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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Drittes Buch. Viert. Kap. etc.
mer versehen. Dieser samlet indes die frommen Gaben für sich selbst. Hinten ist noch
ein kleines Kapelchen zur Wohnung des Geistes.

Die zweite Mia liegt etwa zwölf Straßen weiter ab, und heist Naiku. Sie
hat 40 Massia mit den dazu gehörenden Hütern oder Cannusj. Diese haben einen son-
derbaren Namen, nemlich Mia Dsusume d. i. Tempelsperlinge.

Wenn man diese Tempel besehn wil, so pflegen vorsichtige Leute folgende Regeln
vorzuschreiben und zu beobachten. Aus der Stadt Jsje gehn sie zuerst in den vorbeifließen-
den Strohm Mijangawa, der an der Seite von Jsje Mia die Stadt vorbeifliest, um
sich darin rein und tapfer abzuspülen und zu waschen. Nach dieser Säuberung geht man
die Wohnungen der Cannusj und andrer Kaufleute Häuser, die etwa drei oder vier Stra-
ßen vom Strom entfernt sind, durch oder vorbey. Alsdan wandert man weiter fort auf
sandigem Boden bis zur Geku Mia und legt daselbst, seinen Gruß ab. Alsdan wendet
man sich Rechts um die Massia zu besuchen, und kömt also auf diese Art im Zirkel wieder
auf seinen ersten Plaz zurük.

Alsdenn bricht man von neuem zu dem andern Tempel des Tensjo Daisin, Naiku
auf, macht nach hier abgelegtem Gruß dieselbe Wanderung, und begrüst die andern Mias.
Von hier verfügt man sich Bergwärts etwa funfzehn Straßen hinauf zu einem nahe an dem
hohen Seeufer gelegnen Berg, und der auf demselben befindlichen kleinen Höle: Amano
Watta;
d. i. Himmelsufer die etwa zwanzig Jkin von der See entfernt ist. Jn dieser
Höle verbarg sich einmal der große Tensio Daisin, und entzog durch diese Absonderung
der Welt und allen andern Gestirnen das Licht, wodurch er deutlich bewies, daß er der
Herr des Lichts, und der vornehmste aller Götter sey. Diese Höle ist etwa 11/2 Matten
groß, und enthält eine Kapelle, worin ein Came verehrt wird, der auf einer Kuh sizt und
Dai nitz no rai, d. i. große Sonnengestalt genant wird. Es wohnen hier auch einige
Cannusj in zween Häusern über dem hohen Seeufer. Der Anbäter stiftet sich dadurch ein
Gedächtnis, daß er ein Sagipflänzchen für einige Putjespflanzen läst. Man sieht von
diesem hohen Ufer auf 11/2 Meilen eine große Jnsel, welche zur Zeit des Tensjo Daisin sol
entstanden seyn.

Dies sind die merkwürdigsten Dinge, die man in Jsje sehn kan. Neugierige
Liebhaber pflegen dann noch wol rechter Hand einige Meilen Landwärts ein zu gehn, um
einen prächtigen Budsdotempel, Asamadaki genant, zu sehn. Sie begrüßen hier einen
Quanwon, genant Kokuso Bosatz, und kehren endlich wieder in den Flecken Jsje zurük.



Fünftes

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. Viert. Kap. ꝛc.
mer verſehen. Dieſer ſamlet indes die frommen Gaben fuͤr ſich ſelbſt. Hinten iſt noch
ein kleines Kapelchen zur Wohnung des Geiſtes.

Die zweite Mia liegt etwa zwoͤlf Straßen weiter ab, und heiſt Naiku. Sie
hat 40 Maſſia mit den dazu gehoͤrenden Huͤtern oder Cannuſj. Dieſe haben einen ſon-
derbaren Namen, nemlich Mia Dſuſume d. i. Tempelſperlinge.

Wenn man dieſe Tempel beſehn wil, ſo pflegen vorſichtige Leute folgende Regeln
vorzuſchreiben und zu beobachten. Aus der Stadt Jsje gehn ſie zuerſt in den vorbeifließen-
den Strohm Mijangawa, der an der Seite von Jsje Mia die Stadt vorbeiflieſt, um
ſich darin rein und tapfer abzuſpuͤlen und zu waſchen. Nach dieſer Saͤuberung geht man
die Wohnungen der Cannuſj und andrer Kaufleute Haͤuſer, die etwa drei oder vier Stra-
ßen vom Strom entfernt ſind, durch oder vorbey. Alsdan wandert man weiter fort auf
ſandigem Boden bis zur Geku Mia und legt daſelbſt, ſeinen Gruß ab. Alsdan wendet
man ſich Rechts um die Maſſia zu beſuchen, und koͤmt alſo auf dieſe Art im Zirkel wieder
auf ſeinen erſten Plaz zuruͤk.

