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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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der Pole und Himmelsgegenden.
bon ereignete, hat sich das Wasser in einer See ohn-
weit Göttingen mit einem großen Geräusche über zwölf
Fuß hoch in die Höhe erhoben, einen bey der See
vorbeygehenden Fahrweg überschwemmet, und dieses
erstaunliche Aufwallen des Wassers zu drey verschiede-
nen Mahlen wiederholet. Dieses wurde bey meinem
Aufenthalt in Göttingen an die dasige Academie der
Wissenschaften mit allen Umständen ausführlich einbe-
richtet; und eben dieses ist in der großen See bey
Soldin in der Neumark und an verschiedenen andern
Orthen geschehen, wie damahls in denen Zeitungen ge-
meldet wurde. Es fällt von selbst in die Augen, daß der-
gleichen Begebenheiten sich nicht hätten ereignen kön-
nen, wenn nicht die Wasser auf und unter der Erde
eine Gemeinschaft und Zusammenhang mit einander
hätten; denn sonst hätten die Stöße von dem Erdbe-
ben, das zu Lissabon vorfiel, in eben dem Zeitpuncte
in einer solchen Entfernung von fast vierhundert Mei-
len sich nicht so augenscheinlich und außerordentlich zu
Tage legen können.

Ein Cörper, der eine solche Beschaffenheit hat,
daß er nicht in allen seinen Theilen fest zusammen-
hängt, sondern mit Wasser und andern fremden Ma-
terien untermischt ist, muß natürlicher Weise durch
seine Bewegung um seine Axe und durch seinen be-
ständigen Fortlauf eine solche Figur annehmen, daß
er nicht vollkommen rund seyn kann, sondern an sei-
nen Polen etwas eingedrückt ist. Dieses ist die na-
türliche Folge, die aus dem Mangel seiner nicht voll-
kommen zusammenhängenden Theile, und aus der
natürlichen Schwehre seiner festen Theile entstehet.

Man
M 3

der Pole und Himmelsgegenden.
bon ereignete, hat ſich das Waſſer in einer See ohn-
weit Goͤttingen mit einem großen Geraͤuſche uͤber zwoͤlf
Fuß hoch in die Hoͤhe erhoben, einen bey der See
vorbeygehenden Fahrweg uͤberſchwemmet, und dieſes
erſtaunliche Aufwallen des Waſſers zu drey verſchiede-
nen Mahlen wiederholet. Dieſes wurde bey meinem
Aufenthalt in Goͤttingen an die daſige Academie der
Wiſſenſchaften mit allen Umſtaͤnden ausfuͤhrlich einbe-
richtet; und eben dieſes iſt in der großen See bey
Soldin in der Neumark und an verſchiedenen andern
Orthen geſchehen, wie damahls in denen Zeitungen ge-
meldet wurde. Es faͤllt von ſelbſt in die Augen, daß der-
gleichen Begebenheiten ſich nicht haͤtten ereignen koͤn-
nen, wenn nicht die Waſſer auf und unter der Erde
eine Gemeinſchaft und Zuſammenhang mit einander
haͤtten; denn ſonſt haͤtten die Stoͤße von dem Erdbe-
ben, das zu Liſſabon vorfiel, in eben dem Zeitpuncte
in einer ſolchen Entfernung von faſt vierhundert Mei-
len ſich nicht ſo augenſcheinlich und außerordentlich zu
Tage legen koͤnnen.

Ein Coͤrper, der eine ſolche Beſchaffenheit hat,
daß er nicht in allen ſeinen Theilen feſt zuſammen-
haͤngt, ſondern mit Waſſer und andern fremden Ma-
terien untermiſcht iſt, muß natuͤrlicher Weiſe durch
ſeine Bewegung um ſeine Axe und durch ſeinen be-
ſtaͤndigen Fortlauf eine ſolche Figur annehmen, daß
er nicht vollkommen rund ſeyn kann, ſondern an ſei-
nen Polen etwas eingedruͤckt iſt. Dieſes iſt die na-
tuͤrliche Folge, die aus dem Mangel ſeiner nicht voll-
kommen zuſammenhaͤngenden Theile, und aus der
natuͤrlichen Schwehre ſeiner feſten Theile entſtehet.

Man
M 3
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[181/0209] der Pole und Himmelsgegenden. bon ereignete, hat ſich das Waſſer in einer See ohn- weit Goͤttingen mit einem großen Geraͤuſche uͤber zwoͤlf Fuß hoch in die Hoͤhe erhoben, einen bey der See vorbeygehenden Fahrweg uͤberſchwemmet, und dieſes erſtaunliche Aufwallen des Waſſers zu drey verſchiede- nen Mahlen wiederholet. Dieſes wurde bey meinem Aufenthalt in Goͤttingen an die daſige Academie der Wiſſenſchaften mit allen Umſtaͤnden ausfuͤhrlich einbe- richtet; und eben dieſes iſt in der großen See bey Soldin in der Neumark und an verſchiedenen andern Orthen geſchehen, wie damahls in denen Zeitungen ge- meldet wurde. Es faͤllt von ſelbſt in die Augen, daß der- gleichen Begebenheiten ſich nicht haͤtten ereignen koͤn- nen, wenn nicht die Waſſer auf und unter der Erde eine Gemeinſchaft und Zuſammenhang mit einander haͤtten; denn ſonſt haͤtten die Stoͤße von dem Erdbe- ben, das zu Liſſabon vorfiel, in eben dem Zeitpuncte in einer ſolchen Entfernung von faſt vierhundert Mei- len ſich nicht ſo augenſcheinlich und außerordentlich zu Tage legen koͤnnen. Ein Coͤrper, der eine ſolche Beſchaffenheit hat, daß er nicht in allen ſeinen Theilen feſt zuſammen- haͤngt, ſondern mit Waſſer und andern fremden Ma- terien untermiſcht iſt, muß natuͤrlicher Weiſe durch ſeine Bewegung um ſeine Axe und durch ſeinen be- ſtaͤndigen Fortlauf eine ſolche Figur annehmen, daß er nicht vollkommen rund ſeyn kann, ſondern an ſei- nen Polen etwas eingedruͤckt iſt. Dieſes iſt die na- tuͤrliche Folge, die aus dem Mangel ſeiner nicht voll- kommen zuſammenhaͤngenden Theile, und aus der natuͤrlichen Schwehre ſeiner feſten Theile entſtehet. Man M 3

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/209>, abgerufen am 05.05.2024.