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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Viertes Buch.
dieser Schilderung stärkere Farben aufgetragen habe als auf der
Leinwand, und dass von jenen armen Mauleseln echte Ohren,
Hälse, Rücken als Unterlage seiner wundärztlichen Kunst geblie-
ben waren. Ein Vergleich mit der von Stirling besorgten Durch-
zeichnung der angefochtenen Theile nach Goya's Kopie ergab
volle Uebereinstimmung, ausgenommen in Kleinigkeiten, nur neben
dem Reiterpaar vorn in der Mitte hatte er einem Fussgänger
ein Ross unter die Beine geschoben. Der Anblick der Lein-
wand wird Jedermann überzeugen, dass von einer Uebermalung
keine Rede sein kann. Die Farbe ist voll feiner und breiter
Risse, durch Putzen sind viele Figuren zu Schatten geworden,
der Baumschlag ist nachgedunkelt.

Eine Vorstellung von dem ursprünglichen Zustand giebt eine
abgekürzte -- Wiederholung oder ein erster Versuch? -- in
Hertford House (24 x 42). Sie stammt aus der Northwick-Ga-
lerie. Hier fehlen die Damenkutschen und die unbedeutendere
grössere Hälfte der Zuschauerschaft; die andere Hälfte stimmt
wörtlich überein. Alles ist frischer, farbiger, bestimmter.

Jene Hauptgruppe muss bekannte und angesehene Persön-
lichkeiten vorgestellt haben. Man hat daraus ein eigenes Bild
gemacht. Lord Grantham, 1771--83 Gesandter in Madrid, brachte
es mit, Gainsborough kopirte es, jetzt besitzt es Earl Co wper.
Die Figuren sind ein Drittel länger und stehn ganz einsam, wie
Verschwörer, unter einem gewölbten Raum, der sich nach einer
bergigen Landschaft öffnet. Die Bäume zeigen die Schule, die
Farbe aber ist schwer und trüb.

Zu den auf grossen Jagden gemalten Studien dürften auch
zwei breit und skizzenhaft gemalte Schulbildchen gehören, die
aus der Sammlung eben jenes Lord Cowley stammen und in die
Sammlung des Herrn Wesendonk in Berlin kamen. Ein Jagd-
frühstück in der Wildniss; einige Herrn im Gras vor einer Ser-
viette mit Gabelfrühstück; einige greise pordioseros haben sich
mit dem Witterungssinn der Fliege eingefunden und werden mit
guten Brocken und sogar dem köstlichen Wein aus dem Becher
der Herren glücklich gemacht. Andere, abgewandt sitzend, spähen
und winken in die Ferne. Das zweite Stück stellt einen alten
montero de trahilla dar, der am Boden sitzend zwei ungeduldige
Jagdhunde an der Leine hält, die ein Zwerg in schwarzer Hof-
tracht zu beruhigen sucht. --

Der Platz wo die Saujagd stattfindet, wird gewöhnlich als
der sogenannte hoyo (Grube) im Pardo bezeichnet. In den In-

Viertes Buch.
dieser Schilderung stärkere Farben aufgetragen habe als auf der
Leinwand, und dass von jenen armen Mauleseln echte Ohren,
Hälse, Rücken als Unterlage seiner wundärztlichen Kunst geblie-
ben waren. Ein Vergleich mit der von Stirling besorgten Durch-
zeichnung der angefochtenen Theile nach Goya’s Kopie ergab
volle Uebereinstimmung, ausgenommen in Kleinigkeiten, nur neben
dem Reiterpaar vorn in der Mitte hatte er einem Fussgänger
ein Ross unter die Beine geschoben. Der Anblick der Lein-
wand wird Jedermann überzeugen, dass von einer Uebermalung
keine Rede sein kann. Die Farbe ist voll feiner und breiter
Risse, durch Putzen sind viele Figuren zu Schatten geworden,
der Baumschlag ist nachgedunkelt.

Eine Vorstellung von dem ursprünglichen Zustand giebt eine
abgekürzte — Wiederholung oder ein erster Versuch? — in
Hertford House (24 × 42). Sie stammt aus der Northwick-Ga-
lerie. Hier fehlen die Damenkutschen und die unbedeutendere
grössere Hälfte der Zuschauerschaft; die andere Hälfte stimmt
wörtlich überein. Alles ist frischer, farbiger, bestimmter.

