Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

VI. Abschn. Das Meer verändert
selben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe
verzeichnete. Freylich müssen bey diesen Beobachtun-
gen verschiedene Umstände in genauen Betracht gezo-
gen werden. Man müßte nicht allein die Höhe und
den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be-
merken; sondern man müßte auch zugleich diese Beob-
achtungen nach dem Lauf des Monden, sowohl über-
haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob-
acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann,
daß diese Umstände bey der Ebbe und Fluth des Mee-
res einen großen Einfluß haben.

Eine solche Abnahme und Verminderung des Mee-
res ist auch in Europa in mehrern Ländern beobachtet
worden, und durch die augenscheinlichsten Beweise
ganz außer Zweifel gesetzt. Es ereignet sich dieses in-
sonderheit in Jtalien. Viele Städte, von welchen
wir aus denen römischen Geschichtschreibern wissen, daß
sie damahls an dem Meere gelegen gewesen sind, und
gute Seehäfen gehabt haben, befinden sich jetzo eine
halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man
sagen, daß die jetzigen Städte nicht eben auf denjeni-
gen Platz bey so vielen Zerstöhrungen und Verwüstun-
gen, die in Jtalien durch die häufigen Kriege vorge-
gangen sind, wieder erbauet worden wären, wo eben
diese Städte gleiches Nahmens bey denen Römern ge-
standen haben; so ist ein solcher Einwurf zwar leicht
vorzubringen, aber schwehr zu erweisen. Bey allen
Zerstöhrungen und Verwüstungen der Städte blei-
bet dennoch immer vor die Einwohner viel übrig,
das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und

nutzbar

VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert
ſelben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe
verzeichnete. Freylich muͤſſen bey dieſen Beobachtun-
gen verſchiedene Umſtaͤnde in genauen Betracht gezo-
gen werden. Man muͤßte nicht allein die Hoͤhe und
den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be-
merken; ſondern man muͤßte auch zugleich dieſe Beob-
achtungen nach dem Lauf des Monden, ſowohl uͤber-
haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob-
acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann,
daß dieſe Umſtaͤnde bey der Ebbe und Fluth des Mee-
res einen großen Einfluß haben.

Eine ſolche Abnahme und Verminderung des Mee-
res iſt auch in Europa in mehrern Laͤndern beobachtet
worden, und durch die augenſcheinlichſten Beweiſe
ganz außer Zweifel geſetzt. Es ereignet ſich dieſes in-
ſonderheit in Jtalien. Viele Staͤdte, von welchen
wir aus denen roͤmiſchen Geſchichtſchreibern wiſſen, daß
ſie damahls an dem Meere gelegen geweſen ſind, und
gute Seehaͤfen gehabt haben, befinden ſich jetzo eine
halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man
ſagen, daß die jetzigen Staͤdte nicht eben auf denjeni-
gen Platz bey ſo vielen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtun-
gen, die in Jtalien durch die haͤufigen Kriege vorge-
gangen ſind, wieder erbauet worden waͤren, wo eben
dieſe Staͤdte gleiches Nahmens bey denen Roͤmern ge-
ſtanden haben; ſo iſt ein ſolcher Einwurf zwar leicht
vorzubringen, aber ſchwehr zu erweiſen. Bey allen
Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtungen der Staͤdte blei-
bet dennoch immer vor die Einwohner viel uͤbrig,
das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und