Alsdenn bricht man von neuem zu dem andern Tempel des Tenſjo Daiſin, Naiku
auf, macht nach hier abgelegtem Gruß dieſelbe Wanderung, und begruͤſt die andern Mias.
Von hier verfuͤgt man ſich Bergwaͤrts etwa funfzehn Straßen hinauf zu einem nahe an dem
hohen Seeufer gelegnen Berg, und der auf demſelben befindlichen kleinen Hoͤle: Amano
Watta;
d. i. Himmelsufer die etwa zwanzig Jkin von der See entfernt iſt. Jn dieſer
Hoͤle verbarg ſich einmal der große Tenſio Daiſin, und entzog durch dieſe Abſonderung
der Welt und allen andern Geſtirnen das Licht, wodurch er deutlich bewies, daß er der
Herr des Lichts, und der vornehmſte aller Goͤtter ſey. Dieſe Hoͤle iſt etwa 1½ Matten
groß, und enthaͤlt eine Kapelle, worin ein Came verehrt wird, der auf einer Kuh ſizt und
Dai nitz no rai, d. i. große Sonnengeſtalt genant wird. Es wohnen hier auch einige
Cannuſj in zween Haͤuſern uͤber dem hohen Seeufer. Der Anbaͤter ſtiftet ſich dadurch ein
Gedaͤchtnis, daß er ein Sagipflaͤnzchen fuͤr einige Putjespflanzen laͤſt. Man ſieht von
dieſem hohen Ufer auf 1½ Meilen eine große Jnſel, welche zur Zeit des Tenſjo Daiſin ſol
entſtanden ſeyn.

Dies ſind die merkwuͤrdigſten Dinge, die man in Jsje ſehn kan. Neugierige
Liebhaber pflegen dann noch wol rechter Hand einige Meilen Landwaͤrts ein zu gehn, um
einen praͤchtigen Budsdotempel, Aſamadaki genant, zu ſehn. Sie begruͤßen hier einen
Quanwon, genant Kokuſo Boſatz, und kehren endlich wieder in den Flecken Jsje zuruͤk.



Fuͤnftes
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[284/0390] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Drittes Buch. Viert. Kap. ꝛc. mer verſehen. Dieſer ſamlet indes die frommen Gaben fuͤr ſich ſelbſt. Hinten iſt noch ein kleines Kapelchen zur Wohnung des Geiſtes. Die zweite Mia liegt etwa zwoͤlf Straßen weiter ab, und heiſt Naiku. Sie hat 40 Maſſia mit den dazu gehoͤrenden Huͤtern oder Cannuſj. Dieſe haben einen ſon- derbaren Namen, nemlich Mia Dſuſume d. i. Tempelſperlinge. Wenn man dieſe Tempel beſehn wil, ſo pflegen vorſichtige Leute folgende Regeln vorzuſchreiben und zu beobachten. Aus der Stadt Jsje gehn ſie zuerſt in den vorbeifließen- den Strohm Mijangawa, der an der Seite von Jsje Mia die Stadt vorbeiflieſt, um ſich darin rein und tapfer abzuſpuͤlen und zu waſchen. Nach dieſer Saͤuberung geht man die Wohnungen der Cannuſj und andrer Kaufleute Haͤuſer, die etwa drei oder vier Stra- ßen vom Strom entfernt ſind, durch oder vorbey. Alsdan wandert man weiter fort auf ſandigem Boden bis zur Geku Mia und legt daſelbſt, ſeinen Gruß ab. Alsdan wendet man ſich Rechts um die Maſſia zu beſuchen, und koͤmt alſo auf dieſe Art im Zirkel wieder auf ſeinen erſten Plaz zuruͤk. Alsdenn bricht man von neuem zu dem andern Tempel des Tenſjo Daiſin, Naiku auf, macht nach hier abgelegtem Gruß dieſelbe Wanderung, und begruͤſt die andern Mias. Von hier verfuͤgt man ſich Bergwaͤrts etwa funfzehn Straßen hinauf zu einem nahe an dem hohen Seeufer gelegnen Berg, und der auf demſelben befindlichen kleinen Hoͤle: Amano Watta; d. i. Himmelsufer die etwa zwanzig Jkin von der See entfernt iſt. Jn dieſer Hoͤle verbarg ſich einmal der große Tenſio Daiſin, und entzog durch dieſe Abſonderung der Welt und allen andern Geſtirnen das Licht, wodurch er deutlich bewies, daß er der Herr des Lichts, und der vornehmſte aller Goͤtter ſey. Dieſe Hoͤle iſt etwa 1½ Matten groß, und enthaͤlt eine Kapelle, worin ein Came verehrt wird, der auf einer Kuh ſizt und Dai nitz no rai, d. i. große Sonnengeſtalt genant wird. Es wohnen hier auch einige Cannuſj in zween Haͤuſern uͤber dem hohen Seeufer. Der Anbaͤter ſtiftet ſich dadurch ein Gedaͤchtnis, daß er ein Sagipflaͤnzchen fuͤr einige Putjespflanzen laͤſt. Man ſieht von dieſem hohen Ufer auf 1½ Meilen eine große Jnſel, welche zur Zeit des Tenſjo Daiſin ſol entſtanden ſeyn. Dies ſind die merkwuͤrdigſten Dinge, die man in Jsje ſehn kan. Neugierige Liebhaber pflegen dann noch wol rechter Hand einige Meilen Landwaͤrts ein zu gehn, um einen praͤchtigen Budsdotempel, Aſamadaki genant, zu ſehn. Sie begruͤßen hier einen Quanwon, genant Kokuſo Boſatz, und kehren endlich wieder in den Flecken Jsje zuruͤk. Fuͤnftes

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/390>, abgerufen am 24.11.2024.