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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Die drei Jäger.
Brauen, tiefliegenden Augen und gespanntem Seitenblick, breiter
gebogner Nase. Ein Mann, gehärtet in den Strapazen kasti-
lischer Reviere.

Diesen Kopf hat Carderera wiederzuerkennen geglaubt in
dem Bildniss des Museums Nr. 1105 (0,74 x 0,44). Eine gewisse
allgemeine Aehnlichkeit ist da, aber nicht mehr. Das Oval des
Oelbildes, oben schmal, breitet sich in der untern Hälfte birn-
förmig aus, der Kopf des van Noort'schen Kupfers weicht ebenda
zurück und erhält durch die vorstossenden Backenknochen die
mongolische Rhombenform. Ist die Identität zweifelhaft, so ist
die Urheberschaft des Velazquez in diesem ganz in braunem Ton,
übrigens mit fester Hand gemalten Brustbilde sehr unwahrschein-
lich; man sieht keines seiner besondern Merkmale.

Ein anderes Gemälde, in welchem man eine wenn auch
nicht ganz überzeugende Aehnlichkeit mit dem Medaillonstich
des Mateos finden könnte, ist dagegen ein unzweifelhaftes
Original des Meisters. Ich meine den Unbekannten in schwarzem
Anzug der Dresdener Galerie Nr. 697, von den drei dort unter
dem Namen des Velazquez aufgeführten modenesischen Bildnissen
das einzige allerseits als echt anerkannte 1). (1,8 x 0,891/2.)

Betrachten wir zunächst diess Bildniss allerersten Rangs.

Der kräftige Mann von strengem Ausdruck und strammer
Haltung ist eine Figur, die man nicht leicht vergisst. Dünne,
kurzgeschorene, schwach gekräuselte Haare; buschige fast dro-
hend gerunzelte Brauen das Auge überschattend, die Stirnhaut
herabgedrängt und eine tiefe Horizontalfalte bildend, welche
Stirn und Nase auseinanderschneidet. Diese Furchen scheinen die
Spuren dreissigjähriger Gewohnheit des Befehlens. Der Seiten-
blick der dunklen glanzlosen Augen etwas von oben herab, als
ob er geringschätzig Jemandes Maass nähme. Unter der aufge-
stülpten Nase der graue Schnurbart. Ein grämlicher Zug um
den Mund, an dem die breite, plattgedrückte Unterlippe auffällt,
endlich der gallige Teint (auch die Lippen sind fahl), vervoll-
ständigen den Eindruck eines Mannes, der eine Geissel für seine

1) Das Bildnis kam nach Dresden 1746 mit der Modenesischen Sammlung als
Rubens und hiess später Tizian. Es stammte aus dem Nachlass des Prinzen Cesare
Ignazio von Este, 1713 (Campori Raccolta di cataloghi, Modena 1870. S. 310), wo
es richtig als Monsu Valasco bezeichnet war (Inventar vom 16. Juni 1685). Vielleicht
war es eins der zwei Bildnisse, die früher in einem Verzeichniss verkäuflicher Bilder
des Cesare Cavazza, Guardaroba della Casa Estense vorkommen (a. a. O. 436. Due
ritratti del Valaschi. dob. 60). Meisterhaft gestochen von Ernst Mohn.

Die drei Jäger.
Brauen, tiefliegenden Augen und gespanntem Seitenblick, breiter
gebogner Nase. Ein Mann, gehärtet in den Strapazen kasti-
lischer Reviere.

Diesen Kopf hat Carderera wiederzuerkennen geglaubt in
dem Bildniss des Museums Nr. 1105 (0,74 × 0,44). Eine gewisse
allgemeine Aehnlichkeit ist da, aber nicht mehr. Das Oval des
Oelbildes, oben schmal, breitet sich in der untern Hälfte birn-
förmig aus, der Kopf des van Noort’schen Kupfers weicht ebenda
zurück und erhält durch die vorstossenden Backenknochen die
mongolische Rhombenform. Ist die Identität zweifelhaft, so ist
die Urheberschaft des Velazquez in diesem ganz in braunem Ton,
übrigens mit fester Hand gemalten Brustbilde sehr unwahrschein-
lich; man sieht keines seiner besondern Merkmale.

Ein anderes Gemälde, in welchem man eine wenn auch
nicht ganz überzeugende Aehnlichkeit mit dem Medaillonstich
des Mateos finden könnte, ist dagegen ein unzweifelhaftes
Original des Meisters. Ich meine den Unbekannten in schwarzem
Anzug der Dresdener Galerie Nr. 697, von den drei dort unter
dem Namen des Velazquez aufgeführten modenesischen Bildnissen
das einzige allerseits als echt anerkannte 1). (1,8 × 0,89½.)

Betrachten wir zunächst diess Bildniss allerersten Rangs.