nutzbar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0242" n="214"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VI.</hi> Ab&#x017F;chn. Das Meer vera&#x0364;ndert</hi></fw><lb/>
&#x017F;elben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe<lb/>
verzeichnete. Freylich mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en bey die&#x017F;en Beobachtun-<lb/>
gen ver&#x017F;chiedene Um&#x017F;ta&#x0364;nde in genauen Betracht gezo-<lb/>
gen werden. Man mu&#x0364;ßte nicht allein die Ho&#x0364;he und<lb/>
den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be-<lb/>
merken; &#x017F;ondern man mu&#x0364;ßte auch zugleich die&#x017F;e Beob-<lb/>
achtungen nach dem Lauf des Monden, &#x017F;owohl u&#x0364;ber-<lb/>
haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob-<lb/>
acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann,<lb/>
daß die&#x017F;e Um&#x017F;ta&#x0364;nde bey der Ebbe und Fluth des Mee-<lb/>
res einen großen Einfluß haben.</p><lb/>
          <p>Eine &#x017F;olche Abnahme und Verminderung des Mee-<lb/>
res i&#x017F;t auch in Europa in mehrern La&#x0364;ndern beobachtet<lb/>
worden, und durch die augen&#x017F;cheinlich&#x017F;ten Bewei&#x017F;e<lb/>
ganz außer Zweifel ge&#x017F;etzt. Es ereignet &#x017F;ich die&#x017F;es in-<lb/>
&#x017F;onderheit in Jtalien. Viele Sta&#x0364;dte, von welchen<lb/>
wir aus denen ro&#x0364;mi&#x017F;chen Ge&#x017F;chicht&#x017F;chreibern wi&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
&#x017F;ie damahls an dem Meere gelegen gewe&#x017F;en &#x017F;ind, und<lb/>
gute Seeha&#x0364;fen gehabt haben, befinden &#x017F;ich jetzo eine<lb/>
halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man<lb/>
&#x017F;agen, daß die jetzigen Sta&#x0364;dte nicht eben auf denjeni-<lb/>
gen Platz bey &#x017F;o vielen Zer&#x017F;to&#x0364;hrungen und Verwu&#x0364;&#x017F;tun-<lb/>
gen, die in Jtalien durch die ha&#x0364;ufigen Kriege vorge-<lb/>
gangen &#x017F;ind, wieder erbauet worden wa&#x0364;ren, wo eben<lb/>
die&#x017F;e Sta&#x0364;dte gleiches Nahmens bey denen Ro&#x0364;mern ge-<lb/>
&#x017F;tanden haben; &#x017F;o i&#x017F;t ein &#x017F;olcher Einwurf zwar leicht<lb/>
vorzubringen, aber &#x017F;chwehr zu erwei&#x017F;en. Bey allen<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;hrungen und Verwu&#x0364;&#x017F;tungen der Sta&#x0364;dte blei-<lb/>
bet dennoch immer vor die Einwohner viel u&#x0364;brig,<lb/>
das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nutzbar</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[214/0242] VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert ſelben ein Maaß von Fuß und Zolle mit Oehlfarbe verzeichnete. Freylich muͤſſen bey dieſen Beobachtun- gen verſchiedene Umſtaͤnde in genauen Betracht gezo- gen werden. Man muͤßte nicht allein die Hoͤhe und den Stand des Meeres bey der Ebbe und Fluth be- merken; ſondern man muͤßte auch zugleich dieſe Beob- achtungen nach dem Lauf des Monden, ſowohl uͤber- haupt, als zur Zeit der Sonnenwende in genaue Ob- acht nehmen; weil man nunmehro nicht zweifeln kann, daß dieſe Umſtaͤnde bey der Ebbe und Fluth des Mee- res einen großen Einfluß haben. Eine ſolche Abnahme und Verminderung des Mee- res iſt auch in Europa in mehrern Laͤndern beobachtet worden, und durch die augenſcheinlichſten Beweiſe ganz außer Zweifel geſetzt. Es ereignet ſich dieſes in- ſonderheit in Jtalien. Viele Staͤdte, von welchen wir aus denen roͤmiſchen Geſchichtſchreibern wiſſen, daß ſie damahls an dem Meere gelegen geweſen ſind, und gute Seehaͤfen gehabt haben, befinden ſich jetzo eine halbe Meile und weiter davon entfernet. Wollte man ſagen, daß die jetzigen Staͤdte nicht eben auf denjeni- gen Platz bey ſo vielen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtun- gen, die in Jtalien durch die haͤufigen Kriege vorge- gangen ſind, wieder erbauet worden waͤren, wo eben dieſe Staͤdte gleiches Nahmens bey denen Roͤmern ge- ſtanden haben; ſo iſt ein ſolcher Einwurf zwar leicht vorzubringen, aber ſchwehr zu erweiſen. Bey allen Zerſtoͤhrungen und Verwuͤſtungen der Staͤdte blei- bet dennoch immer vor die Einwohner viel uͤbrig, das ihnen bey ihrer Wiederaufbauung bequehm und nutzbar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/242
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/242>, abgerufen am 05.05.2024.