringen Geſchenke (die in ſeidenen Stoffen be- ſtanden, und womit die beiden Sekretrairs oder Hausburggrafen ebenfals beehrt wurden) nicht zu verſchmaͤhen, nahmen darauf Abſchied, und ließen uns von mehr gedachten Se- kretairs wieder bis in den vorigen Wachtſaal begleiten, von da aber, und nachdem wir uns auch bei dieſen empfohlen, ſuchten wir unſere Tragkoͤrbe wieder. Da es uns unſere Dolmetſcher erlaubten, daß wir ein wenig zu Fuße gehen durften, ſo hatten wir die Gele- genheit, die herrliche Veſtung von außen recht zu betrachten. Wir ſezten uns ſodann wie- der ein, und kamen durch eine andere lange Straße zu unſerer Herberge. Fuͤr den andern Gouverneur hatten wir ebenwol Geſchenke in Bereitſchaft, da er aber abweſend war, ſo war es noͤthig, daß wir unſern in Jedo ſich aufhaltenden Nagaſackiſchen Gouverneur erſt befragten, wie man ſich damit zu verhalten habe, indem wir in dieſem Lande die groͤßeſte Vor- ſichtigkeit gebrauchen muͤſſen, durch unſere Schuld kein Misvergnuͤgen zu verurſachen. Tab. XXXII. Den 26 Februar Montags waren wir muͤſſig, und hatten dem Herkommen gemaͤs einen Ruhetag. Den 27 Februar Dienſtags waren wir genoͤthigt noch ſtille zu liegen, weil es uns noch an einigen Pferden zur Jedoiſchen Reiſe mangelte. Es wurden derſelben uͤber- haupt F f 3

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/257>, abgerufen am 28.11.2024.