Der kräftige Mann von strengem Ausdruck und strammer
Haltung ist eine Figur, die man nicht leicht vergisst. Dünne,
kurzgeschorene, schwach gekräuselte Haare; buschige fast dro-
hend gerunzelte Brauen das Auge überschattend, die Stirnhaut
herabgedrängt und eine tiefe Horizontalfalte bildend, welche
Stirn und Nase auseinanderschneidet. Diese Furchen scheinen die
Spuren dreissigjähriger Gewohnheit des Befehlens. Der Seiten-
blick der dunklen glanzlosen Augen etwas von oben herab, als
ob er geringschätzig Jemandes Maass nähme. Unter der aufge-
stülpten Nase der graue Schnurbart. Ein grämlicher Zug um
den Mund, an dem die breite, plattgedrückte Unterlippe auffällt,
endlich der gallige Teint (auch die Lippen sind fahl), vervoll-
ständigen den Eindruck eines Mannes, der eine Geissel für seine

1) Das Bildnis kam nach Dresden 1746 mit der Modenesischen Sammlung als
Rubens und hiess später Tizian. Es stammte aus dem Nachlass des Prinzen Cesare
Ignazio von Este, 1713 (Campori Raccolta di cataloghi, Modena 1870. S. 310), wo
es richtig als Monsù Valasco bezeichnet war (Inventar vom 16. Juni 1685). Vielleicht
war es eins der zwei Bildnisse, die früher in einem Verzeichniss verkäuflicher Bilder
des Cesare Cavazza, Guardaroba della Casa Estense vorkommen (a. a. O. 436. Due
ritratti del Valaschi. dob. 60). Meisterhaft gestochen von Ernst Mohn.
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[395/0423] Die drei Jäger. Brauen, tiefliegenden Augen und gespanntem Seitenblick, breiter gebogner Nase. Ein Mann, gehärtet in den Strapazen kasti- lischer Reviere. Diesen Kopf hat Carderera wiederzuerkennen geglaubt in dem Bildniss des Museums Nr. 1105 (0,74 × 0,44). Eine gewisse allgemeine Aehnlichkeit ist da, aber nicht mehr. Das Oval des Oelbildes, oben schmal, breitet sich in der untern Hälfte birn- förmig aus, der Kopf des van Noort’schen Kupfers weicht ebenda zurück und erhält durch die vorstossenden Backenknochen die mongolische Rhombenform. Ist die Identität zweifelhaft, so ist die Urheberschaft des Velazquez in diesem ganz in braunem Ton, übrigens mit fester Hand gemalten Brustbilde sehr unwahrschein- lich; man sieht keines seiner besondern Merkmale. Ein anderes Gemälde, in welchem man eine wenn auch nicht ganz überzeugende Aehnlichkeit mit dem Medaillonstich des Mateos finden könnte, ist dagegen ein unzweifelhaftes Original des Meisters. Ich meine den Unbekannten in schwarzem Anzug der Dresdener Galerie Nr. 697, von den drei dort unter dem Namen des Velazquez aufgeführten modenesischen Bildnissen das einzige allerseits als echt anerkannte 1). (1,8 × 0,89½.) Betrachten wir zunächst diess Bildniss allerersten Rangs. Der kräftige Mann von strengem Ausdruck und strammer Haltung ist eine Figur, die man nicht leicht vergisst. Dünne, kurzgeschorene, schwach gekräuselte Haare; buschige fast dro- hend gerunzelte Brauen das Auge überschattend, die Stirnhaut herabgedrängt und eine tiefe Horizontalfalte bildend, welche Stirn und Nase auseinanderschneidet. Diese Furchen scheinen die Spuren dreissigjähriger Gewohnheit des Befehlens. Der Seiten- blick der dunklen glanzlosen Augen etwas von oben herab, als ob er geringschätzig Jemandes Maass nähme. Unter der aufge- stülpten Nase der graue Schnurbart. Ein grämlicher Zug um den Mund, an dem die breite, plattgedrückte Unterlippe auffällt, endlich der gallige Teint (auch die Lippen sind fahl), vervoll- ständigen den Eindruck eines Mannes, der eine Geissel für seine 1) Das Bildnis kam nach Dresden 1746 mit der Modenesischen Sammlung als Rubens und hiess später Tizian. Es stammte aus dem Nachlass des Prinzen Cesare Ignazio von Este, 1713 (Campori Raccolta di cataloghi, Modena 1870. S. 310), wo es richtig als Monsù Valasco bezeichnet war (Inventar vom 16. Juni 1685). Vielleicht war es eins der zwei Bildnisse, die früher in einem Verzeichniss verkäuflicher Bilder des Cesare Cavazza, Guardaroba della Casa Estense vorkommen (a. a. O. 436. Due ritratti del Valaschi. dob. 60). Meisterhaft gestochen von Ernst Mohn.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/423>, abgerufen am 23.11.2024.