Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Abschn. Von denen verschiedenen
und wo wollten so viele Schiffe, welche alle Meere be-
fahren, einen tüchtigen Ankergrund finden, wenn der
Grund des Meeres allenthalben von dem Wasser auf-
geweichet wäre. Es ist aber bekannt, daß ein guter
Ankergrund gar nicht selten ist, und daß es vielmehr
sich nicht gar oft ereignet, einen schlammigten und
morastigen Boden in den Meeren anzutreffen.

Wenn es aber auch auf irgend einige Art möglich
gewesen wäre, daß sich alle Erdarten auf unserm Pla-
neten durch die Wasser der Sündfluth hätten loswei-
chen und aufrühren können; so würden deshalb nichts-
weniger als die verschiedenen Erd- und Steinschichten
dadurch haben entstehen können, die wir bey der Ein-
grabung in den Erdboden finden. Diejenigen, wel-
che diese verschiedenen Erdlagen durch die Sündfluth
entstehen lassen, sehen sich genöthiget, zu einer an-
dern Ungereimtheit und ganz ohnmöglichen Sache ihre
Zuflucht zu nehmen. Sie müssen sich nämlich vorstel-
len, daß, als die Wasser der Sündfluth zur Ruhe
gekommen, und sich die aufgerührten Erdarten wie-
der niedergeschlagen hätten, nur allemahl gleichartige
oder homogene Theile von einerley Erdart zu gleicher
Zeit und auf einmahl zu Boden gesunken wären.
Denn eine jede von diesen Erd- und Steinschichten be-
stehet gemeiniglich aus einerley und eben derselben
gleichförmigen Erd- oder Steinart. Allein, wie kann
man sich solches nur einigermaßen als möglich vorstel-
len. Natürlicher Weise hätten sich die gröbern und
schwehrern Theile zuerst niederschlagen müssen. Die-
se müßten also zu unterst liegen. Alsdenn hätten die

Erdarten

II. Abſchn. Von denen verſchiedenen
und wo wollten ſo viele Schiffe, welche alle Meere be-
fahren, einen tuͤchtigen Ankergrund finden, wenn der
Grund des Meeres allenthalben von dem Waſſer auf-
geweichet waͤre. Es iſt aber bekannt, daß ein guter
Ankergrund gar nicht ſelten iſt, und daß es vielmehr
ſich nicht gar oft ereignet, einen ſchlammigten und
moraſtigen Boden in den Meeren anzutreffen.

Wenn es aber auch auf irgend einige Art moͤglich
geweſen waͤre, daß ſich alle Erdarten auf unſerm Pla-
neten durch die Waſſer der Suͤndfluth haͤtten loswei-
chen und aufruͤhren koͤnnen; ſo wuͤrden deshalb nichts-
weniger als die verſchiedenen Erd- und Steinſchichten
dadurch haben entſtehen koͤnnen, die wir bey der Ein-
grabung in den Erdboden finden. Diejenigen, wel-
che dieſe verſchiedenen Erdlagen durch die Suͤndfluth
entſtehen laſſen, ſehen ſich genoͤthiget, zu einer an-
dern Ungereimtheit und ganz ohnmoͤglichen Sache ihre
Zuflucht zu nehmen. Sie muͤſſen ſich naͤmlich vorſtel-
len, daß, als die Waſſer der Suͤndfluth zur Ruhe
gekommen, und ſich die aufgeruͤhrten Erdarten wie-
der niedergeſchlagen haͤtten, nur allemahl gleichartige
oder homogene Theile von einerley Erdart zu gleicher
Zeit und auf einmahl zu Boden geſunken waͤren.
Denn eine jede von dieſen Erd- und Steinſchichten be-
ſtehet gemeiniglich aus einerley und eben derſelben
gleichfoͤrmigen Erd- oder Steinart. Allein, wie kann
man ſich ſolches nur einigermaßen als moͤglich vorſtel-
len. Natuͤrlicher Weiſe haͤtten ſich die groͤbern und
ſchwehrern Theile zuerſt niederſchlagen muͤſſen. Die-
ſe muͤßten alſo zu unterſt liegen. Alsdenn haͤtten die

