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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888.

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Metelli und Colonna.

Malvasia erzählt die Geschichte dieser Hauptleistung seiner
Landsleute mit vielen Einzelheiten, die bei dem spanischen Bio-
graphen fehlen. Nach ihm hätte Velazquez dem Colonna einen
Plan des Königs dargelegt, den Saal, dessen obere Wände von
der Mitte an mit Gemälden Tizians behängt waren, in der untern
Hälfte statt mit Quadraturmalerei, mit einer Scheinpinakothek
(finti cuadri) auszustatten, und zwar weil eine Architekturmalerei
unten zu den eingerahmten Bildern oben nicht wohl stimmen
würde1). Dagegen aber habe Colonna sich entschieden gewehrt.
Dergleichen sei nicht sein Fach und sein Kamerad würde dabei
unbeschäftigt bleiben. Zudem werde Jedermann einen Künstler
tollkühn (un gran temerario) nennen, der seine Sachen neben
einen so hohen Meister wie Tizian zu setzen sich erdreiste. Ve-
lazquez sei bedenklich geworden; habe versprochen die Ange-
legenheit in Erwägung zu ziehen. Der König aber sei auf
dem Plan bestanden, zu dessen Ausführung sich übrigens einhei-
mische Künstler schon bereit erklärt hätten. Letzteres habe nun
Colonna Hoffnung gegeben, sich ganz losmachen zu können, er habe
also jene Maler, Carrenno, Rizi, gern in der ihnen unbekannten Tech-
nik des Fresko unterwiesen, auch gelegentlich einen Kopf hinzu-
gemalt. Die Spanier, denen die Schnelligkeit dieses Verfahrens
als Arbeitsverkürzung einleuchtete, seien von seinem Unterricht
so entzückt gewesen, dass sie ihn "ihre Zuflucht, ihr Glück, ihren
Vater" nannten. Freilich erfuhren sie zu ihrem Verdruss, dass
Freskomalen sich zwar einfach und rasch ansieht, aber nicht so
einfach und rasch erlernt. Sie hatten die Veränderung der
Farben beim Trocknen nicht bedacht, sie vermochten sich von
den aus der Oelmalerei angewöhnten Wiederholungen und Ueber-
malungen nicht loszumachen. Der König habe über ihre Ar-
beiten gelacht. -- Der Leser merkt hier auf einmal, dass nicht
mehr von den finti cuadri der untern Hälfte der Wände die Rede
ist, sondern von jenen fünf Plafondgemälden der Pandora. Diese
haben sie mühsam in Oel begonnen, der Entwurf hat dem König
missfallen; er kommt mit dem Marques de Heliche eines Tages
herein, und erklärt: Miguel, Ihr müsst das Mittelbild der Pandora
machen. (Miguel, es menester que aze la fabula de medio della
Pandora
). Colonna, alt, kränklich und bequem, war nicht ge-

1) Accio meglio l'una [parte] con l'altra si accompagnasse, allontanandosi
dalla dissonanza, che con le storie superiori potesse cagionare la quadratura in-
feriore, diceva Diego Velasco pittore del Re. Malvasia 408.
II. 14
Metelli und Colonna.

Malvasia erzählt die Geschichte dieser Hauptleistung seiner
Landsleute mit vielen Einzelheiten, die bei dem spanischen Bio-
graphen fehlen. Nach ihm hätte Velazquez dem Colonna einen
Plan des Königs dargelegt, den Saal, dessen obere Wände von
der Mitte an mit Gemälden Tizians behängt waren, in der untern
Hälfte statt mit Quadraturmalerei, mit einer Scheinpinakothek
(finti cuadri) auszustatten, und zwar weil eine Architekturmalerei
unten zu den eingerahmten Bildern oben nicht wohl stimmen
würde1). Dagegen aber habe Colonna sich entschieden gewehrt.
Dergleichen sei nicht sein Fach und sein Kamerad würde dabei
unbeschäftigt bleiben. Zudem werde Jedermann einen Künstler
tollkühn (un gran temerario) nennen, der seine Sachen neben
einen so hohen Meister wie Tizian zu setzen sich erdreiste. Ve-
lazquez sei bedenklich geworden; habe versprochen die Ange-
legenheit in Erwägung zu ziehen. Der König aber sei auf
dem Plan bestanden, zu dessen Ausführung sich übrigens einhei-
mische Künstler schon bereit erklärt hätten. Letzteres habe nun
Colonna Hoffnung gegeben, sich ganz losmachen zu können, er habe
also jene Maler, Carreño, Rizi, gern in der ihnen unbekannten Tech-
nik des Fresko unterwiesen, auch gelegentlich einen Kopf hinzu-
gemalt. Die Spanier, denen die Schnelligkeit dieses Verfahrens
als Arbeitsverkürzung einleuchtete, seien von seinem Unterricht
so entzückt gewesen, dass sie ihn „ihre Zuflucht, ihr Glück, ihren
Vater“ nannten. Freilich erfuhren sie zu ihrem Verdruss, dass
Freskomalen sich zwar einfach und rasch ansieht, aber nicht so
einfach und rasch erlernt. Sie hatten die Veränderung der
Farben beim Trocknen nicht bedacht, sie vermochten sich von
den aus der Oelmalerei angewöhnten Wiederholungen und Ueber-
malungen nicht loszumachen. Der König habe über ihre Ar-
beiten gelacht. — Der Leser merkt hier auf einmal, dass nicht
mehr von den finti cuadri der untern Hälfte der Wände die Rede
ist, sondern von jenen fünf Plafondgemälden der Pandora. Diese
haben sie mühsam in Oel begonnen, der Entwurf hat dem König
missfallen; er kommt mit dem Marques de Heliche eines Tages
herein, und erklärt: Miguel, Ihr müsst das Mittelbild der Pandora
machen. (Miguel, es menester que aze la fabula de medio della
Pandora
). Colonna, alt, kränklich und bequem, war nicht ge-

