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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

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ses erfordert nicht allein die Beförderung der Geschick-
lichkeit, die zu Erhaltung der Manufacturen und
überhaupt zum Aufnehmen des Nahrungsstandes so
nothwendig ist; sondern es ist solches auch der natür-
lichen Billigkeit gemäß; indem arme und reiche gleich-
mäßig Unterthanen des Staats und Mitglieder des
gemeinen Wesens sind, die ein gleiches Recht haben,
sich zu nähren, weil sie an der gemeinschaftlichen Glück-
seeligkeit, dem Endzwecke der Republiken, gleiches Recht
und Anspruch haben. Alle andere Einrichtungen sind
Policeygebrechen, die fast in allen Staaten sehr viel
und groß sind. Man siehet von selbst leicht ein, daß
nach diesen Grundsätzen bey solchen Prüfungen weder
auf die Beschaffenheit eines Meisters Sohnes, noch
auf die Heirath mit eines Meisters Witwe oder Toch-
ter, noch auf andre solche Umstände, welche die Zünfte
unter andern ungeheuren Mißbräuchen eingeführet ha-
ben, der geringste Betracht gemacht werden muß. Hierher
muß man auch die Einschränkung rechnen, welche die
meisten Handwerker eingeführet haben, daß ein jeder
Meister nur ein oder zwey Lehrlinge zu halten befugt
ist. Das heißt die Frucht des Fleißes und der Ge-
schicklichkeit, sowohl als die Erweiterung des Nah-
rungsgeschäftes, das dem Staate so nützlich ist, unter-
drücken und nur darauf bedacht zu seyn, daß die unge-
schickten und trägen Meister mit durch geschleppet
werden, als worauf alle Verfassungen der Zünfte
hinauslaufen.

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der Manufacturen und Fabriken.
ſes erfordert nicht allein die Befoͤrderung der Geſchick-
lichkeit, die zu Erhaltung der Manufacturen und
uͤberhaupt zum Aufnehmen des Nahrungsſtandes ſo
nothwendig iſt; ſondern es iſt ſolches auch der natuͤr-
lichen Billigkeit gemaͤß; indem arme und reiche gleich-
maͤßig Unterthanen des Staats und Mitglieder des
gemeinen Weſens ſind, die ein gleiches Recht haben,
ſich zu naͤhren, weil ſie an der gemeinſchaftlichen Gluͤck-
ſeeligkeit, dem Endzwecke der Republiken, gleiches Recht
und Anſpruch haben. Alle andere Einrichtungen ſind
Policeygebrechen, die faſt in allen Staaten ſehr viel
und groß ſind. Man ſiehet von ſelbſt leicht ein, daß
nach dieſen Grundſaͤtzen bey ſolchen Pruͤfungen weder
auf die Beſchaffenheit eines Meiſters Sohnes, noch
auf die Heirath mit eines Meiſters Witwe oder Toch-
ter, noch auf andre ſolche Umſtaͤnde, welche die Zuͤnfte
unter andern ungeheuren Mißbraͤuchen eingefuͤhret ha-
ben, der geringſte Betracht gemacht werden muß. Hierher
muß man auch die Einſchraͤnkung rechnen, welche die
meiſten Handwerker eingefuͤhret haben, daß ein jeder
Meiſter nur ein oder zwey Lehrlinge zu halten befugt
iſt. Das heißt die Frucht des Fleißes und der Ge-
ſchicklichkeit, ſowohl als die Erweiterung des Nah-
rungsgeſchaͤftes, das dem Staate ſo nuͤtzlich iſt, unter-
druͤcken und nur darauf bedacht zu ſeyn, daß die unge-
ſchickten und traͤgen Meiſter mit durch geſchleppet
werden, als worauf alle Verfaſſungen der Zuͤnfte
hinauslaufen.

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[229/0257] der Manufacturen und Fabriken. ſes erfordert nicht allein die Befoͤrderung der Geſchick- lichkeit, die zu Erhaltung der Manufacturen und uͤberhaupt zum Aufnehmen des Nahrungsſtandes ſo nothwendig iſt; ſondern es iſt ſolches auch der natuͤr- lichen Billigkeit gemaͤß; indem arme und reiche gleich- maͤßig Unterthanen des Staats und Mitglieder des gemeinen Weſens ſind, die ein gleiches Recht haben, ſich zu naͤhren, weil ſie an der gemeinſchaftlichen Gluͤck- ſeeligkeit, dem Endzwecke der Republiken, gleiches Recht und Anſpruch haben. Alle andere Einrichtungen ſind Policeygebrechen, die faſt in allen Staaten ſehr viel und groß ſind. Man ſiehet von ſelbſt leicht ein, daß nach dieſen Grundſaͤtzen bey ſolchen Pruͤfungen weder auf die Beſchaffenheit eines Meiſters Sohnes, noch auf die Heirath mit eines Meiſters Witwe oder Toch- ter, noch auf andre ſolche Umſtaͤnde, welche die Zuͤnfte unter andern ungeheuren Mißbraͤuchen eingefuͤhret ha- ben, der geringſte Betracht gemacht werden muß. Hierher muß man auch die Einſchraͤnkung rechnen, welche die meiſten Handwerker eingefuͤhret haben, daß ein jeder Meiſter nur ein oder zwey Lehrlinge zu halten befugt iſt. Das heißt die Frucht des Fleißes und der Ge- ſchicklichkeit, ſowohl als die Erweiterung des Nah- rungsgeſchaͤftes, das dem Staate ſo nuͤtzlich iſt, unter- druͤcken und nur darauf bedacht zu ſeyn, daß die unge- ſchickten und traͤgen Meiſter mit durch geſchleppet werden, als worauf alle Verfaſſungen der Zuͤnfte hinauslaufen. Unter P 3

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/257>, abgerufen am 24.11.2024.