Erdarten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0118" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Ab&#x017F;chn. Von denen ver&#x017F;chiedenen</hi></fw><lb/>
und wo wollten &#x017F;o viele Schiffe, welche alle Meere be-<lb/>
fahren, einen tu&#x0364;chtigen Ankergrund finden, wenn der<lb/>
Grund des Meeres allenthalben von dem Wa&#x017F;&#x017F;er auf-<lb/>
geweichet wa&#x0364;re. Es i&#x017F;t aber bekannt, daß ein guter<lb/>
Ankergrund gar nicht &#x017F;elten i&#x017F;t, und daß es vielmehr<lb/>
&#x017F;ich nicht gar oft ereignet, einen &#x017F;chlammigten und<lb/>
mora&#x017F;tigen Boden in den Meeren anzutreffen.</p><lb/>
          <p>Wenn es aber auch auf irgend einige Art mo&#x0364;glich<lb/>
gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, daß &#x017F;ich alle Erdarten auf un&#x017F;erm Pla-<lb/>
neten durch die Wa&#x017F;&#x017F;er der Su&#x0364;ndfluth ha&#x0364;tten loswei-<lb/>
chen und aufru&#x0364;hren ko&#x0364;nnen; &#x017F;o wu&#x0364;rden deshalb nichts-<lb/>
weniger als die ver&#x017F;chiedenen Erd- und Stein&#x017F;chichten<lb/>
dadurch haben ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen, die wir bey der Ein-<lb/>
grabung in den Erdboden finden. Diejenigen, wel-<lb/>
che die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen Erdlagen durch die Su&#x0364;ndfluth<lb/>
ent&#x017F;tehen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ehen &#x017F;ich geno&#x0364;thiget, zu einer an-<lb/>
dern Ungereimtheit und ganz ohnmo&#x0364;glichen Sache ihre<lb/>
Zuflucht zu nehmen. Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich na&#x0364;mlich vor&#x017F;tel-<lb/>
len, daß, als die Wa&#x017F;&#x017F;er der Su&#x0364;ndfluth zur Ruhe<lb/>
gekommen, und &#x017F;ich die aufgeru&#x0364;hrten Erdarten wie-<lb/>
der niederge&#x017F;chlagen ha&#x0364;tten, nur allemahl gleichartige<lb/>
oder homogene Theile von einerley Erdart zu gleicher<lb/>
Zeit und auf einmahl zu Boden ge&#x017F;unken wa&#x0364;ren.<lb/>
Denn eine jede von die&#x017F;en Erd- und Stein&#x017F;chichten be-<lb/>
&#x017F;tehet gemeiniglich aus einerley und eben der&#x017F;elben<lb/>
gleichfo&#x0364;rmigen Erd- oder Steinart. Allein, wie kann<lb/>
man &#x017F;ich &#x017F;olches nur einigermaßen als mo&#x0364;glich vor&#x017F;tel-<lb/>
len. Natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e ha&#x0364;tten &#x017F;ich die gro&#x0364;bern und<lb/>
&#x017F;chwehrern Theile zuer&#x017F;t nieder&#x017F;chlagen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die-<lb/>
&#x017F;e mu&#x0364;ßten al&#x017F;o zu unter&#x017F;t liegen. Alsdenn ha&#x0364;tten die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Erdarten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0118] II. Abſchn. Von denen verſchiedenen und wo wollten ſo viele Schiffe, welche alle Meere be- fahren, einen tuͤchtigen Ankergrund finden, wenn der Grund des Meeres allenthalben von dem Waſſer auf- geweichet waͤre. Es iſt aber bekannt, daß ein guter Ankergrund gar nicht ſelten iſt, und daß es vielmehr ſich nicht gar oft ereignet, einen ſchlammigten und moraſtigen Boden in den Meeren anzutreffen. Wenn es aber auch auf irgend einige Art moͤglich geweſen waͤre, daß ſich alle Erdarten auf unſerm Pla- neten durch die Waſſer der Suͤndfluth haͤtten loswei- chen und aufruͤhren koͤnnen; ſo wuͤrden deshalb nichts- weniger als die verſchiedenen Erd- und Steinſchichten dadurch haben entſtehen koͤnnen, die wir bey der Ein- grabung in den Erdboden finden. Diejenigen, wel- che dieſe verſchiedenen Erdlagen durch die Suͤndfluth entſtehen laſſen, ſehen ſich genoͤthiget, zu einer an- dern Ungereimtheit und ganz ohnmoͤglichen Sache ihre Zuflucht zu nehmen. Sie muͤſſen ſich naͤmlich vorſtel- len, daß, als die Waſſer der Suͤndfluth zur Ruhe gekommen, und ſich die aufgeruͤhrten Erdarten wie- der niedergeſchlagen haͤtten, nur allemahl gleichartige oder homogene Theile von einerley Erdart zu gleicher Zeit und auf einmahl zu Boden geſunken waͤren. Denn eine jede von dieſen Erd- und Steinſchichten be- ſtehet gemeiniglich aus einerley und eben derſelben gleichfoͤrmigen Erd- oder Steinart. Allein, wie kann man ſich ſolches nur einigermaßen als moͤglich vorſtel- len. Natuͤrlicher Weiſe haͤtten ſich die groͤbern und ſchwehrern Theile zuerſt niederſchlagen muͤſſen. Die- ſe muͤßten alſo zu unterſt liegen. Alsdenn haͤtten die Erdarten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/118
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/118>, abgerufen am 03.05.2024.