malerischen Gesichtspunkten erfundenen Jagdstücken der Paul de Vos, Rubens, Snyders, neben denen sie sich ausnehmen wie Chronik neben Romanze.
In den Inventaren des Pardoschlosses sind verzeichnet Jagden auf Wölfe, Bären, Löwen, Tiger, Steinböcke und Büffel, Falken und Hühner, letztere mit dem Deckgarn (buitron), und endlich die Jagd auf Kaninchen (denen Spanien seinen Namen verdankt), noch heute die verbreitetste. Auch gab es dort Scenen dieser Art auf Tapisserien. Die merkwürdigsten unter den historischen Jagden waren die beiden grossen Hofjagden von Lucas Cranach, welche der Churfürst Johann Friedrich von Sachsen im Jahre 1544 im Park bei Morizburg dem Kaiser und andern Reichsfürsten zu Ehren veranstaltet hatte, Kesseljagden, wo die Hirsche in ein stark strömendes Wasser getrieben werden, in dessen Uferge- sträuch die Fürsten, lebensgetreue Bildnisse, sich aufgestellt haben, bewaffnet mit der Armbrust, die in Deutschland noch lange nach Einführung der Feuerwaffen so beliebt war (Prado 1304 und 5). Eine Wiederholung befindet sich im Schloss Morizburg.
Keiner von den Nachfolgern des Kaisers hat seine Jagd- erlebnisse so oft malen lassen als Philipp IV. Es waren die grossen Ereignisse seines Daseins; sie wurden von den Gesandten in ihren Depeschen beschrieben. Am Schluss einer Jagd im Prado, wo er mit fünf Edlen zu Ross sich mit einem Keiler herumgeschlagen, der sich "wie ein Löwe wehrte und sämmtliche Pferde aufriss", an dem er seine Lanze zerbrach, sagte er: Dieser Tag ist einer der denkwürdigsten (celebres), welche die Jagd gehabt hat. Ein Beweis für das Ansehen der niederlän- dischen Maler ist der Umstand, dass man sich auch für diese Gedenkbilder zum Theil an sie wandte. Die unentbehrlich- sten Vorlagen wurden dann von Madrid herübergeschickt. Mit solchen Jagdstücken beauftragte der Cardinalinfant Ferdinand den Maler Peter Snayers in Antwerpen (1637); "es machte, schreibt er, Velada viel Mühe, die Skizzen dem Maler zu er- klären"1). Hier sieht man den Jäger als Staffage eines tiefen, lauschigen, bläulichen Waldinnern, das mehr einen flandrischen als kastilischen Eindruck macht. In einem Kaminstück (sobrechi- menea) der Torre (Prado 1664) sah man, wie der König abge- stiegen, seinen Begleitern vorangeeilt und der angeschossenen Sau allein ins Dickicht gefolgt war, wo er im Begriff ist dem
1) Brief Ferdinands an seinen Bruder vom 3. April 1637.
Viertes Buch.
malerischen Gesichtspunkten erfundenen Jagdstücken der Paul de Vos, Rubens, Snyders, neben denen sie sich ausnehmen wie Chronik neben Romanze.
In den Inventaren des Pardoschlosses sind verzeichnet Jagden auf Wölfe, Bären, Löwen, Tiger, Steinböcke und Büffel, Falken und Hühner, letztere mit dem Deckgarn (buitron), und endlich die Jagd auf Kaninchen (denen Spanien seinen Namen verdankt), noch heute die verbreitetste. Auch gab es dort Scenen dieser Art auf Tapisserien. Die merkwürdigsten unter den historischen Jagden waren die beiden grossen Hofjagden von Lucas Cranach, welche der Churfürst Johann Friedrich von Sachsen im Jahre 1544 im Park bei Morizburg dem Kaiser und andern Reichsfürsten zu Ehren veranstaltet hatte, Kesseljagden, wo die Hirsche in ein stark strömendes Wasser getrieben werden, in dessen Uferge- sträuch die Fürsten, lebensgetreue Bildnisse, sich aufgestellt haben, bewaffnet mit der Armbrust, die in Deutschland noch lange nach Einführung der Feuerwaffen so beliebt war (Prado 1304 und 5). Eine Wiederholung befindet sich im Schloss Morizburg.
