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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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der Pole und Himmelsgegenden.
nur bis auf ein Jahr erstrecket, nämlich von der Zeit
an, da die Wolken des Himmels und die Brunnen
der Tiefe sich zu ergießen angefangen haben, bis zur
gänzlichen Austrocknung des Erdbodens. Wenn man
billig seyn will; so muß man zugestehen, daß die Was-
ser der Sündfluth ein Vierteljahr Zeit nöthig ge-
habt haben, bis zu ihrer äußersten Höhe zu steigen;
und eben eine so lange Zeit muß man einräumen,
wenn sie wieder haben abnehmen, sich verlaufen, und
den Erdboden wieder in einen trockenen Zustand setzen
können. Es bleibt also nur ein halbes Jahr Zeit
übrig, in welcher die Cörper der Elephanten ohne Hin-
terniß der Gebirge, an welche sie angetrieben seyn wür-
den, bis nach Teutschland, durch die Wasser der Sünd-
fluth hätten fortgetrieben werden können. Allein,
dieser Zeitraum, in welchem das am besten beseegelte
Schiff kaum einen solchen entfernten Weg zurücklegen
konnte, ist viel zu kurz, als daß ein Elephantencör-
per bey so oft veränderten Winden, und zwar der
nichts weniger als zu einem schnellen Forttriebe auf
dem Wasser geschickt ist, bis dahin hätte gelangen
können. Es ist also offenbar wider alle Wahrschein-
lichkeit, daß die in Teutschland sich so häufig vorfin-
dende Elephantengeribbe daher ihren Uhrsprung ha-
ben sollten, daß sie durch die Wasser der Sündfluth
aus ihrem so entfernten natürlichen Aufenthalte bis
nach Teutschland fortgetrieben und daselbst unter dem
Schlamme begraben seyn sollten. Vielmehr muß
ein jeder nachdenkender und vernünftiger Mensch zu-
geben, daß Teutschland und die benachbarten Länder
ehedem solche Himmelsgegenden gewesen sind, wo

die
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der Pole und Himmelsgegenden.
nur bis auf ein Jahr erſtrecket, naͤmlich von der Zeit
an, da die Wolken des Himmels und die Brunnen
der Tiefe ſich zu ergießen angefangen haben, bis zur
gaͤnzlichen Austrocknung des Erdbodens. Wenn man
billig ſeyn will; ſo muß man zugeſtehen, daß die Waſ-
ſer der Suͤndfluth ein Vierteljahr Zeit noͤthig ge-
habt haben, bis zu ihrer aͤußerſten Hoͤhe zu ſteigen;
und eben eine ſo lange Zeit muß man einraͤumen,
wenn ſie wieder haben abnehmen, ſich verlaufen, und
den Erdboden wieder in einen trockenen Zuſtand ſetzen
koͤnnen. Es bleibt alſo nur ein halbes Jahr Zeit
uͤbrig, in welcher die Coͤrper der Elephanten ohne Hin-
terniß der Gebirge, an welche ſie angetrieben ſeyn wuͤr-
den, bis nach Teutſchland, durch die Waſſer der Suͤnd-
fluth haͤtten fortgetrieben werden koͤnnen. Allein,
dieſer Zeitraum, in welchem das am beſten beſeegelte
Schiff kaum einen ſolchen entfernten Weg zuruͤcklegen
konnte, iſt viel zu kurz, als daß ein Elephantencoͤr-
per bey ſo oft veraͤnderten Winden, und zwar der
nichts weniger als zu einem ſchnellen Forttriebe auf
dem Waſſer geſchickt iſt, bis dahin haͤtte gelangen
koͤnnen. Es iſt alſo offenbar wider alle Wahrſchein-
lichkeit, daß die in Teutſchland ſich ſo haͤufig vorfin-
dende Elephantengeribbe daher ihren Uhrſprung ha-
ben ſollten, daß ſie durch die Waſſer der Suͤndfluth
aus ihrem ſo entfernten natuͤrlichen Aufenthalte bis
nach Teutſchland fortgetrieben und daſelbſt unter dem
Schlamme begraben ſeyn ſollten. Vielmehr muß
ein jeder nachdenkender und vernuͤnftiger Menſch zu-
geben, daß Teutſchland und die benachbarten Laͤnder
ehedem ſolche Himmelsgegenden geweſen ſind, wo

die
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[167/0195] der Pole und Himmelsgegenden. nur bis auf ein Jahr erſtrecket, naͤmlich von der Zeit an, da die Wolken des Himmels und die Brunnen der Tiefe ſich zu ergießen angefangen haben, bis zur gaͤnzlichen Austrocknung des Erdbodens. Wenn man billig ſeyn will; ſo muß man zugeſtehen, daß die Waſ- ſer der Suͤndfluth ein Vierteljahr Zeit noͤthig ge- habt haben, bis zu ihrer aͤußerſten Hoͤhe zu ſteigen; und eben eine ſo lange Zeit muß man einraͤumen, wenn ſie wieder haben abnehmen, ſich verlaufen, und den Erdboden wieder in einen trockenen Zuſtand ſetzen koͤnnen. Es bleibt alſo nur ein halbes Jahr Zeit uͤbrig, in welcher die Coͤrper der Elephanten ohne Hin- terniß der Gebirge, an welche ſie angetrieben ſeyn wuͤr- den, bis nach Teutſchland, durch die Waſſer der Suͤnd- fluth haͤtten fortgetrieben werden koͤnnen. Allein, dieſer Zeitraum, in welchem das am beſten beſeegelte Schiff kaum einen ſolchen entfernten Weg zuruͤcklegen konnte, iſt viel zu kurz, als daß ein Elephantencoͤr- per bey ſo oft veraͤnderten Winden, und zwar der nichts weniger als zu einem ſchnellen Forttriebe auf dem Waſſer geſchickt iſt, bis dahin haͤtte gelangen koͤnnen. Es iſt alſo offenbar wider alle Wahrſchein- lichkeit, daß die in Teutſchland ſich ſo haͤufig vorfin- dende Elephantengeribbe daher ihren Uhrſprung ha- ben ſollten, daß ſie durch die Waſſer der Suͤndfluth aus ihrem ſo entfernten natuͤrlichen Aufenthalte bis nach Teutſchland fortgetrieben und daſelbſt unter dem Schlamme begraben ſeyn ſollten. Vielmehr muß ein jeder nachdenkender und vernuͤnftiger Menſch zu- geben, daß Teutſchland und die benachbarten Laͤnder ehedem ſolche Himmelsgegenden geweſen ſind, wo die L 4

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/195>, abgerufen am 01.05.2024.