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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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in Ansehung der Dauer der Welt.

Gott hat ohne Zweifel das Weltgebäude mit so
vieler Schönheit, Pracht und Ordnung hervorge-
bracht, um seine Weisheit, Allmacht, Güte, und
alle seine übrigen höchsten Eigenschaften zu verherrli-
chen, und dieses Werk seiner Hände so vielen vernünf-
tigen, oder mit der Kraft zu denken begabten Ge-
schöpfen zur Bewunderung darzustellen. Diesen End-
zweck Gottes erkennet die Vernunft so ungezweifelt,
daß gar keine Gründe vorhanden sind, womit dieser
Endzweck bestritten werden könnte; es sey denn, daß
man annehmen wollte, das ganze Weltgebäude sey
schon an und vor sich selbst nothwendig, und existire
nothwendiger Weise, oder es sey wesentlich und noth-
wendig mit der Existenz der Gottheit verbunden. Al-
lein, alsdenn würde auch die Frage von der Vernich-
tung des Weltgebäudes gänzlich wegfallen, und Gott
würde dasselbe eben so wenig vernichten können, als sein
eigenes Wesen und Daseyn.

Wenn demnach Gott dieses Weltgebäude zu dem
Endzwecke hervorgebracht hat, um seine allervollkom-
mensten Eigenschaften dadurch zu veroffenbaren und zu
verherrlichen; so erkennet auch die Vernunft ganz ohn-
gezweifelt, daß dieses kein Endzweck ist, der nur kur-
ze Zeit dauret, oder welchem durch ein kurzes Daseyn
des Weltgebäudes ein Genüge geleistet wird. Viel-
mehr begreifet die Vernunft, daß, je länger diese
Welt dauret, desto besser wird auch dieser Endzweck
erreichet, weil durch die lange Fortdauer der Welt im-
mer mehr denkende Wesen entstehen, die Gott in die-
sem herrlichen Werke seiner Weisheit und Allmacht be-

wundern
in Anſehung der Dauer der Welt.

Gott hat ohne Zweifel das Weltgebaͤude mit ſo
vieler Schoͤnheit, Pracht und Ordnung hervorge-
bracht, um ſeine Weisheit, Allmacht, Guͤte, und
alle ſeine uͤbrigen hoͤchſten Eigenſchaften zu verherrli-
chen, und dieſes Werk ſeiner Haͤnde ſo vielen vernuͤnf-
tigen, oder mit der Kraft zu denken begabten Ge-
ſchoͤpfen zur Bewunderung darzuſtellen. Dieſen End-
zweck Gottes erkennet die Vernunft ſo ungezweifelt,
daß gar keine Gruͤnde vorhanden ſind, womit dieſer
Endzweck beſtritten werden koͤnnte; es ſey denn, daß
man annehmen wollte, das ganze Weltgebaͤude ſey
ſchon an und vor ſich ſelbſt nothwendig, und exiſtire
nothwendiger Weiſe, oder es ſey weſentlich und noth-
wendig mit der Exiſtenz der Gottheit verbunden. Al-
lein, alsdenn wuͤrde auch die Frage von der Vernich-
tung des Weltgebaͤudes gaͤnzlich wegfallen, und Gott
wuͤrde daſſelbe eben ſo wenig vernichten koͤnnen, als ſein
eigenes Weſen und Daſeyn.

Wenn demnach Gott dieſes Weltgebaͤude zu dem
Endzwecke hervorgebracht hat, um ſeine allervollkom-
menſten Eigenſchaften dadurch zu veroffenbaren und zu
verherrlichen; ſo erkennet auch die Vernunft ganz ohn-
gezweifelt, daß dieſes kein Endzweck iſt, der nur kur-
ze Zeit dauret, oder welchem durch ein kurzes Daſeyn
des Weltgebaͤudes ein Genuͤge geleiſtet wird. Viel-
mehr begreifet die Vernunft, daß, je laͤnger dieſe
Welt dauret, deſto beſſer wird auch dieſer Endzweck
erreichet, weil durch die lange Fortdauer der Welt im-
mer mehr denkende Weſen entſtehen, die Gott in die-
ſem herrlichen Werke ſeiner Weisheit und Allmacht be-

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[367/0395] in Anſehung der Dauer der Welt. Gott hat ohne Zweifel das Weltgebaͤude mit ſo vieler Schoͤnheit, Pracht und Ordnung hervorge- bracht, um ſeine Weisheit, Allmacht, Guͤte, und alle ſeine uͤbrigen hoͤchſten Eigenſchaften zu verherrli- chen, und dieſes Werk ſeiner Haͤnde ſo vielen vernuͤnf- tigen, oder mit der Kraft zu denken begabten Ge- ſchoͤpfen zur Bewunderung darzuſtellen. Dieſen End- zweck Gottes erkennet die Vernunft ſo ungezweifelt, daß gar keine Gruͤnde vorhanden ſind, womit dieſer Endzweck beſtritten werden koͤnnte; es ſey denn, daß man annehmen wollte, das ganze Weltgebaͤude ſey ſchon an und vor ſich ſelbſt nothwendig, und exiſtire nothwendiger Weiſe, oder es ſey weſentlich und noth- wendig mit der Exiſtenz der Gottheit verbunden. Al- lein, alsdenn wuͤrde auch die Frage von der Vernich- tung des Weltgebaͤudes gaͤnzlich wegfallen, und Gott wuͤrde daſſelbe eben ſo wenig vernichten koͤnnen, als ſein eigenes Weſen und Daſeyn. Wenn demnach Gott dieſes Weltgebaͤude zu dem Endzwecke hervorgebracht hat, um ſeine allervollkom- menſten Eigenſchaften dadurch zu veroffenbaren und zu verherrlichen; ſo erkennet auch die Vernunft ganz ohn- gezweifelt, daß dieſes kein Endzweck iſt, der nur kur- ze Zeit dauret, oder welchem durch ein kurzes Daſeyn des Weltgebaͤudes ein Genuͤge geleiſtet wird. Viel- mehr begreifet die Vernunft, daß, je laͤnger dieſe Welt dauret, deſto beſſer wird auch dieſer Endzweck erreichet, weil durch die lange Fortdauer der Welt im- mer mehr denkende Weſen entſtehen, die Gott in die- ſem herrlichen Werke ſeiner Weisheit und Allmacht be- wundern

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/395>, abgerufen am 09.05.2024.