Wir hörten schon von jener Bibliothek des Argote de Mo- lina; Rodrigo Caro hatte über die berühmten Männer von Sevilla geschrieben, Pacheco wollte beides, Bild und Biographie verei- nigen. Er erzählt, wie er die Stunden, welche andere der Erho- lung widmen, zur Anfertigung dieser Bildnisse benutzt habe, "als eine Unterhaltung frei von Pflicht". 170 hatte er gesammelt, darunter auch einige Frauen. Bereits im Jahre 1599 war die Sammlung zum vorläufigen Abschluss gebracht; diese Jahreszahl trägt das Titelblatt: Libro de descripcion de verdaderos retratos de ilustres y memorables varones. Bis ins Alter hat er sie vervoll- ständigt.
Die Blätter sind mit schwarzer und rother Kreide (dos lapices) gezeichnet, in reichen Rahmen, die mit Feder und Tusche im damaligen Renaissancegeschmack entworfen sind. Die Embleme darin wechseln nach dem Beruf der Personen. Das Vorbild waren Holzschnittwerke wie die dort verbreitete Basler Ausgabe der Elogia des Jovius (1577). Die Manier aber hat viel Aehn- lichkeit mit den Zeichnungen des Ottavio Leoni, die er indess erst später kennen lernte; diese sind ungleich lebendiger. El Padovano, wie er ihn nennt, hatte unter Gregor XV und Ur- ban VIII die hervorragendsten Persönlichkeiten von Hof und Stadt gezeichnet, mit Kreide auf blaues Papier mit weissen Lichtern und auch rothen Fleischtönen (II, 135). Bekannt sind seine Künstlerbildnisse aus Bellori's Werk (1731). Pacheco war für sein Unternehmen günstig gestellt durch seine gesellschaftlichen Beziehungen und sein starkes "Organ der Verehrung". Freilich wird das geistliche Element sehr bevorzugt ( 3/5 des Ganzen). Ausserdem finden sich sieben Poeten, drei Maler, zwei Musiker, ein Wundarzt, ein Geschützgiesser und zwei Haudegen aus dem Kriege von Granada.
Die Authentie ist ungleich: nach seinem eigenen Geständ- niss (II, 143) hat er mehrere nach blossen Schilderungen gezeich- net, "um sie eines so ehrenvollen Platzes nicht zu berauben", Andere scheinen aus der Erinnerung, die Mehrzahl jedoch nach Aufnahmen gemacht zu sein. Endlich sind alle genau in eine Grösse und Form gebracht. Die Veröffentlichung mag an den Kosten des Stichs und der Unauffindbarkeit mässiger Kupfer- stecher gescheitert sein.
Die Lebensabrisse (epitome) bestehen aus gutgewählten, immer dankeswerthen, ganz zuverlässigen Daten, Aussprüchen, Anek- doten. Von den Dichtern dieser Zeit würde man ohne ihn nicht
Die Kunst der Malerei.
Wir hörten schon von jener Bibliothek des Argote de Mo- lina; Rodrigo Caro hatte über die berühmten Männer von Sevilla geschrieben, Pacheco wollte beides, Bild und Biographie verei- nigen. Er erzählt, wie er die Stunden, welche andere der Erho- lung widmen, zur Anfertigung dieser Bildnisse benutzt habe, „als eine Unterhaltung frei von Pflicht“. 170 hatte er gesammelt, darunter auch einige Frauen. Bereits im Jahre 1599 war die Sammlung zum vorläufigen Abschluss gebracht; diese Jahreszahl trägt das Titelblatt: Libro de descripcion de verdaderos retratos de ilustres y memorables varones. Bis ins Alter hat er sie vervoll- ständigt.
Die Blätter sind mit schwarzer und rother Kreide (dos lapices) gezeichnet, in reichen Rahmen, die mit Feder und Tusche im damaligen Renaissancegeschmack entworfen sind. Die Embleme darin wechseln nach dem Beruf der Personen. Das Vorbild waren Holzschnittwerke wie die dort verbreitete Basler Ausgabe der Elogia des Jovius (1577). Die Manier aber hat viel Aehn- lichkeit mit den Zeichnungen des Ottavio Leoni, die er indess erst später kennen lernte; diese sind ungleich lebendiger. El Padovano, wie er ihn nennt, hatte unter Gregor XV und Ur- ban VIII die hervorragendsten Persönlichkeiten von Hof und Stadt gezeichnet, mit Kreide auf blaues Papier mit weissen Lichtern und auch rothen Fleischtönen (II, 135). Bekannt sind seine Künstlerbildnisse aus Bellori’s Werk (1731). Pacheco war für sein Unternehmen günstig gestellt durch seine gesellschaftlichen Beziehungen und sein starkes „Organ der Verehrung“. Freilich wird das geistliche Element sehr bevorzugt (⅗ des Ganzen). Ausserdem finden sich sieben Poeten, drei Maler, zwei Musiker, ein Wundarzt, ein Geschützgiesser und zwei Haudegen aus dem Kriege von Granada.
