Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.Die Uebergabe von Breda. Neuburg, D. Gonzalo de Cordoba, der Graf von Salazar, GrafHeinrich van Berghe (Vergas) und zwei sächsische Prinzen. Dann folgten dreissig Oberste. Der Maler konnte sich indess hier Frei- heiten gestatten oder Rücksichten nachgeben. Der Alte links, welcher sich mit beiden Händen auf einen Stock stützt, ist vielleicht der Chef des Quartiers, wo der Akt stattfand, Albert Arenbergh, Baron von Balancon, Kommandeur der vlämischen Reiterei, dem bei der Belagerung ein Bein abgeschossen wurde, -- eine Lieblingsfigur Calderon's. Der zweite in Rüstung könnte nach den Linien des Gesichts Wolfgang sein, der freilich bei van Dyck noch keine so kahle Stirne hat. Der alte längliche Kopf hinten erinnert allerdings an den nicht genannten D. Car- los Coloma, Chef der Infanterie, der dort seit 1588 von der Pike auf gedient hatte. Der junge Mann rechts vom Pferd ist gewiss nicht Velazquez; durch den Hut auf dem Kopf ist er von dem engeren Kreis ausgeschlossen. Der Gouverneur konnte mit keiner so glänzenden Corona auf- Dieser niederländischen Truppe sieht man die zwölfmonat- Ein gewöhnlicher Beobachter hätte die Augen der Umste- Die Uebergabe von Breda. Neuburg, D. Gonzalo de Cordoba, der Graf von Salazar, GrafHeinrich van Berghe (Vérgas) und zwei sächsische Prinzen. Dann folgten dreissig Oberste. Der Maler konnte sich indess hier Frei- heiten gestatten oder Rücksichten nachgeben. Der Alte links, welcher sich mit beiden Händen auf einen Stock stützt, ist vielleicht der Chef des Quartiers, wo der Akt stattfand, Albert Arenbergh, Baron von Balançon, Kommandeur der vlämischen Reiterei, dem bei der Belagerung ein Bein abgeschossen wurde, — eine Lieblingsfigur Calderon’s. Der zweite in Rüstung könnte nach den Linien des Gesichts Wolfgang sein, der freilich bei van Dyck noch keine so kahle Stirne hat. Der alte längliche Kopf hinten erinnert allerdings an den nicht genannten D. Car- los Coloma, Chef der Infanterie, der dort seit 1588 von der Pike auf gedient hatte. Der junge Mann rechts vom Pferd ist gewiss nicht Velazquez; durch den Hut auf dem Kopf ist er von dem engeren Kreis ausgeschlossen. Der Gouverneur konnte mit keiner so glänzenden Corona auf- Dieser niederländischen Truppe sieht man die zwölfmonat- Ein gewöhnlicher Beobachter hätte die Augen der Umste- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0391" n="363"/><fw place="top" type="header">Die Uebergabe von Breda.</fw><lb/> Neuburg, D. Gonzalo de Cordoba, der Graf von Salazar, Graf<lb/> Heinrich van Berghe (Vérgas) und zwei sächsische Prinzen. Dann<lb/> folgten dreissig Oberste. Der Maler konnte sich indess hier Frei-<lb/> heiten gestatten oder Rücksichten nachgeben. 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Dass diese Seite den Nieder-<lb/> ländern angewiesen wurde, war schon dadurch gegeben, dass<lb/> der Maler hier als Modelle fast nur Troupiers hatte.</p><lb/> <p>Dieser niederländischen Truppe sieht man die zwölfmonat-<lb/> liche Belagerung wenig an; die feindlichen Offiziere zollten ihnen<lb/> offen ihre Bewunderung.</p><lb/> <p>Ein gewöhnlicher Beobachter hätte die Augen der Umste-<lb/> henden auf die beiden Feldherrn konvergiren lassen, vielleicht<lb/> die Phraseolgie einer wohlfeilen Geberdenrethorik hinzugefügt.<lb/> Hier sieht man auf spanischer Seite ausser dem neugierig den<lb/> Kopf umdrehenden Reitknecht nur den alten Oberst mit dem<lb/> Stock den Gouverneur fixiren. Er muss sich die Leute einmal<lb/> ansehn, die ihm sein Bein abgeschossen haben. Alle andern<lb/> sehen nach verschiedenen Richtungen auseinander. Passavant<lb/> hielt das für eine „zerstreute Composition“. Aber wo das Ohr<lb/> so stark in Anspruch genommen ist, wendet sich der Blick ab,<lb/> damit die Sammlung der psychischen Kraft auf das Gehörte<lb/> nicht durch das Auge zerstreut werde.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [363/0391]
Die Uebergabe von Breda.
Neuburg, D. Gonzalo de Cordoba, der Graf von Salazar, Graf
Heinrich van Berghe (Vérgas) und zwei sächsische Prinzen. Dann
folgten dreissig Oberste. Der Maler konnte sich indess hier Frei-
heiten gestatten oder Rücksichten nachgeben. Der Alte links,
welcher sich mit beiden Händen auf einen Stock stützt, ist
vielleicht der Chef des Quartiers, wo der Akt stattfand, Albert
Arenbergh, Baron von Balançon, Kommandeur der vlämischen
Reiterei, dem bei der Belagerung ein Bein abgeschossen wurde,
— eine Lieblingsfigur Calderon’s. Der zweite in Rüstung könnte
nach den Linien des Gesichts Wolfgang sein, der freilich bei
van Dyck noch keine so kahle Stirne hat. Der alte längliche
Kopf hinten erinnert allerdings an den nicht genannten D. Car-
los Coloma, Chef der Infanterie, der dort seit 1588 von der Pike
auf gedient hatte. Der junge Mann rechts vom Pferd ist gewiss
nicht Velazquez; durch den Hut auf dem Kopf ist er von dem
engeren Kreis ausgeschlossen.
Der Gouverneur konnte mit keiner so glänzenden Corona auf-
treten; ihn begleitete einer der Geisseln, Carl Philipp Le Comte,
seine Gemahlin, Söhne und Neffen, und ein Sohn des Prinzen
Emanuel von Portugal, eines Sprösslings der Tochter Wilhelms
von Oranien Emilia und des Bastards Antonio. In Folge der
Diagonalstellung der Axe kam diese Gruppe in eine vom Be-
trachter abgewandte Stellung. Dass diese Seite den Nieder-
ländern angewiesen wurde, war schon dadurch gegeben, dass
der Maler hier als Modelle fast nur Troupiers hatte.
Dieser niederländischen Truppe sieht man die zwölfmonat-
liche Belagerung wenig an; die feindlichen Offiziere zollten ihnen
offen ihre Bewunderung.
Ein gewöhnlicher Beobachter hätte die Augen der Umste-
henden auf die beiden Feldherrn konvergiren lassen, vielleicht
die Phraseolgie einer wohlfeilen Geberdenrethorik hinzugefügt.
Hier sieht man auf spanischer Seite ausser dem neugierig den
Kopf umdrehenden Reitknecht nur den alten Oberst mit dem
Stock den Gouverneur fixiren. Er muss sich die Leute einmal
ansehn, die ihm sein Bein abgeschossen haben. Alle andern
sehen nach verschiedenen Richtungen auseinander. Passavant
hielt das für eine „zerstreute Composition“. Aber wo das Ohr
so stark in Anspruch genommen ist, wendet sich der Blick ab,
damit die Sammlung der psychischen Kraft auf das Gehörte
nicht durch das Auge zerstreut werde.
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