Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.gewann -- verlor -- gewann wieder -- verlor wieder -- und nach zwei Stunden hatte ich keinen Sou mehr in der Tasche. Die vierzig Louisd'ors, welche emigrirt waren, kümmerten mich wenig; doch mußte ich nach Hause gehen. Georg, sagte ich, als er mich auszog, und reichte ihm die leere Börse, fülle sie morgen wieder. Haben Sie noch Vorrath? fragte er. Wie? was ich dir gegeben habe -- Ist hin, bis auf zwanzig Louis, wovon der Wirth noch drei zu fordern hat. Kerl, du hast mich betrogen! Belieben Sie meine Rechnung zu sehen? So schaffe Rath! Zum Reisegelde? Ich gehe nicht aus Paris, und wenn ich auf der Straße schlafen sollte, rief ich mit Hitze. Die Jahreszeit ist recht angenehm, sagte er spöttisch lächelnd, ein Verliebter kann es allenfalls ohne Holz aushalten, und für den Magen wird der Himmel sorgen, der ihn gemacht hat. Was fällt dir ein? Nichts -- ich ging heute in den Tuilerien, und Ihr Solitair blitzte durch die Hecke, die mich von Ihnen trennte, so gewaltig -- aber, Gott steh' uns bei, Sie haben ihn ja verloren. Geh! -- du bist ein lauernder Schelm! -- das Mädchen ist ein Engel. gewann — verlor — gewann wieder — verlor wieder — und nach zwei Stunden hatte ich keinen Sou mehr in der Tasche. Die vierzig Louisd'ors, welche emigrirt waren, kümmerten mich wenig; doch mußte ich nach Hause gehen. Georg, sagte ich, als er mich auszog, und reichte ihm die leere Börse, fülle sie morgen wieder. Haben Sie noch Vorrath? fragte er. Wie? was ich dir gegeben habe — Ist hin, bis auf zwanzig Louis, wovon der Wirth noch drei zu fordern hat. Kerl, du hast mich betrogen! Belieben Sie meine Rechnung zu sehen? So schaffe Rath! Zum Reisegelde? Ich gehe nicht aus Paris, und wenn ich auf der Straße schlafen sollte, rief ich mit Hitze. Die Jahreszeit ist recht angenehm, sagte er spöttisch lächelnd, ein Verliebter kann es allenfalls ohne Holz aushalten, und für den Magen wird der Himmel sorgen, der ihn gemacht hat. Was fällt dir ein? Nichts — ich ging heute in den Tuilerien, und Ihr Solitair blitzte durch die Hecke, die mich von Ihnen trennte, so gewaltig — aber, Gott steh' uns bei, Sie haben ihn ja verloren. Geh! — du bist ein lauernder Schelm! — das Mädchen ist ein Engel. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0020"/> gewann — verlor — gewann wieder — verlor wieder — und nach zwei Stunden hatte ich keinen Sou mehr in der Tasche.</p><lb/> <p>Die vierzig Louisd'ors, welche emigrirt waren, kümmerten mich wenig; doch mußte ich nach Hause gehen. Georg, sagte ich, als er mich auszog, und reichte ihm die leere Börse, fülle sie morgen wieder.</p><lb/> <p>Haben Sie noch Vorrath? fragte er.</p><lb/> <p>Wie? was ich dir gegeben habe —</p><lb/> <p>Ist hin, bis auf zwanzig Louis, wovon der Wirth noch drei zu fordern hat.</p><lb/> <p>Kerl, du hast mich betrogen!</p><lb/> <p>Belieben Sie meine Rechnung zu sehen?</p><lb/> <p>So schaffe Rath!</p><lb/> <p>Zum Reisegelde?</p><lb/> <p>Ich gehe nicht aus Paris, und wenn ich auf der Straße schlafen sollte, rief ich mit Hitze.</p><lb/> <p>Die Jahreszeit ist recht angenehm, sagte er spöttisch lächelnd, ein Verliebter kann es allenfalls ohne Holz aushalten, und für den Magen wird der Himmel sorgen, der ihn gemacht hat.</p><lb/> <p>Was fällt dir ein?</p><lb/> <p>Nichts — ich ging heute in den Tuilerien, und Ihr Solitair blitzte durch die Hecke, die mich von Ihnen trennte, so gewaltig — aber, Gott steh' uns bei, Sie haben ihn ja verloren.</p><lb/> <p>Geh! — du bist ein lauernder Schelm! — das Mädchen ist ein Engel.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0020]
gewann — verlor — gewann wieder — verlor wieder — und nach zwei Stunden hatte ich keinen Sou mehr in der Tasche.
Die vierzig Louisd'ors, welche emigrirt waren, kümmerten mich wenig; doch mußte ich nach Hause gehen. Georg, sagte ich, als er mich auszog, und reichte ihm die leere Börse, fülle sie morgen wieder.
Haben Sie noch Vorrath? fragte er.
Wie? was ich dir gegeben habe —
Ist hin, bis auf zwanzig Louis, wovon der Wirth noch drei zu fordern hat.
Kerl, du hast mich betrogen!
Belieben Sie meine Rechnung zu sehen?
So schaffe Rath!
Zum Reisegelde?
Ich gehe nicht aus Paris, und wenn ich auf der Straße schlafen sollte, rief ich mit Hitze.
Die Jahreszeit ist recht angenehm, sagte er spöttisch lächelnd, ein Verliebter kann es allenfalls ohne Holz aushalten, und für den Magen wird der Himmel sorgen, der ihn gemacht hat.
Was fällt dir ein?
Nichts — ich ging heute in den Tuilerien, und Ihr Solitair blitzte durch die Hecke, die mich von Ihnen trennte, so gewaltig — aber, Gott steh' uns bei, Sie haben ihn ja verloren.
Geh! — du bist ein lauernder Schelm! — das Mädchen ist ein Engel.
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/20>, abgerufen am 16.07.2024. |