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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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VI. Abschn. Das Meer verändert

Jch habe vor ohngefehr zehen Jahren mit dem be-
rühmten Euler, dem Vater, eine Unterredung über
diesen Gegenstand gehabt, indem ich ihm alle diejeni-
gen Gründe, die eine langsame und nach und nach er-
folgende Veränderung der Pole wahrscheinlich mach-
ten, mittheilete, und zugleich die Frage aufwarf: Ob
es möglich sey, daß eine solche Veränderung der Pole
vorgehen könne, ohne daß sie vortreffliche Mathematik-
verständige nicht sogleich entdecken und wahrnehmen
könnten.

Herr Euler war der Meynung, daß dieses aller-
dings nicht geschehen könne, oder man müsse solches
sofort durch genaue und richtige Beobachtungen entde-
cken. Er eröffnete mir zugleich die Gründe, warum
eine solche Veränderung bey genauen Beobachtungen
nicht verborgen bleiben könnte; da ich aber die Ma-
thematik niemahls als einen Gegenstand meines Stu-
direns angesehen habe; so habe ich diese Gründe weder
genugsam im Gedächtniß behalten, noch bin ich im
Stande, solche anjetzo wieder vorzutragen. Jch ha-
be eine ausnehmende Hochachtung vor den Ausspruch
eines der größten Mathematiker unserer Zeiten; und
er würde mich völlig überzeugen, wenn ich nicht bey
fast allen Fällen wahrgenommen hätte, daß die größ-
ten Mathematiker in ihren Beobachtungen und Aus-
rechnungen über einerley Sache gar verschiedener Mey-
nungen wären. Die gegenwärtige Frage verdienet
aber allerdings, daß dieselbe von Sachverständigen
mit der größten Genauigkeit und Aufmerksamkeit un-
tersuchet werde.

Wenn
VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert

Jch habe vor ohngefehr zehen Jahren mit dem be-
ruͤhmten Euler, dem Vater, eine Unterredung uͤber
dieſen Gegenſtand gehabt, indem ich ihm alle diejeni-
gen Gruͤnde, die eine langſame und nach und nach er-
folgende Veraͤnderung der Pole wahrſcheinlich mach-
ten, mittheilete, und zugleich die Frage aufwarf: Ob
es moͤglich ſey, daß eine ſolche Veraͤnderung der Pole
vorgehen koͤnne, ohne daß ſie vortreffliche Mathematik-
verſtaͤndige nicht ſogleich entdecken und wahrnehmen
koͤnnten.

Herr Euler war der Meynung, daß dieſes aller-
dings nicht geſchehen koͤnne, oder man muͤſſe ſolches
ſofort durch genaue und richtige Beobachtungen entde-
cken. Er eroͤffnete mir zugleich die Gruͤnde, warum
eine ſolche Veraͤnderung bey genauen Beobachtungen
nicht verborgen bleiben koͤnnte; da ich aber die Ma-
thematik niemahls als einen Gegenſtand meines Stu-
direns angeſehen habe; ſo habe ich dieſe Gruͤnde weder
genugſam im Gedaͤchtniß behalten, noch bin ich im
Stande, ſolche anjetzo wieder vorzutragen. Jch ha-
be eine ausnehmende Hochachtung vor den Ausſpruch
eines der groͤßten Mathematiker unſerer Zeiten; und
er wuͤrde mich voͤllig uͤberzeugen, wenn ich nicht bey
faſt allen Faͤllen wahrgenommen haͤtte, daß die groͤß-
ten Mathematiker in ihren Beobachtungen und Aus-
rechnungen uͤber einerley Sache gar verſchiedener Mey-
nungen waͤren. Die gegenwaͤrtige Frage verdienet
aber allerdings, daß dieſelbe von Sachverſtaͤndigen
mit der groͤßten Genauigkeit und Aufmerkſamkeit un-
terſuchet werde.

Wenn
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[226/0254] VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert Jch habe vor ohngefehr zehen Jahren mit dem be- ruͤhmten Euler, dem Vater, eine Unterredung uͤber dieſen Gegenſtand gehabt, indem ich ihm alle diejeni- gen Gruͤnde, die eine langſame und nach und nach er- folgende Veraͤnderung der Pole wahrſcheinlich mach- ten, mittheilete, und zugleich die Frage aufwarf: Ob es moͤglich ſey, daß eine ſolche Veraͤnderung der Pole vorgehen koͤnne, ohne daß ſie vortreffliche Mathematik- verſtaͤndige nicht ſogleich entdecken und wahrnehmen koͤnnten. Herr Euler war der Meynung, daß dieſes aller- dings nicht geſchehen koͤnne, oder man muͤſſe ſolches ſofort durch genaue und richtige Beobachtungen entde- cken. Er eroͤffnete mir zugleich die Gruͤnde, warum eine ſolche Veraͤnderung bey genauen Beobachtungen nicht verborgen bleiben koͤnnte; da ich aber die Ma- thematik niemahls als einen Gegenſtand meines Stu- direns angeſehen habe; ſo habe ich dieſe Gruͤnde weder genugſam im Gedaͤchtniß behalten, noch bin ich im Stande, ſolche anjetzo wieder vorzutragen. Jch ha- be eine ausnehmende Hochachtung vor den Ausſpruch eines der groͤßten Mathematiker unſerer Zeiten; und er wuͤrde mich voͤllig uͤberzeugen, wenn ich nicht bey faſt allen Faͤllen wahrgenommen haͤtte, daß die groͤß- ten Mathematiker in ihren Beobachtungen und Aus- rechnungen uͤber einerley Sache gar verſchiedener Mey- nungen waͤren. Die gegenwaͤrtige Frage verdienet aber allerdings, daß dieſelbe von Sachverſtaͤndigen mit der groͤßten Genauigkeit und Aufmerkſamkeit un- terſuchet werde. Wenn

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/254>, abgerufen am 27.11.2024.