Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.Buen Retiro. ziergang an der Ostseite. Im heutigen "Salon des Prado", wo all-abendlich im Sommer tausende aller Stände im Licht der zauberi- schen "Nächte von Madrid" sich baden, genoss man schon zu Phi- lipp II Zeit (wie Perez de Messa 1595 schreibt) "im Winter die Sonne und im Sommer die Kühle". In dem zweitausend Fuss lan- gen, hundert breiten Weg fuhren steifgeputzte Damen langsam auf und ab, umschwärmt von Cavalieren auf ihren Andalusiern. Zwischen den drei Pappelallen, verbunden durch blühendes Ro- sengezweig, spielte Abends Musik und vier Brunnen erfrischten die Luft, ihr versprengtes Wasser schützte vor Staub. Auf dem Rasen, im Schatten der Bäume wurde getafelt und geliebt. Der Prado war auch unter diesem strengen Regiment ein Tempel der Cythere1). Diese Promenade beherrschte vom Hügel gegenüber der Unter seinem Nachfolger war noch ein dritter Anziehungs- 1) Fontibus et rivis constat via digna videri, Et merito Veneri sacer est et amoribus aptus, Aptus adulterio et plantandi cornua campus. H. Cock, Mantua Carpentana, publ. p. Morel-Fatio. Madrid 1883. 2) Venturini beschreibt es (1571): Nel cortile vi e un orto acconcio alla ro-
mana con una fontanina in mezzo, et qui presso una retirata da stato sotto volta, con un' altra fontanina, di sopra vi sono stanze commode etc. Buen Retiro. ziergang an der Ostseite. Im heutigen „Salon des Prado“, wo all-abendlich im Sommer tausende aller Stände im Licht der zauberi- schen „Nächte von Madrid“ sich baden, genoss man schon zu Phi- lipp II Zeit (wie Perez de Messa 1595 schreibt) „im Winter die Sonne und im Sommer die Kühle“. In dem zweitausend Fuss lan- gen, hundert breiten Weg fuhren steifgeputzte Damen langsam auf und ab, umschwärmt von Cavalieren auf ihren Andalusiern. Zwischen den drei Pappelallen, verbunden durch blühendes Ro- sengezweig, spielte Abends Musik und vier Brunnen erfrischten die Luft, ihr versprengtes Wasser schützte vor Staub. Auf dem Rasen, im Schatten der Bäume wurde getafelt und geliebt. Der Prado war auch unter diesem strengen Regiment ein Tempel der Cythere1). Diese Promenade beherrschte vom Hügel gegenüber der Unter seinem Nachfolger war noch ein dritter Anziehungs- 1) Fontibus et rivis constat via digna videri, Et merito Veneri sacer est et amoribus aptus, Aptus adulterio et plantandi cornua campus. H. Cock, Mantua Carpentana, publ. p. Morel-Fatio. Madrid 1883. 2) Venturini beschreibt es (1571): Nel cortile vi è un orto acconcio alla ro-
mana con una fontanina in mezzo, et qui presso una retirata da stato sotto volta, con un’ altra fontanina, di sopra vi sono stanze commode etc. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0361" n="335"/><fw place="top" type="header">Buen Retiro.</fw><lb/> ziergang an der Ostseite. Im heutigen „Salon des Prado“, wo all-<lb/> abendlich im Sommer tausende aller Stände im Licht der zauberi-<lb/> schen „Nächte von Madrid“ sich baden, genoss man schon zu Phi-<lb/> lipp II Zeit (wie Perez de Messa 1595 schreibt) „im Winter die<lb/> Sonne und im Sommer die Kühle“. In dem zweitausend Fuss lan-<lb/> gen, hundert breiten Weg fuhren steifgeputzte Damen langsam auf<lb/> und ab, umschwärmt von Cavalieren auf ihren Andalusiern.<lb/> Zwischen den drei Pappelallen, verbunden durch blühendes Ro-<lb/> sengezweig, spielte Abends Musik und vier Brunnen erfrischten<lb/> die Luft, ihr versprengtes Wasser schützte vor Staub. Auf dem<lb/> Rasen, im Schatten der Bäume wurde getafelt und geliebt. Der<lb/> Prado war auch unter diesem strengen Regiment ein Tempel<lb/> der Cythere<note place="foot" n="1)">Fontibus et rivis constat via digna videri,<lb/> Et merito Veneri sacer est et amoribus aptus,<lb/> Aptus adulterio et plantandi cornua campus.<lb/><hi rendition="#et">H. Cock, Mantua Carpentana, publ. p. Morel-Fatio. Madrid 1883.</hi></note>.