1) Acciò meglio l’una [parte] con l’altra si accompagnasse, allontanandosi
dalla dissonanza, che con le storie superiori potesse cagionare la quadratura in-
feriore, diceva Diego Velasco pittore del Rè. Malvasia 408.
II. 14
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[209/0229] Metelli und Colonna. Malvasia erzählt die Geschichte dieser Hauptleistung seiner Landsleute mit vielen Einzelheiten, die bei dem spanischen Bio- graphen fehlen. Nach ihm hätte Velazquez dem Colonna einen Plan des Königs dargelegt, den Saal, dessen obere Wände von der Mitte an mit Gemälden Tizians behängt waren, in der untern Hälfte statt mit Quadraturmalerei, mit einer Scheinpinakothek (finti cuadri) auszustatten, und zwar weil eine Architekturmalerei unten zu den eingerahmten Bildern oben nicht wohl stimmen würde 1). Dagegen aber habe Colonna sich entschieden gewehrt. Dergleichen sei nicht sein Fach und sein Kamerad würde dabei unbeschäftigt bleiben. Zudem werde Jedermann einen Künstler tollkühn (un gran temerario) nennen, der seine Sachen neben einen so hohen Meister wie Tizian zu setzen sich erdreiste. Ve- lazquez sei bedenklich geworden; habe versprochen die Ange- legenheit in Erwägung zu ziehen. Der König aber sei auf dem Plan bestanden, zu dessen Ausführung sich übrigens einhei- mische Künstler schon bereit erklärt hätten. Letzteres habe nun Colonna Hoffnung gegeben, sich ganz losmachen zu können, er habe also jene Maler, Carreño, Rizi, gern in der ihnen unbekannten Tech- nik des Fresko unterwiesen, auch gelegentlich einen Kopf hinzu- gemalt. Die Spanier, denen die Schnelligkeit dieses Verfahrens als Arbeitsverkürzung einleuchtete, seien von seinem Unterricht so entzückt gewesen, dass sie ihn „ihre Zuflucht, ihr Glück, ihren Vater“ nannten. Freilich erfuhren sie zu ihrem Verdruss, dass Freskomalen sich zwar einfach und rasch ansieht, aber nicht so einfach und rasch erlernt. Sie hatten die Veränderung der Farben beim Trocknen nicht bedacht, sie vermochten sich von den aus der Oelmalerei angewöhnten Wiederholungen und Ueber- malungen nicht loszumachen. Der König habe über ihre Ar- beiten gelacht. — Der Leser merkt hier auf einmal, dass nicht mehr von den finti cuadri der untern Hälfte der Wände die Rede ist, sondern von jenen fünf Plafondgemälden der Pandora. Diese haben sie mühsam in Oel begonnen, der Entwurf hat dem König missfallen; er kommt mit dem Marques de Heliche eines Tages herein, und erklärt: Miguel, Ihr müsst das Mittelbild der Pandora machen. (Miguel, es menester que aze la fabula de medio della Pandora). Colonna, alt, kränklich und bequem, war nicht ge- 1) Acciò meglio l’una [parte] con l’altra si accompagnasse, allontanandosi dalla dissonanza, che con le storie superiori potesse cagionare la quadratura in- feriore, diceva Diego Velasco pittore del Rè. Malvasia 408. II. 14

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/229>, abgerufen am 23.11.2024.