Jn der ersten Classe haben acht Personen den Namen Fon Tsjusj d. i. ächte Dolmetscher. Diese müssen ihr Amt bei aller Gelegenheit versehn, und dabei den Hol- ländern beständig genau auf die Hände sehn, alle Gewaltthätigkeit und üble Bege- gnung bei ihnen verhüten, in allen Fällen für sie stehn, und die Verantwortung übernehmen.
Viere aus dieser Klasse heissen O Tsjuusj d. i. Hohe- oder Oberdolmetscher, und einer von diesen Ninban d. i. jährlicher Wächter und Rapporteur, welcher sowohl in als ausser der Handelszeit der Holländer Angelegenheiten, Begehren und Vorfälle, wenn sie es unter sich gutfinden, dem regierenden Stathalter oder dessen Haushalter vorbringt, Er hat die Hauptdirektion über uns, den jährlichen Handel, und alle unsre Angelegenhei- ten. Er ist auch beständiger Präsident des ganzen achtbaren Collegiums der Tsjuusj.
Die vier übrigen heissen Ko Tsjuusj d. i. kleine oder Unterdolmetscher. Sie sind von geringerem Ansehn und Gehülfen oder Vicarien der vorigen. Auch unter ihnen ist ein Ninban oder Adjunkt des Oberninban, welcher das Haupt seiner Klasse ist, und in derselben die erste Stimme führt. Beide beschließen ihr jährliches Präsidium mit Auf- führung der Holländer nach Hofe. So oft diese acht Männer irgend etwas zu| untersuchen haben, das den Handel, die Angelegenheiten oder Personen unsrer Nation betrift, so müs- sen sie den Ottona der Jnsel mit zu ihren Berathschlagungen nehmen; welcher den Rang nach dem obersten Ninban verlangt, oft aber unter allen Oberdolmetschern seinen Plaz leer gelassen findet.
Das Tsijo oder Einkommen dieser ordentlichen Dolmetscher beträgt eine ziem- liche Summe und ist folgendes: Ein Jakukio oder Bedienungslohn, welches nach der holländischen Einschließung ihnen vom Kaiser nach der Verschiedenheit ihres Ranges zuge- legt wird, bestand vor diesem in etwas Gelde, jezt in einer Quantität Seide, die ihnen (wie man mich, obgleich nicht ganz genau berichtet hat) zu kaufen erlaubt ist, und in deren Ver- kauf an uns sie die ehemalige Besoldung finden. Ausserdem giebt die edle Compagnie je- dem unter dem Namen einer Mühvergeltung oder eines Geschenks noch etwas rohe Seide, nem- lich jedem Oberdolmetscher ein Bal oder 141, 3/4 Catty, welcher uns im Einkauf etwa 400 Tails kostet, und in Japan ohngefähr vor 850 wieder verkauft wird. Jeder Unterdol- metscher bekömt nur halb soviel. Eine andre jährliche Belohnung bekommen sie von der Compagnie der Kupferhändler für ihre Mühwaltung bei diesem Geschäft, oder vielmehr um den Verkauf zu dieser ihrem Vortheil einzurichten, welcher Bestechung wir dan von unsrer Seite mit einem Geschenk von 3, 6 und noch mehr hundert Tails begegnen müssen,
nach-
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
Jn der erſten Claſſe haben acht Perſonen den Namen Fon Tſjuſj d. i. aͤchte Dolmetſcher. Dieſe muͤſſen ihr Amt bei aller Gelegenheit verſehn, und dabei den Hol- laͤndern beſtaͤndig genau auf die Haͤnde ſehn, alle Gewaltthaͤtigkeit und uͤble Bege- gnung bei ihnen verhuͤten, in allen Faͤllen fuͤr ſie ſtehn, und die Verantwortung uͤbernehmen.
Viere aus dieſer Klaſſe heiſſen O Tſjuuſj d. i. Hohe- oder Oberdolmetſcher, und einer von dieſen Ninban d. i. jaͤhrlicher Waͤchter und Rapporteur, welcher ſowohl in als auſſer der Handelszeit der Hollaͤnder Angelegenheiten, Begehren und Vorfaͤlle, wenn ſie es unter ſich gutfinden, dem regierenden Stathalter oder deſſen Haushalter vorbringt, Er hat die Hauptdirektion uͤber uns, den jaͤhrlichen Handel, und alle unſre Angelegenhei- ten. Er iſt auch beſtaͤndiger Praͤſident des ganzen achtbaren Collegiums der Tſjuuſj.
