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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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der Erde ein unterirrdisches Feuer ist.
uns alle Erfahrungen auf dem ganzen Erdcörper gera-
de das Gegentheil. Hohe Gebirge, auch in solchen
Himmelsgegenden, die ein sehr gemäßigtes oder so
gar heißes Clima in denen dabey angränzenden Ebe-
nen haben, lassen allemahl eine empfindliche Kälte
auf sich wahrnehmen. Diese Erfahrung ist zu be-
kannt und zu allgemein, als daß ich nöthig hätte,
Beyspiele besonderer Länder hierbey anzuführen. Als
ich im Jahr 1751 eine Reise von Wien aus nach Marien-
zell that, hauptsächlich, um auf dieser Reise die ho-
hen Niederösterreichischen Felsengebirge, davon ich
oben im ersten Abschnitte geredet habe, in Absicht auf
Harzgänge zu untersuchen; so reisete ich in einer recht
brennenden Hitze des Julii von Wien aus. Kaum
aber befand ich mich in der Mitte dieser Gebirge, als
ich von einer sehr empfindlichen Kälte, und so gar von
einem anhaltenden Schnee überfallen wurde, und bey
einem leichten, der Wiener Hitze gemäßen, Anzuge nach-
theilige Folgen auf meine Gesundheit davon empfand.
Man weis in denen an den Harz angränzenden Ge-
genden von Thüringen genugsam, daß in denen
Harzgebirgen öfters bereits ein Schnee etliche Fuß tief
liegt, wenn in dem platten Lande von Thüringen
noch eine sehr angenehme und warme Herbstwitterung
statt findet. Kurz, diese Beschaffenheit, in Anse-
hung der Wärme und Witterung, veroffenbahren
alle hohe Gebirge auf dem ganzen Erdboden; sie mö-
gen sich auch in einer noch so warmen Himmelsgegend
befinden. So gar unweit der Linie hat es mit denen
Gebirgen oder sehr hoch liegenden Ebenen keine an-
dere Beschaffenheit. Als der Herr de la Condamine

wegen
J

der Erde ein unterirrdiſches Feuer iſt.
uns alle Erfahrungen auf dem ganzen Erdcoͤrper gera-
de das Gegentheil. Hohe Gebirge, auch in ſolchen
Himmelsgegenden, die ein ſehr gemaͤßigtes oder ſo
gar heißes Clima in denen dabey angraͤnzenden Ebe-
nen haben, laſſen allemahl eine empfindliche Kaͤlte
auf ſich wahrnehmen. Dieſe Erfahrung iſt zu be-
kannt und zu allgemein, als daß ich noͤthig haͤtte,
Beyſpiele beſonderer Laͤnder hierbey anzufuͤhren. Als
ich im Jahr 1751 eine Reiſe von Wien aus nach Marien-
zell that, hauptſaͤchlich, um auf dieſer Reiſe die ho-
hen Niederoͤſterreichiſchen Felſengebirge, davon ich
oben im erſten Abſchnitte geredet habe, in Abſicht auf
Harzgaͤnge zu unterſuchen; ſo reiſete ich in einer recht
brennenden Hitze des Julii von Wien aus. Kaum
aber befand ich mich in der Mitte dieſer Gebirge, als
ich von einer ſehr empfindlichen Kaͤlte, und ſo gar von
einem anhaltenden Schnee uͤberfallen wurde, und bey
einem leichten, der Wiener Hitze gemaͤßen, Anzuge nach-
theilige Folgen auf meine Geſundheit davon empfand.
Man weis in denen an den Harz angraͤnzenden Ge-
genden von Thuͤringen genugſam, daß in denen
Harzgebirgen oͤfters bereits ein Schnee etliche Fuß tief
liegt, wenn in dem platten Lande von Thuͤringen
noch eine ſehr angenehme und warme Herbſtwitterung
ſtatt findet. Kurz, dieſe Beſchaffenheit, in Anſe-
hung der Waͤrme und Witterung, veroffenbahren
alle hohe Gebirge auf dem ganzen Erdboden; ſie moͤ-
gen ſich auch in einer noch ſo warmen Himmelsgegend
befinden. So gar unweit der Linie hat es mit denen
Gebirgen oder ſehr hoch liegenden Ebenen keine an-
dere Beſchaffenheit. Als der Herr de la Condamine

wegen
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[129/0157] der Erde ein unterirrdiſches Feuer iſt. uns alle Erfahrungen auf dem ganzen Erdcoͤrper gera- de das Gegentheil. Hohe Gebirge, auch in ſolchen Himmelsgegenden, die ein ſehr gemaͤßigtes oder ſo gar heißes Clima in denen dabey angraͤnzenden Ebe- nen haben, laſſen allemahl eine empfindliche Kaͤlte auf ſich wahrnehmen. Dieſe Erfahrung iſt zu be- kannt und zu allgemein, als daß ich noͤthig haͤtte, Beyſpiele beſonderer Laͤnder hierbey anzufuͤhren. Als ich im Jahr 1751 eine Reiſe von Wien aus nach Marien- zell that, hauptſaͤchlich, um auf dieſer Reiſe die ho- hen Niederoͤſterreichiſchen Felſengebirge, davon ich oben im erſten Abſchnitte geredet habe, in Abſicht auf Harzgaͤnge zu unterſuchen; ſo reiſete ich in einer recht brennenden Hitze des Julii von Wien aus. Kaum aber befand ich mich in der Mitte dieſer Gebirge, als ich von einer ſehr empfindlichen Kaͤlte, und ſo gar von einem anhaltenden Schnee uͤberfallen wurde, und bey einem leichten, der Wiener Hitze gemaͤßen, Anzuge nach- theilige Folgen auf meine Geſundheit davon empfand. Man weis in denen an den Harz angraͤnzenden Ge- genden von Thuͤringen genugſam, daß in denen Harzgebirgen oͤfters bereits ein Schnee etliche Fuß tief liegt, wenn in dem platten Lande von Thuͤringen noch eine ſehr angenehme und warme Herbſtwitterung ſtatt findet. Kurz, dieſe Beſchaffenheit, in Anſe- hung der Waͤrme und Witterung, veroffenbahren alle hohe Gebirge auf dem ganzen Erdboden; ſie moͤ- gen ſich auch in einer noch ſo warmen Himmelsgegend befinden. So gar unweit der Linie hat es mit denen Gebirgen oder ſehr hoch liegenden Ebenen keine an- dere Beſchaffenheit. Als der Herr de la Condamine wegen J

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/157>, abgerufen am 01.05.2024.