Die Authentie ist ungleich: nach seinem eigenen Geständ- niss (II, 143) hat er mehrere nach blossen Schilderungen gezeich- net, „um sie eines so ehrenvollen Platzes nicht zu berauben“, Andere scheinen aus der Erinnerung, die Mehrzahl jedoch nach Aufnahmen gemacht zu sein. Endlich sind alle genau in eine Grösse und Form gebracht. Die Veröffentlichung mag an den Kosten des Stichs und der Unauffindbarkeit mässiger Kupfer- stecher gescheitert sein.
Die Lebensabrisse (epitome) bestehen aus gutgewählten, immer dankeswerthen, ganz zuverlässigen Daten, Aussprüchen, Anek- doten. Von den Dichtern dieser Zeit würde man ohne ihn nicht
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Die Kunst der Malerei.
Wir hörten schon von jener Bibliothek des Argote de Mo-
lina; Rodrigo Caro hatte über die berühmten Männer von Sevilla
geschrieben, Pacheco wollte beides, Bild und Biographie verei-
nigen. Er erzählt, wie er die Stunden, welche andere der Erho-
lung widmen, zur Anfertigung dieser Bildnisse benutzt habe,
„als eine Unterhaltung frei von Pflicht“. 170 hatte er gesammelt,
darunter auch einige Frauen. Bereits im Jahre 1599 war die
Sammlung zum vorläufigen Abschluss gebracht; diese Jahreszahl
trägt das Titelblatt: Libro de descripcion de verdaderos retratos de
ilustres y memorables varones. Bis ins Alter hat er sie vervoll-
ständigt.
Die Blätter sind mit schwarzer und rother Kreide (dos lapices)
gezeichnet, in reichen Rahmen, die mit Feder und Tusche im
damaligen Renaissancegeschmack entworfen sind. Die Embleme
darin wechseln nach dem Beruf der Personen. Das Vorbild
waren Holzschnittwerke wie die dort verbreitete Basler Ausgabe
der Elogia des Jovius (1577). Die Manier aber hat viel Aehn-
lichkeit mit den Zeichnungen des Ottavio Leoni, die er indess
erst später kennen lernte; diese sind ungleich lebendiger. El
Padovano, wie er ihn nennt, hatte unter Gregor XV und Ur-
ban VIII die hervorragendsten Persönlichkeiten von Hof und
Stadt gezeichnet, mit Kreide auf blaues Papier mit weissen
Lichtern und auch rothen Fleischtönen (II, 135). Bekannt sind seine
Künstlerbildnisse aus Bellori’s Werk (1731). Pacheco war für
sein Unternehmen günstig gestellt durch seine gesellschaftlichen
Beziehungen und sein starkes „Organ der Verehrung“. Freilich
wird das geistliche Element sehr bevorzugt (⅗ des Ganzen).
Ausserdem finden sich sieben Poeten, drei Maler, zwei Musiker,
ein Wundarzt, ein Geschützgiesser und zwei Haudegen aus dem
Kriege von Granada.
Die Authentie ist ungleich: nach seinem eigenen Geständ-
niss (II, 143) hat er mehrere nach blossen Schilderungen gezeich-
net, „um sie eines so ehrenvollen Platzes nicht zu berauben“,
Andere scheinen aus der Erinnerung, die Mehrzahl jedoch nach
Aufnahmen gemacht zu sein. Endlich sind alle genau in eine
Grösse und Form gebracht. Die Veröffentlichung mag an den
Kosten des Stichs und der Unauffindbarkeit mässiger Kupfer-
stecher gescheitert sein.
Die Lebensabrisse (epitome) bestehen aus gutgewählten, immer
dankeswerthen, ganz zuverlässigen Daten, Aussprüchen, Anek-
doten. Von den Dichtern dieser Zeit würde man ohne ihn nicht
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/93>, abgerufen am 26.11.2024.
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