Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

zu verschiedenen Mahlen seine Stelle.
wahrnehmen könne, wenn es von Zeit zu Zeit Mon-
archen gegeben hätte, welche auf eine so edle Art geneigt
gewesen wären, ansehnliche Kosten aufzuwenden; so
würde es in der gegenwärtigen Frage gar nicht schwehr
seyn, zu einer richtigen und ungezweifelten Entschei-
dung zu gelangen. So bald die Pole sich durch eine
fortdaurende langsame Bewegung nach und nach ver-
ändern; so kann auch ein Gebäude, das vor einigen
hundert Jahren durch seine dabey angebrachten Kenn-
zeichen eine richtige Mittagslinie angezeiget hat, nicht
mehr eben diese Dienste leisten; und man muß die
Größe der Abweichung und die Art und Weise dersel-
ben daran sofort erkennen. Es ist in der That ein be-
daurenswürdiger Verlust, daß die zu diesem Endzweck
in dem Alterthum erbaueten Gebäude ihren Untergang
gefunden haben.

Es hat zwar ehedem von verschiedenen Gelehrten
behauptet werden wollen, daß ein solches Gebäude
noch heutiges Tages in Egypten vorhanden sey. Al-
lein, ich erinnere mich in einem englischen Schrift-
steller gelesen zu haben, daß ein reicher und forschbe-
gieriger Engländer bloß dieserhalb eine Reise nach Egy-
pten gethan habe, um die Wahrheit hiervon selbst zu
untersuchen, und wahrzunehmen, ob eben diese Mit-
tagslinie ohne Abweichung noch vorhanden sey. Sei-
ne Reise aber ist fruchtlos gewesen, und er hat weder
an denen noch vorhandenen Piramyden, noch sonst an
einem andern Monument etwas finden können, wor-
an zu erkennen gewesen wäre, daß es zu Bestimmung
und Wahrnehmung einer Mittagslinie erbauet wor-
den sey.

Jch
P

zu verſchiedenen Mahlen ſeine Stelle.
wahrnehmen koͤnne, wenn es von Zeit zu Zeit Mon-
archen gegeben haͤtte, welche auf eine ſo edle Art geneigt
geweſen waͤren, anſehnliche Koſten aufzuwenden; ſo
wuͤrde es in der gegenwaͤrtigen Frage gar nicht ſchwehr
ſeyn, zu einer richtigen und ungezweifelten Entſchei-
dung zu gelangen. So bald die Pole ſich durch eine
fortdaurende langſame Bewegung nach und nach ver-
aͤndern; ſo kann auch ein Gebaͤude, das vor einigen
hundert Jahren durch ſeine dabey angebrachten Kenn-
zeichen eine richtige Mittagslinie angezeiget hat, nicht
mehr eben dieſe Dienſte leiſten; und man muß die
Groͤße der Abweichung und die Art und Weiſe derſel-
ben daran ſofort erkennen. Es iſt in der That ein be-
daurenswuͤrdiger Verluſt, daß die zu dieſem Endzweck
in dem Alterthum erbaueten Gebaͤude ihren Untergang
gefunden haben.

Es hat zwar ehedem von verſchiedenen Gelehrten
behauptet werden wollen, daß ein ſolches Gebaͤude
noch heutiges Tages in Egypten vorhanden ſey. Al-
lein, ich erinnere mich in einem engliſchen Schrift-
ſteller geleſen zu haben, daß ein reicher und forſchbe-
gieriger Englaͤnder bloß dieſerhalb eine Reiſe nach Egy-
pten gethan habe, um die Wahrheit hiervon ſelbſt zu
unterſuchen, und wahrzunehmen, ob eben dieſe Mit-
tagslinie ohne Abweichung noch vorhanden ſey. Sei-
ne Reiſe aber iſt fruchtlos geweſen, und er hat weder
an denen noch vorhandenen Piramyden, noch ſonſt an
einem andern Monument etwas finden koͤnnen, wor-
an zu erkennen geweſen waͤre, daß es zu Beſtimmung
und Wahrnehmung einer Mittagslinie erbauet wor-
den ſey.