Die vier uͤbrigen heiſſen Ko Tſjuuſj d. i. kleine oder Unterdolmetſcher. Sie ſind von geringerem Anſehn und Gehuͤlfen oder Vicarien der vorigen. Auch unter ihnen iſt ein Ninban oder Adjunkt des Oberninban, welcher das Haupt ſeiner Klaſſe iſt, und in derſelben die erſte Stimme fuͤhrt. Beide beſchließen ihr jaͤhrliches Praͤſidium mit Auf- fuͤhrung der Hollaͤnder nach Hofe. So oft dieſe acht Maͤnner irgend etwas zu| unterſuchen haben, das den Handel, die Angelegenheiten oder Perſonen unſrer Nation betrift, ſo muͤſ- ſen ſie den Ottona der Jnſel mit zu ihren Berathſchlagungen nehmen; welcher den Rang nach dem oberſten Ninban verlangt, oft aber unter allen Oberdolmetſchern ſeinen Plaz leer gelaſſen findet.
Das Tſijo oder Einkommen dieſer ordentlichen Dolmetſcher betraͤgt eine ziem- liche Summe und iſt folgendes: Ein Jakukio oder Bedienungslohn, welches nach der hollaͤndiſchen Einſchließung ihnen vom Kaiſer nach der Verſchiedenheit ihres Ranges zuge- legt wird, beſtand vor dieſem in etwas Gelde, jezt in einer Quantitaͤt Seide, die ihnen (wie man mich, obgleich nicht ganz genau berichtet hat) zu kaufen erlaubt iſt, und in deren Ver- kauf an uns ſie die ehemalige Beſoldung finden. Auſſerdem giebt die edle Compagnie je- dem unter dem Namen einer Muͤhvergeltung oder eines Geſchenks noch etwas rohe Seide, nem- lich jedem Oberdolmetſcher ein Bal oder 141, ¾ Catty, welcher uns im Einkauf etwa 400 Tails koſtet, und in Japan ohngefaͤhr vor 850 wieder verkauft wird. Jeder Unterdol- metſcher bekoͤmt nur halb ſoviel. Eine andre jaͤhrliche Belohnung bekommen ſie von der Compagnie der Kupferhaͤndler fuͤr ihre Muͤhwaltung bei dieſem Geſchaͤft, oder vielmehr um den Verkauf zu dieſer ihrem Vortheil einzurichten, welcher Beſtechung wir dan von unſrer Seite mit einem Geſchenk von 3, 6 und noch mehr hundert Tails begegnen muͤſſen,
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Dolmetſcher. Dieſe muͤſſen ihr Amt bei aller Gelegenheit verſehn, und dabei den Hol-
laͤndern beſtaͤndig genau auf die Haͤnde ſehn, alle Gewaltthaͤtigkeit und uͤble Bege-
gnung bei ihnen verhuͤten, in allen Faͤllen fuͤr ſie ſtehn, und die Verantwortung
uͤbernehmen.
Viere aus dieſer Klaſſe heiſſen O Tſjuuſj d. i. Hohe- oder Oberdolmetſcher, und
einer von dieſen Ninban d. i. jaͤhrlicher Waͤchter und Rapporteur, welcher ſowohl in
als auſſer der Handelszeit der Hollaͤnder Angelegenheiten, Begehren und Vorfaͤlle, wenn
ſie es unter ſich gutfinden, dem regierenden Stathalter oder deſſen Haushalter vorbringt,
Er hat die Hauptdirektion uͤber uns, den jaͤhrlichen Handel, und alle unſre Angelegenhei-
ten. Er iſt auch beſtaͤndiger Praͤſident des ganzen achtbaren Collegiums der Tſjuuſj.
Die vier uͤbrigen heiſſen Ko Tſjuuſj d. i. kleine oder Unterdolmetſcher. Sie
ſind von geringerem Anſehn und Gehuͤlfen oder Vicarien der vorigen. Auch unter ihnen
iſt ein Ninban oder Adjunkt des Oberninban, welcher das Haupt ſeiner Klaſſe iſt, und
in derſelben die erſte Stimme fuͤhrt. Beide beſchließen ihr jaͤhrliches Praͤſidium mit Auf-
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nach dem oberſten Ninban verlangt, oft aber unter allen Oberdolmetſchern ſeinen Plaz leer
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Das Tſijo oder Einkommen dieſer ordentlichen Dolmetſcher betraͤgt eine ziem-
liche Summe und iſt folgendes: Ein Jakukio oder Bedienungslohn, welches nach der
hollaͤndiſchen Einſchließung ihnen vom Kaiſer nach der Verſchiedenheit ihres Ranges zuge-
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man mich, obgleich nicht ganz genau berichtet hat) zu kaufen erlaubt iſt, und in deren Ver-
kauf an uns ſie die ehemalige Beſoldung finden. Auſſerdem giebt die edle Compagnie je-
dem unter dem Namen einer Muͤhvergeltung oder eines Geſchenks noch etwas rohe Seide, nem-
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Compagnie der Kupferhaͤndler fuͤr ihre Muͤhwaltung bei dieſem Geſchaͤft, oder vielmehr
um den Verkauf zu dieſer ihrem Vortheil einzurichten, welcher Beſtechung wir dan von
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/104>, abgerufen am 21.11.2024.
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