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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
thigen Lastträgern, alle zu Fuße. Die Pferde, die wir ritten, waren mit zwei Feleisen
beladen, und darüber die Schlafmatten in der Form einer viereckigten Tafel ausgebreitet,
worauf man mit untergeschlagenen Füßen bequem sizt, wie dessen im ersten Kapitel dieses
Buchs Erwähnung geschehen ist. Wir wurden von einer Schaar unserer andern Dolmet-
scher, Köche, Wasserträger, Schneider und vormals gewesenen Diener, auch anderer
vornehmer Bedienten Söhnen, Enkeln und Verwandten begleitet, welche alle von unserm
Residenten einen Jtzebo zum Abschied erwarteten, eben als ob die Holländer Geld
schwizten.

So bald wir den mühsamen hohen Felsweg durch die Stadt zurükgelegt, gelang-
ten wir außerhalb demselben in das Dörfchen Mangome. Dasselbe liegt nahe bei dem
Gerichtsplatze, und wird von Gerbern bewohnt, welche hier zu Lande die Büttel sind. Wir
musten alhier in unsers Barkenwärters Häuschen zu einem Trunk Sacki und Soccani,
womit uns unserer Dolmetscher vornehmste Begleiter und Bedienten zum Abschiede be-
wirtheten, eintraten; dagegen denn aber auch dieses sowol als die Höflichkeit der Beglei-
tung mit unserm Beutel erkennen, bei welcher Gelegenheit die Dolmetscher unserm Resi-
denten bald diesen bald jenen Knaben vorstelleten, um ihm eine Verbeugung zu machen,
daneben sie zu vermelden nicht vergessen, wer und wie nahe sie mit ihnen verwandt wären;
worüber wir so viele Jtzebos und silberne Bontzes im Stiche ließen, daß es sich über 100
Tail belief.

Nachdem wir uns hierselbst eine Stunde verweilt, begaben wir uns wieder auf
den Weg, und kamen nach anderthalb Stunden zu dem Dorfe Urakami, und etwan eine
halbe Stunde weiter an eine steinerne anderthalb Klafter hohe Gränzsäule, deren Charaktere
die Scheidung vom Nagasackischen Gebiete und den Anfang des Landes Omura anwiesen,
und wieder nach einer Stunde in das Dorf Tokitz drei Meilen von Nagasacki an dem
Omuraschen Seebusen gelegen, alwo wir bei unserer eigenen kalten Küche Mittag hielten,
jedoch für Sacki und ander elendes Zeug, das wir gar nicht einmal gesehen, vielweniger
geschmekt, 19 *) Tail bezahlen musten. Hier wurden abermals noch einige Fremde und
Begleiter unsers Joriki mit Geschenken abgefertigt und zurükgelassen.

Der Weg von Nagasacki bis hieher ist so wie die ganze umliegende Gegend unglei-
ches Sandland, steinicht und bergicht, jedoch mit verschiedenen fruchtbaren Thälern durch-
schnitten, und in allen Winkeln, wo der Fleis nur was ausrichten kan, bis zu den Berg-
spitzen angebauet.

Merkwürdige Dinge sind auf dem kurzen Wege nicht zu sehen. Um inzwischen
nichts vorbeizulassen, so mus ich erwähnen, daß der Weggötze und Patron der Reisenden

Dsiso
*) Scheuchzer hat 13.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
thigen Laſttraͤgern, alle zu Fuße. Die Pferde, die wir ritten, waren mit zwei Feleiſen
beladen, und daruͤber die Schlafmatten in der Form einer viereckigten Tafel ausgebreitet,
worauf man mit untergeſchlagenen Fuͤßen bequem ſizt, wie deſſen im erſten Kapitel dieſes
Buchs Erwaͤhnung geſchehen iſt. Wir wurden von einer Schaar unſerer andern Dolmet-
ſcher, Koͤche, Waſſertraͤger, Schneider und vormals geweſenen Diener, auch anderer
vornehmer Bedienten Soͤhnen, Enkeln und Verwandten begleitet, welche alle von unſerm
Reſidenten einen Jtzebo zum Abſchied erwarteten, eben als ob die Hollaͤnder Geld
ſchwizten.

So bald wir den muͤhſamen hohen Felsweg durch die Stadt zuruͤkgelegt, gelang-
ten wir außerhalb demſelben in das Doͤrfchen Mangome. Daſſelbe liegt nahe bei dem
Gerichtsplatze, und wird von Gerbern bewohnt, welche hier zu Lande die Buͤttel ſind. Wir
muſten alhier in unſers Barkenwaͤrters Haͤuschen zu einem Trunk Sacki und Soccani,
womit uns unſerer Dolmetſcher vornehmſte Begleiter und Bedienten zum Abſchiede be-
wirtheten, eintraten; dagegen denn aber auch dieſes ſowol als die Hoͤflichkeit der Beglei-
tung mit unſerm Beutel erkennen, bei welcher Gelegenheit die Dolmetſcher unſerm Reſi-
denten bald dieſen bald jenen Knaben vorſtelleten, um ihm eine Verbeugung zu machen,
daneben ſie zu vermelden nicht vergeſſen, wer und wie nahe ſie mit ihnen verwandt waͤren;
woruͤber wir ſo viele Jtzebos und ſilberne Bontzes im Stiche ließen, daß es ſich uͤber 100
Tail belief.