Jene Hauptgruppe muss bekannte und angesehene Persön-
lichkeiten vorgestellt haben. Man hat daraus ein eigenes Bild
gemacht. Lord Grantham, 1771—83 Gesandter in Madrid, brachte
es mit, Gainsborough kopirte es, jetzt besitzt es Earl Co wper.
Die Figuren sind ein Drittel länger und stehn ganz einsam, wie
Verschwörer, unter einem gewölbten Raum, der sich nach einer
bergigen Landschaft öffnet. Die Bäume zeigen die Schule, die
Farbe aber ist schwer und trüb.

Zu den auf grossen Jagden gemalten Studien dürften auch
zwei breit und skizzenhaft gemalte Schulbildchen gehören, die
aus der Sammlung eben jenes Lord Cowley stammen und in die
Sammlung des Herrn Wesendonk in Berlin kamen. Ein Jagd-
frühstück in der Wildniss; einige Herrn im Gras vor einer Ser-
viette mit Gabelfrühstück; einige greise pordioseros haben sich
mit dem Witterungssinn der Fliege eingefunden und werden mit
guten Brocken und sogar dem köstlichen Wein aus dem Becher
der Herren glücklich gemacht. Andere, abgewandt sitzend, spähen
und winken in die Ferne. Das zweite Stück stellt einen alten
montero de trahilla dar, der am Boden sitzend zwei ungeduldige
Jagdhunde an der Leine hält, die ein Zwerg in schwarzer Hof-
tracht zu beruhigen sucht. —

Der Platz wo die Saujagd stattfindet, wird gewöhnlich als
der sogenannte hoyo (Grube) im Pardo bezeichnet. In den In-

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[384/0412] Viertes Buch. dieser Schilderung stärkere Farben aufgetragen habe als auf der Leinwand, und dass von jenen armen Mauleseln echte Ohren, Hälse, Rücken als Unterlage seiner wundärztlichen Kunst geblie- ben waren. Ein Vergleich mit der von Stirling besorgten Durch- zeichnung der angefochtenen Theile nach Goya’s Kopie ergab volle Uebereinstimmung, ausgenommen in Kleinigkeiten, nur neben dem Reiterpaar vorn in der Mitte hatte er einem Fussgänger ein Ross unter die Beine geschoben. Der Anblick der Lein- wand wird Jedermann überzeugen, dass von einer Uebermalung keine Rede sein kann. Die Farbe ist voll feiner und breiter Risse, durch Putzen sind viele Figuren zu Schatten geworden, der Baumschlag ist nachgedunkelt. Eine Vorstellung von dem ursprünglichen Zustand giebt eine abgekürzte — Wiederholung oder ein erster Versuch? — in Hertford House (24 × 42). Sie stammt aus der Northwick-Ga- lerie. Hier fehlen die Damenkutschen und die unbedeutendere grössere Hälfte der Zuschauerschaft; die andere Hälfte stimmt wörtlich überein. Alles ist frischer, farbiger, bestimmter. Jene Hauptgruppe muss bekannte und angesehene Persön- lichkeiten vorgestellt haben. Man hat daraus ein eigenes Bild gemacht. Lord Grantham, 1771—83 Gesandter in Madrid, brachte es mit, Gainsborough kopirte es, jetzt besitzt es Earl Co wper. Die Figuren sind ein Drittel länger und stehn ganz einsam, wie Verschwörer, unter einem gewölbten Raum, der sich nach einer bergigen Landschaft öffnet. Die Bäume zeigen die Schule, die Farbe aber ist schwer und trüb. Zu den auf grossen Jagden gemalten Studien dürften auch zwei breit und skizzenhaft gemalte Schulbildchen gehören, die aus der Sammlung eben jenes Lord Cowley stammen und in die Sammlung des Herrn Wesendonk in Berlin kamen. Ein Jagd- frühstück in der Wildniss; einige Herrn im Gras vor einer Ser- viette mit Gabelfrühstück; einige greise pordioseros haben sich mit dem Witterungssinn der Fliege eingefunden und werden mit guten Brocken und sogar dem köstlichen Wein aus dem Becher der Herren glücklich gemacht. Andere, abgewandt sitzend, spähen und winken in die Ferne. Das zweite Stück stellt einen alten montero de trahilla dar, der am Boden sitzend zwei ungeduldige Jagdhunde an der Leine hält, die ein Zwerg in schwarzer Hof- tracht zu beruhigen sucht. — Der Platz wo die Saujagd stattfindet, wird gewöhnlich als der sogenannte hoyo (Grube) im Pardo bezeichnet. In den In-

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/412>, abgerufen am 22.11.2024.