Keiner von den Nachfolgern des Kaisers hat seine Jagd- erlebnisse so oft malen lassen als Philipp IV. Es waren die grossen Ereignisse seines Daseins; sie wurden von den Gesandten in ihren Depeschen beschrieben. Am Schluss einer Jagd im Prado, wo er mit fünf Edlen zu Ross sich mit einem Keiler herumgeschlagen, der sich „wie ein Löwe wehrte und sämmtliche Pferde aufriss“, an dem er seine Lanze zerbrach, sagte er: Dieser Tag ist einer der denkwürdigsten (célebres), welche die Jagd gehabt hat. Ein Beweis für das Ansehen der niederlän- dischen Maler ist der Umstand, dass man sich auch für diese Gedenkbilder zum Theil an sie wandte. Die unentbehrlich- sten Vorlagen wurden dann von Madrid herübergeschickt. Mit solchen Jagdstücken beauftragte der Cardinalinfant Ferdinand den Maler Peter Snayers in Antwerpen (1637); „es machte, schreibt er, Velada viel Mühe, die Skizzen dem Maler zu er- klären“1). Hier sieht man den Jäger als Staffage eines tiefen, lauschigen, bläulichen Waldinnern, das mehr einen flandrischen als kastilischen Eindruck macht. In einem Kaminstück (sobrechi- menea) der Torre (Prado 1664) sah man, wie der König abge- stiegen, seinen Begleitern vorangeeilt und der angeschossenen Sau allein ins Dickicht gefolgt war, wo er im Begriff ist dem
1) Brief Ferdinands an seinen Bruder vom 3. April 1637.
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Viertes Buch.
malerischen Gesichtspunkten erfundenen Jagdstücken der Paul
de Vos, Rubens, Snyders, neben denen sie sich ausnehmen wie
Chronik neben Romanze.
In den Inventaren des Pardoschlosses sind verzeichnet Jagden
auf Wölfe, Bären, Löwen, Tiger, Steinböcke und Büffel, Falken
und Hühner, letztere mit dem Deckgarn (buitron), und endlich
die Jagd auf Kaninchen (denen Spanien seinen Namen verdankt),
noch heute die verbreitetste. Auch gab es dort Scenen dieser
Art auf Tapisserien. Die merkwürdigsten unter den historischen
Jagden waren die beiden grossen Hofjagden von Lucas Cranach,
welche der Churfürst Johann Friedrich von Sachsen im Jahre 1544
im Park bei Morizburg dem Kaiser und andern Reichsfürsten zu
Ehren veranstaltet hatte, Kesseljagden, wo die Hirsche in ein
stark strömendes Wasser getrieben werden, in dessen Uferge-
sträuch die Fürsten, lebensgetreue Bildnisse, sich aufgestellt haben,
bewaffnet mit der Armbrust, die in Deutschland noch lange nach
Einführung der Feuerwaffen so beliebt war (Prado 1304 und 5).
Eine Wiederholung befindet sich im Schloss Morizburg.
Keiner von den Nachfolgern des Kaisers hat seine Jagd-
erlebnisse so oft malen lassen als Philipp IV. Es waren die
grossen Ereignisse seines Daseins; sie wurden von den Gesandten
in ihren Depeschen beschrieben. Am Schluss einer Jagd im
Prado, wo er mit fünf Edlen zu Ross sich mit einem Keiler
herumgeschlagen, der sich „wie ein Löwe wehrte und sämmtliche
Pferde aufriss“, an dem er seine Lanze zerbrach, sagte er:
Dieser Tag ist einer der denkwürdigsten (célebres), welche die
Jagd gehabt hat. Ein Beweis für das Ansehen der niederlän-
dischen Maler ist der Umstand, dass man sich auch für diese
Gedenkbilder zum Theil an sie wandte. Die unentbehrlich-
sten Vorlagen wurden dann von Madrid herübergeschickt. Mit
solchen Jagdstücken beauftragte der Cardinalinfant Ferdinand
den Maler Peter Snayers in Antwerpen (1637); „es machte,
schreibt er, Velada viel Mühe, die Skizzen dem Maler zu er-
klären“ 1). Hier sieht man den Jäger als Staffage eines tiefen,
lauschigen, bläulichen Waldinnern, das mehr einen flandrischen
als kastilischen Eindruck macht. In einem Kaminstück (sobrechi-
menea) der Torre (Prado 1664) sah man, wie der König abge-
stiegen, seinen Begleitern vorangeeilt und der angeschossenen
Sau allein ins Dickicht gefolgt war, wo er im Begriff ist dem
1) Brief Ferdinands an seinen Bruder vom 3. April 1637.
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/404>, abgerufen am 21.11.2024.
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