Nachdem wir uns hierſelbſt eine Stunde verweilt, begaben wir uns wieder auf
den Weg, und kamen nach anderthalb Stunden zu dem Dorfe Urakami, und etwan eine
halbe Stunde weiter an eine ſteinerne anderthalb Klafter hohe Graͤnzſaͤule, deren Charaktere
die Scheidung vom Nagaſackiſchen Gebiete und den Anfang des Landes Omura anwieſen,
und wieder nach einer Stunde in das Dorf Tokitz drei Meilen von Nagaſacki an dem
Omuraſchen Seebuſen gelegen, alwo wir bei unſerer eigenen kalten Kuͤche Mittag hielten,
jedoch fuͤr Sacki und ander elendes Zeug, das wir gar nicht einmal geſehen, vielweniger
geſchmekt, 19 *) Tail bezahlen muſten. Hier wurden abermals noch einige Fremde und
Begleiter unſers Joriki mit Geſchenken abgefertigt und zuruͤkgelaſſen.

Der Weg von Nagaſacki bis hieher iſt ſo wie die ganze umliegende Gegend unglei-
ches Sandland, ſteinicht und bergicht, jedoch mit verſchiedenen fruchtbaren Thaͤlern durch-
ſchnitten, und in allen Winkeln, wo der Fleis nur was ausrichten kan, bis zu den Berg-
ſpitzen angebauet.

Merkwuͤrdige Dinge ſind auf dem kurzen Wege nicht zu ſehen. Um inzwiſchen
nichts vorbeizulaſſen, ſo mus ich erwaͤhnen, daß der Weggoͤtze und Patron der Reiſenden

Dſiſo
*) Scheuchzer hat 13.
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[200/0218] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. thigen Laſttraͤgern, alle zu Fuße. Die Pferde, die wir ritten, waren mit zwei Feleiſen beladen, und daruͤber die Schlafmatten in der Form einer viereckigten Tafel ausgebreitet, worauf man mit untergeſchlagenen Fuͤßen bequem ſizt, wie deſſen im erſten Kapitel dieſes Buchs Erwaͤhnung geſchehen iſt. Wir wurden von einer Schaar unſerer andern Dolmet- ſcher, Koͤche, Waſſertraͤger, Schneider und vormals geweſenen Diener, auch anderer vornehmer Bedienten Soͤhnen, Enkeln und Verwandten begleitet, welche alle von unſerm Reſidenten einen Jtzebo zum Abſchied erwarteten, eben als ob die Hollaͤnder Geld ſchwizten. So bald wir den muͤhſamen hohen Felsweg durch die Stadt zuruͤkgelegt, gelang- ten wir außerhalb demſelben in das Doͤrfchen Mangome. Daſſelbe liegt nahe bei dem Gerichtsplatze, und wird von Gerbern bewohnt, welche hier zu Lande die Buͤttel ſind. Wir muſten alhier in unſers Barkenwaͤrters Haͤuschen zu einem Trunk Sacki und Soccani, womit uns unſerer Dolmetſcher vornehmſte Begleiter und Bedienten zum Abſchiede be- wirtheten, eintraten; dagegen denn aber auch dieſes ſowol als die Hoͤflichkeit der Beglei- tung mit unſerm Beutel erkennen, bei welcher Gelegenheit die Dolmetſcher unſerm Reſi- denten bald dieſen bald jenen Knaben vorſtelleten, um ihm eine Verbeugung zu machen, daneben ſie zu vermelden nicht vergeſſen, wer und wie nahe ſie mit ihnen verwandt waͤren; woruͤber wir ſo viele Jtzebos und ſilberne Bontzes im Stiche ließen, daß es ſich uͤber 100 Tail belief. Nachdem wir uns hierſelbſt eine Stunde verweilt, begaben wir uns wieder auf den Weg, und kamen nach anderthalb Stunden zu dem Dorfe Urakami, und etwan eine halbe Stunde weiter an eine ſteinerne anderthalb Klafter hohe Graͤnzſaͤule, deren Charaktere die Scheidung vom Nagaſackiſchen Gebiete und den Anfang des Landes Omura anwieſen, und wieder nach einer Stunde in das Dorf Tokitz drei Meilen von Nagaſacki an dem Omuraſchen Seebuſen gelegen, alwo wir bei unſerer eigenen kalten Kuͤche Mittag hielten, jedoch fuͤr Sacki und ander elendes Zeug, das wir gar nicht einmal geſehen, vielweniger geſchmekt, 19 *) Tail bezahlen muſten. Hier wurden abermals noch einige Fremde und Begleiter unſers Joriki mit Geſchenken abgefertigt und zuruͤkgelaſſen. Der Weg von Nagaſacki bis hieher iſt ſo wie die ganze umliegende Gegend unglei- ches Sandland, ſteinicht und bergicht, jedoch mit verſchiedenen fruchtbaren Thaͤlern durch- ſchnitten, und in allen Winkeln, wo der Fleis nur was ausrichten kan, bis zu den Berg- ſpitzen angebauet. Merkwuͤrdige Dinge ſind auf dem kurzen Wege nicht zu ſehen. Um inzwiſchen nichts vorbeizulaſſen, ſo mus ich erwaͤhnen, daß der Weggoͤtze und Patron der Reiſenden Dſiſo *) Scheuchzer hat 13.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/218>, abgerufen am 21.11.2024.