</p><lb/> <p>Diese Promenade beherrschte vom Hügel gegenüber der<lb/> Stadt das Kloster S. Gerónimo und sein gothischer Tempel, mit<lb/> weitem Garten und Oelberg. Von Heinrich IV anderswo ge-<lb/> gründet, aber unter Isabella hierher versetzt, stand es von jeher<lb/> in enger Beziehung zum Hofe. In der Kirche tagten 1510 die<lb/> Cortes von Castilien, hier wurde dem Erbprinzen gehuldigt. Um<lb/> das Altarhaus lag eine königliche Wohnung (<hi rendition="#i">el Cuarto</hi> (<hi rendition="#i">viejo</hi>)<lb/> oder <hi rendition="#i">Retiro de S. Gerónimo</hi>), von wo die Könige und die Köni-<lb/> ginnen, auch fürstliche Gäste und Gesandte ihren Einzug in die<lb/> Stadt hielten, wohin jene bei Trauerfällen und in der heiligen Woche<lb/> sich zurückzogen. Philipp II hatte das Haus durch Juan Bau-<lb/> tista Toledo neu aufführen lassen, je dreissig Zimmer für sich<lb/> und die Königin, mit Galerien, Thürmen, Lustgärten, Gräben,<lb/> nach dem Vorbild, sagt man, eines Landhauses, das er in Eng-<lb/> land mit Maria Tudor bewohnt. Auch fremde Besucher wurden<lb/> hier untergebracht<note place="foot" n="2)">Venturini beschreibt es (1571): Nel cortile vi è un orto acconcio alla ro-<lb/> mana con una fontanina in mezzo, et qui presso una retirata da stato sotto volta,<lb/> con un’ altra fontanina, di sopra vi sono stanze commode etc.</note>.</p><lb/> <p>Unter seinem Nachfolger war noch ein dritter Anziehungs-<lb/> punkt dieser Gegend entstanden, der Palast, Garten und Platz<lb/> des Herzogs von Lerma, der von Philipp III für Feste der Plaza<lb/> mayor vorgezogen wurden. Bei den Dichtern erscheint er als<lb/> Lieblingszuflucht romantischer Schwärmerei:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0361]
Buen Retiro.
ziergang an der Ostseite. Im heutigen „Salon des Prado“, wo all-
abendlich im Sommer tausende aller Stände im Licht der zauberi-
schen „Nächte von Madrid“ sich baden, genoss man schon zu Phi-
lipp II Zeit (wie Perez de Messa 1595 schreibt) „im Winter die
Sonne und im Sommer die Kühle“. In dem zweitausend Fuss lan-
gen, hundert breiten Weg fuhren steifgeputzte Damen langsam auf
und ab, umschwärmt von Cavalieren auf ihren Andalusiern.
Zwischen den drei Pappelallen, verbunden durch blühendes Ro-
sengezweig, spielte Abends Musik und vier Brunnen erfrischten
die Luft, ihr versprengtes Wasser schützte vor Staub. Auf dem
Rasen, im Schatten der Bäume wurde getafelt und geliebt. Der
Prado war auch unter diesem strengen Regiment ein Tempel
der Cythere 1).
Diese Promenade beherrschte vom Hügel gegenüber der
Stadt das Kloster S. Gerónimo und sein gothischer Tempel, mit
weitem Garten und Oelberg. Von Heinrich IV anderswo ge-
gründet, aber unter Isabella hierher versetzt, stand es von jeher
in enger Beziehung zum Hofe. In der Kirche tagten 1510 die
Cortes von Castilien, hier wurde dem Erbprinzen gehuldigt. Um
das Altarhaus lag eine königliche Wohnung (el Cuarto (viejo)
oder Retiro de S. Gerónimo), von wo die Könige und die Köni-
ginnen, auch fürstliche Gäste und Gesandte ihren Einzug in die
Stadt hielten, wohin jene bei Trauerfällen und in der heiligen Woche
sich zurückzogen. Philipp II hatte das Haus durch Juan Bau-
tista Toledo neu aufführen lassen, je dreissig Zimmer für sich
und die Königin, mit Galerien, Thürmen, Lustgärten, Gräben,
nach dem Vorbild, sagt man, eines Landhauses, das er in Eng-
land mit Maria Tudor bewohnt. Auch fremde Besucher wurden
hier untergebracht 2).
Unter seinem Nachfolger war noch ein dritter Anziehungs-
punkt dieser Gegend entstanden, der Palast, Garten und Platz
des Herzogs von Lerma, der von Philipp III für Feste der Plaza
mayor vorgezogen wurden. Bei den Dichtern erscheint er als
Lieblingszuflucht romantischer Schwärmerei:
1) Fontibus et rivis constat via digna videri,
Et merito Veneri sacer est et amoribus aptus,
Aptus adulterio et plantandi cornua campus.
H. Cock, Mantua Carpentana, publ. p. Morel-Fatio. Madrid 1883.
2) Venturini beschreibt es (1571): Nel cortile vi è un orto acconcio alla ro-
mana con una fontanina in mezzo, et qui presso una retirata da stato sotto volta,
con un’ altra fontanina, di sopra vi sono stanze commode etc.
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