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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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XI. Abschn. II. Hauptst. Absicht Gottes
gang, oder vielmehr den Zeitpunct seiner neuen Ver-
wandlung und Verherrlichung erreichen kann.

Wenn man sich auf die Genauigkeit der alten
Sternkundigen in ihren Beobachtungen sicher und un-
gezweifelt verlassen könnte; so wären auch bereits Zeug-
nisse und Beweise vorhanden, daß der Untergang vie-
ler Sonnen schon erfolget wäre. Es ist mehr als ein-
mahl in den Büchern der Sternkundigen bemerket wor-
den, daß dieser oder jener Fixstern, den die Alten in
vorigen Zeiten unter die Anzahl der Sterne in einem
gewissen Geftirn gezählet haben, nicht mehr vorhan-
den ist; und eben so haben die neuern Sternseher ver-
schiedene neue Sterne beobachten wollen, welche in de-
nen alten Zählungen der Sterne nicht bemerket und
begriffen gewesen sind. Wenn alles dieses zuverläßig
wäre; so könnte solches keinen andern Grund und Uhr-
sache haben, als daß einige vorherige Fixsterne oder
Sonnen die Zeit ihres Untergangs oder ihrer künftigen
Verwandelung erreichet gehabt hätten; andere aber aus
diesem Zeitpunct ihrer Verwandelung wieder hervor-
getreten wären, und mit neuem Glanz wieder zu schei-
nen angefangen hätten.

Allein, ich glaube nicht, daß man sich auf der-
gleichen Beobachtungen so sicher verlassen kann. Es
ist kaum einige Jahrhunderte, daß wir die Ferngläser
erfunden haben. Vorhero zählten die Sternseher die
Sterne in diesem oder jenem Hauptgestirn lediglich mit
bloßen unbewaffneten Augen; und wie leicht konnte
man sich hierinn nicht trügen, znmahl da die Schärfe
oder Schwäche des Gesichts bey denen meisten Men-

schen

XI. Abſchn. II. Hauptſt. Abſicht Gottes
gang, oder vielmehr den Zeitpunct ſeiner neuen Ver-
wandlung und Verherrlichung erreichen kann.

Wenn man ſich auf die Genauigkeit der alten
Sternkundigen in ihren Beobachtungen ſicher und un-
gezweifelt verlaſſen koͤnnte; ſo waͤren auch bereits Zeug-
niſſe und Beweiſe vorhanden, daß der Untergang vie-
ler Sonnen ſchon erfolget waͤre. Es iſt mehr als ein-
mahl in den Buͤchern der Sternkundigen bemerket wor-
den, daß dieſer oder jener Fixſtern, den die Alten in
vorigen Zeiten unter die Anzahl der Sterne in einem
gewiſſen Geftirn gezaͤhlet haben, nicht mehr vorhan-
den iſt; und eben ſo haben die neuern Sternſeher ver-
ſchiedene neue Sterne beobachten wollen, welche in de-
nen alten Zaͤhlungen der Sterne nicht bemerket und
begriffen geweſen ſind. Wenn alles dieſes zuverlaͤßig
waͤre; ſo koͤnnte ſolches keinen andern Grund und Uhr-
ſache haben, als daß einige vorherige Fixſterne oder
Sonnen die Zeit ihres Untergangs oder ihrer kuͤnftigen
Verwandelung erreichet gehabt haͤtten; andere aber aus
dieſem Zeitpunct ihrer Verwandelung wieder hervor-
getreten waͤren, und mit neuem Glanz wieder zu ſchei-
nen angefangen haͤtten.

Allein, ich glaube nicht, daß man ſich auf der-
gleichen Beobachtungen ſo ſicher verlaſſen kann. Es
iſt kaum einige Jahrhunderte, daß wir die Fernglaͤſer
erfunden haben. Vorhero zaͤhlten die Sternſeher die
Sterne in dieſem oder jenem Hauptgeſtirn lediglich mit
bloßen unbewaffneten Augen; und wie leicht konnte
man ſich hierinn nicht truͤgen, znmahl da die Schaͤrfe
oder Schwaͤche des Geſichts bey denen meiſten Men-

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[354/0382] XI. Abſchn. II. Hauptſt. Abſicht Gottes gang, oder vielmehr den Zeitpunct ſeiner neuen Ver- wandlung und Verherrlichung erreichen kann. Wenn man ſich auf die Genauigkeit der alten Sternkundigen in ihren Beobachtungen ſicher und un- gezweifelt verlaſſen koͤnnte; ſo waͤren auch bereits Zeug- niſſe und Beweiſe vorhanden, daß der Untergang vie- ler Sonnen ſchon erfolget waͤre. Es iſt mehr als ein- mahl in den Buͤchern der Sternkundigen bemerket wor- den, daß dieſer oder jener Fixſtern, den die Alten in vorigen Zeiten unter die Anzahl der Sterne in einem gewiſſen Geftirn gezaͤhlet haben, nicht mehr vorhan- den iſt; und eben ſo haben die neuern Sternſeher ver- ſchiedene neue Sterne beobachten wollen, welche in de- nen alten Zaͤhlungen der Sterne nicht bemerket und begriffen geweſen ſind. Wenn alles dieſes zuverlaͤßig waͤre; ſo koͤnnte ſolches keinen andern Grund und Uhr- ſache haben, als daß einige vorherige Fixſterne oder Sonnen die Zeit ihres Untergangs oder ihrer kuͤnftigen Verwandelung erreichet gehabt haͤtten; andere aber aus dieſem Zeitpunct ihrer Verwandelung wieder hervor- getreten waͤren, und mit neuem Glanz wieder zu ſchei- nen angefangen haͤtten. Allein, ich glaube nicht, daß man ſich auf der- gleichen Beobachtungen ſo ſicher verlaſſen kann. Es iſt kaum einige Jahrhunderte, daß wir die Fernglaͤſer erfunden haben. Vorhero zaͤhlten die Sternſeher die Sterne in dieſem oder jenem Hauptgeſtirn lediglich mit bloßen unbewaffneten Augen; und wie leicht konnte man ſich hierinn nicht truͤgen, znmahl da die Schaͤrfe oder Schwaͤche des Geſichts bey denen meiſten Men- ſchen

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/382>, abgerufen am 09.05.2024.