Jch
P
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0253" n="225"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">zu ver&#x017F;chiedenen Mahlen &#x017F;eine Stelle.</hi></fw><lb/>
wahrnehmen ko&#x0364;nne, wenn es von Zeit zu Zeit Mon-<lb/>
archen gegeben ha&#x0364;tte, welche auf eine &#x017F;o edle Art geneigt<lb/>
gewe&#x017F;en wa&#x0364;ren, an&#x017F;ehnliche Ko&#x017F;ten aufzuwenden; &#x017F;o<lb/>
wu&#x0364;rde es in der gegenwa&#x0364;rtigen Frage gar nicht &#x017F;chwehr<lb/>
&#x017F;eyn, zu einer richtigen und ungezweifelten Ent&#x017F;chei-<lb/>
dung zu gelangen. So bald die Pole &#x017F;ich durch eine<lb/>
fortdaurende lang&#x017F;ame Bewegung nach und nach ver-<lb/>
a&#x0364;ndern; &#x017F;o kann auch ein Geba&#x0364;ude, das vor einigen<lb/>
hundert Jahren durch &#x017F;eine dabey angebrachten Kenn-<lb/>
zeichen eine richtige Mittagslinie angezeiget hat, nicht<lb/>
mehr eben die&#x017F;e Dien&#x017F;te lei&#x017F;ten; und man muß die<lb/>
Gro&#x0364;ße der Abweichung und die Art und Wei&#x017F;e der&#x017F;el-<lb/>
ben daran &#x017F;ofort erkennen. Es i&#x017F;t in der That ein be-<lb/>
daurenswu&#x0364;rdiger Verlu&#x017F;t, daß die zu die&#x017F;em Endzweck<lb/>
in dem Alterthum erbaueten Geba&#x0364;ude ihren Untergang<lb/>
gefunden haben.</p><lb/>
          <p>Es hat zwar ehedem von ver&#x017F;chiedenen Gelehrten<lb/>
behauptet werden wollen, daß ein &#x017F;olches Geba&#x0364;ude<lb/>
noch heutiges Tages in Egypten vorhanden &#x017F;ey. Al-<lb/>
lein, ich erinnere mich in einem engli&#x017F;chen Schrift-<lb/>
&#x017F;teller gele&#x017F;en zu haben, daß ein reicher und for&#x017F;chbe-<lb/>
gieriger Engla&#x0364;nder bloß die&#x017F;erhalb eine Rei&#x017F;e nach Egy-<lb/>
pten gethan habe, um die Wahrheit hiervon &#x017F;elb&#x017F;t zu<lb/>
unter&#x017F;uchen, und wahrzunehmen, ob eben die&#x017F;e Mit-<lb/>
tagslinie ohne Abweichung noch vorhanden &#x017F;ey. Sei-<lb/>
ne Rei&#x017F;e aber i&#x017F;t fruchtlos gewe&#x017F;en, und er hat weder<lb/>
an denen noch vorhandenen Piramyden, noch &#x017F;on&#x017F;t an<lb/>
einem andern Monument etwas finden ko&#x0364;nnen, wor-<lb/>
an zu erkennen gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, daß es zu Be&#x017F;timmung<lb/>
und Wahrnehmung einer Mittagslinie erbauet wor-<lb/>
den &#x017F;ey.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">P</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[225/0253] zu verſchiedenen Mahlen ſeine Stelle. wahrnehmen koͤnne, wenn es von Zeit zu Zeit Mon- archen gegeben haͤtte, welche auf eine ſo edle Art geneigt geweſen waͤren, anſehnliche Koſten aufzuwenden; ſo wuͤrde es in der gegenwaͤrtigen Frage gar nicht ſchwehr ſeyn, zu einer richtigen und ungezweifelten Entſchei- dung zu gelangen. So bald die Pole ſich durch eine fortdaurende langſame Bewegung nach und nach ver- aͤndern; ſo kann auch ein Gebaͤude, das vor einigen hundert Jahren durch ſeine dabey angebrachten Kenn- zeichen eine richtige Mittagslinie angezeiget hat, nicht mehr eben dieſe Dienſte leiſten; und man muß die Groͤße der Abweichung und die Art und Weiſe derſel- ben daran ſofort erkennen. Es iſt in der That ein be- daurenswuͤrdiger Verluſt, daß die zu dieſem Endzweck in dem Alterthum erbaueten Gebaͤude ihren Untergang gefunden haben. Es hat zwar ehedem von verſchiedenen Gelehrten behauptet werden wollen, daß ein ſolches Gebaͤude noch heutiges Tages in Egypten vorhanden ſey. Al- lein, ich erinnere mich in einem engliſchen Schrift- ſteller geleſen zu haben, daß ein reicher und forſchbe- gieriger Englaͤnder bloß dieſerhalb eine Reiſe nach Egy- pten gethan habe, um die Wahrheit hiervon ſelbſt zu unterſuchen, und wahrzunehmen, ob eben dieſe Mit- tagslinie ohne Abweichung noch vorhanden ſey. Sei- ne Reiſe aber iſt fruchtlos geweſen, und er hat weder an denen noch vorhandenen Piramyden, noch ſonſt an einem andern Monument etwas finden koͤnnen, wor- an zu erkennen geweſen waͤre, daß es zu Beſtimmung und Wahrnehmung einer Mittagslinie erbauet wor- den ſey. Jch P

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/253
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/253>, abgerufen am 24.11.2024.