Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
mit dem Alterthum des Erdcörpers.

Es haben sowohl die Weltweisen und Naturkündi-
ger, als die Gottesgelehrten unüberwindliche Schwü-
rigkeiten angetroffen, wenn sie haben erklähren und be-
greiflich machen wollen, wie es zugegangen und möglich
gewesen sey, daß gleich am ersten Tage der Schöpfung
ein Licht entstehen, und in denen ersten drey Tagen es
Tag und Nacht, oder Abend und Morgen werden kön-
nen; da doch Sonne und Mond erst am vierten Tage
erschaffen worden. Alle Erklährungen, die man hier-
über zu erfinden bemühet gewesen ist, haben der Sache
keine Genüge gethan. Einige haben so gar deshalb noch
ein besonderes, von der Sonne ganz unterschiedenes Licht
angenommen, welches am ersten Tage erschaffen wor-
den. Allein, da wir von einem solchen besondern Lichte
nicht die geringsten Spuhren wahrnehmen; sondern al-
ler Schimmer, oder nächtliche Schein, bey der Abwe-
senheit der Sonne von unserer Halbkugel dennoch alle-
mahl ganz ohnstreitig entweder von der Sonne, oder
von denen Sternen herrühret, die gleichfalls erst am
vierten Tage erschaffen worden; so kommt es der ge-
sunden Vernunft sehr sauer an, sich die Existenz eines
solchen besondern von der Sonne verschiedenen Lichtes
als glaublich vorzustellen. Durch mein gegenwärti-
ges System aber wird dieser Zweifel auf einmahl geho-
ben. Das aus denen Rissen und Spalten des Son-
nencörpers in etwas hervorbrechende Feuer, das aber
noch keine Sonne genennet werden konnte, war das Licht,
das bereits am ersten Schöpfungstage existirte und zum
Vorschein kam. Lasset uns nunmehro den zweyten
Schöpfungstag betrachten!

"Und
mit dem Alterthum des Erdcoͤrpers.

Es haben ſowohl die Weltweiſen und Naturkuͤndi-
ger, als die Gottesgelehrten unuͤberwindliche Schwuͤ-
rigkeiten angetroffen, wenn ſie haben erklaͤhren und be-
greiflich machen wollen, wie es zugegangen und moͤglich
geweſen ſey, daß gleich am erſten Tage der Schoͤpfung
ein Licht entſtehen, und in denen erſten drey Tagen es
Tag und Nacht, oder Abend und Morgen werden koͤn-
nen; da doch Sonne und Mond erſt am vierten Tage
erſchaffen worden. Alle Erklaͤhrungen, die man hier-
uͤber zu erfinden bemuͤhet geweſen iſt, haben der Sache
keine Genuͤge gethan. Einige haben ſo gar deshalb noch
ein beſonderes, von der Sonne ganz unterſchiedenes Licht
angenommen, welches am erſten Tage erſchaffen wor-
den. Allein, da wir von einem ſolchen beſondern Lichte
nicht die geringſten Spuhren wahrnehmen; ſondern al-
ler Schimmer, oder naͤchtliche Schein, bey der Abwe-
ſenheit der Sonne von unſerer Halbkugel dennoch alle-
mahl ganz ohnſtreitig entweder von der Sonne, oder
von denen Sternen herruͤhret, die gleichfalls erſt am
vierten Tage erſchaffen worden; ſo kommt es der ge-
ſunden Vernunft ſehr ſauer an, ſich die Exiſtenz eines
ſolchen beſondern von der Sonne verſchiedenen Lichtes
als glaublich vorzuſtellen. Durch mein gegenwaͤrti-
ges Syſtem aber wird dieſer Zweifel auf einmahl geho-
ben. Das aus denen Riſſen und Spalten des Son-
nencoͤrpers in etwas hervorbrechende Feuer, das aber
noch keine Sonne genennet werden konnte, war das Licht,
das bereits am erſten Schoͤpfungstage exiſtirte und zum
Vorſchein kam. Laſſet uns nunmehro den zweyten
Schoͤpfungstag betrachten!

„Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0327" n="299"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">mit dem Alterthum des Erdco&#x0364;rpers.</hi> </fw><lb/>
          <p>Es haben &#x017F;owohl die Weltwei&#x017F;en und Naturku&#x0364;ndi-<lb/>
ger, als die Gottesgelehrten unu&#x0364;berwindliche Schwu&#x0364;-<lb/>
rigkeiten angetroffen, wenn &#x017F;ie haben erkla&#x0364;hren und be-<lb/>
greiflich machen wollen, wie es zugegangen und mo&#x0364;glich<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ey, daß gleich am er&#x017F;ten Tage der Scho&#x0364;pfung<lb/>
ein Licht ent&#x017F;tehen, und in denen er&#x017F;ten drey Tagen es<lb/>
Tag und Nacht, oder Abend und Morgen werden ko&#x0364;n-<lb/>
nen; da doch Sonne und Mond er&#x017F;t am vierten Tage<lb/>
er&#x017F;chaffen worden. Alle Erkla&#x0364;hrungen, die man hier-<lb/>
u&#x0364;ber zu erfinden bemu&#x0364;het gewe&#x017F;en i&#x017F;t, haben der Sache<lb/>
keine Genu&#x0364;ge gethan. Einige haben &#x017F;o gar deshalb noch<lb/>
ein be&#x017F;onderes, von der Sonne ganz unter&#x017F;chiedenes Licht<lb/>
angenommen, welches am er&#x017F;ten Tage er&#x017F;chaffen wor-<lb/>
den. Allein, da wir von einem &#x017F;olchen be&#x017F;ondern Lichte<lb/>
nicht die gering&#x017F;ten Spuhren wahrnehmen; &#x017F;ondern al-<lb/>
ler Schimmer, oder na&#x0364;chtliche Schein, bey der Abwe-<lb/>
&#x017F;enheit der Sonne von un&#x017F;erer Halbkugel dennoch alle-<lb/>
mahl ganz ohn&#x017F;treitig entweder von der Sonne, oder<lb/>
von denen Sternen herru&#x0364;hret, die gleichfalls er&#x017F;t am<lb/>
vierten Tage er&#x017F;chaffen worden; &#x017F;o kommt es der ge-<lb/>
&#x017F;unden Vernunft &#x017F;ehr &#x017F;auer an, &#x017F;ich die Exi&#x017F;tenz eines<lb/>
&#x017F;olchen be&#x017F;ondern von der Sonne ver&#x017F;chiedenen Lichtes<lb/>
als glaublich vorzu&#x017F;tellen. Durch mein gegenwa&#x0364;rti-<lb/>
ges Sy&#x017F;tem aber wird die&#x017F;er Zweifel auf einmahl geho-<lb/>
ben. Das aus denen Ri&#x017F;&#x017F;en und Spalten des Son-<lb/>
nenco&#x0364;rpers in etwas hervorbrechende Feuer, das aber<lb/>
noch keine Sonne genennet werden konnte, war das Licht,<lb/>
das bereits am er&#x017F;ten Scho&#x0364;pfungstage exi&#x017F;tirte und zum<lb/>
Vor&#x017F;chein kam. La&#x017F;&#x017F;et uns nunmehro den zweyten<lb/>
Scho&#x0364;pfungstag betrachten!</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Und</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0327] mit dem Alterthum des Erdcoͤrpers. Es haben ſowohl die Weltweiſen und Naturkuͤndi- ger, als die Gottesgelehrten unuͤberwindliche Schwuͤ- rigkeiten angetroffen, wenn ſie haben erklaͤhren und be- greiflich machen wollen, wie es zugegangen und moͤglich geweſen ſey, daß gleich am erſten Tage der Schoͤpfung ein Licht entſtehen, und in denen erſten drey Tagen es Tag und Nacht, oder Abend und Morgen werden koͤn- nen; da doch Sonne und Mond erſt am vierten Tage erſchaffen worden. Alle Erklaͤhrungen, die man hier- uͤber zu erfinden bemuͤhet geweſen iſt, haben der Sache keine Genuͤge gethan. Einige haben ſo gar deshalb noch ein beſonderes, von der Sonne ganz unterſchiedenes Licht angenommen, welches am erſten Tage erſchaffen wor- den. Allein, da wir von einem ſolchen beſondern Lichte nicht die geringſten Spuhren wahrnehmen; ſondern al- ler Schimmer, oder naͤchtliche Schein, bey der Abwe- ſenheit der Sonne von unſerer Halbkugel dennoch alle- mahl ganz ohnſtreitig entweder von der Sonne, oder von denen Sternen herruͤhret, die gleichfalls erſt am vierten Tage erſchaffen worden; ſo kommt es der ge- ſunden Vernunft ſehr ſauer an, ſich die Exiſtenz eines ſolchen beſondern von der Sonne verſchiedenen Lichtes als glaublich vorzuſtellen. Durch mein gegenwaͤrti- ges Syſtem aber wird dieſer Zweifel auf einmahl geho- ben. Das aus denen Riſſen und Spalten des Son- nencoͤrpers in etwas hervorbrechende Feuer, das aber noch keine Sonne genennet werden konnte, war das Licht, das bereits am erſten Schoͤpfungstage exiſtirte und zum Vorſchein kam. Laſſet uns nunmehro den zweyten Schoͤpfungstag betrachten! „Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/327
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/327>, abgerufen am 09.05.2024.