Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.IV. Absch. von denen Hindernissen so müssen sie nothwendig theuer seyn. Jnsonderheithabe ich |bemerket, daß es in solchen Staaten, unge- achtet des wenigen darinnen befindlichen Geldes, den- noch sehr theuer ist, wo die Bürger und Einwohner wenig Fleiß bezeigen und dennoch herrlich und wohl leben wollen. Wenn der Handwerksmann wenig Lust zu arbeiten hat und doch alle Tage gut Eßen, Wein und Caffee haben, auch sich prächtig in Kleidern zeigen will, so muß er nothwendig die wenige Arbeit, die er verfertiget in sehr hohen Preiß setzen; und gleichwie ein Handwerksmann vermöge der eingerissenen Ueppig- keit es dem andern bald nachzuthun pfleget; so entste- het gar bald eine algemeine Theurung der nöthigsten Arbeiten, so daß nichts wohlfeil bleibt, als das Ge- traide in fruchtbaren Jahren. Dieses ist das Bild von den meisten Staaten in Teutschland, wenn man eini- ge Evangelische Staaten, die sich auf Commercien und Manufacturen appliciren, ausnimmt: ja es ist das Bild fast von allen andern Staaten, wo keine Com- mercien und Manufacturen blühen und eine schlechte Policey ist. Allein es ist ein sehr betrübter Zustand, der dem Wachsthum der Manufacturen fast alle Hof- nung abspricht. So glücklich der Zustand eines Lan- des ist, worinnen eine Ueppigkeit herrschet, die mit Lan- deswaaren getrieben wird und die eine Frucht des Fleißes seiner Einwohner ist; so elend ist die Beschaf- fenheit eines Landes, das Ueppigkeit mit fremden Waa- ren und in Verbindung mit der Faulheit treibet. Der gänzliche Verfall des Nahrungsstandes und das volle Verderben des Staats kann nicht lange ausbleiben. Gleich-
IV. Abſch. von denen Hinderniſſen ſo muͤſſen ſie nothwendig theuer ſeyn. Jnſonderheithabe ich |bemerket, daß es in ſolchen Staaten, unge- achtet des wenigen darinnen befindlichen Geldes, den- noch ſehr theuer iſt, wo die Buͤrger und Einwohner wenig Fleiß bezeigen und dennoch herrlich und wohl leben wollen. Wenn der Handwerksmann wenig Luſt zu arbeiten hat und doch alle Tage gut Eßen, Wein und Caffee haben, auch ſich praͤchtig in Kleidern zeigen will, ſo muß er nothwendig die wenige Arbeit, die er verfertiget in ſehr hohen Preiß ſetzen; und gleichwie ein Handwerksmann vermoͤge der eingeriſſenen Ueppig- keit es dem andern bald nachzuthun pfleget; ſo entſte- het gar bald eine algemeine Theurung der noͤthigſten Arbeiten, ſo daß nichts wohlfeil bleibt, als das Ge- traide in fruchtbaren Jahren. Dieſes iſt das Bild von den meiſten Staaten in Teutſchland, wenn man eini- ge Evangeliſche Staaten, die ſich auf Commercien und Manufacturen appliciren, ausnimmt: ja es iſt das Bild faſt von allen andern Staaten, wo keine Com- mercien und Manufacturen bluͤhen und eine ſchlechte Policey iſt. Allein es iſt ein ſehr betruͤbter Zuſtand, der dem Wachsthum der Manufacturen faſt alle Hof- nung abſpricht. So gluͤcklich der Zuſtand eines Lan- des iſt, worinnen eine Ueppigkeit herrſchet, die mit Lan- deswaaren getrieben wird und die eine Frucht des Fleißes ſeiner Einwohner iſt; ſo elend iſt die Beſchaf- fenheit eines Landes, das Ueppigkeit mit fremden Waa- ren und in Verbindung mit der Faulheit treibet. Der gaͤnzliche Verfall des Nahrungsſtandes und das volle Verderben des Staats kann nicht lange ausbleiben. Gleich-
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IV. Abſch. von denen Hinderniſſen
ſo muͤſſen ſie nothwendig theuer ſeyn. Jnſonderheit
habe ich |bemerket, daß es in ſolchen Staaten, unge-
achtet des wenigen darinnen befindlichen Geldes, den-
noch ſehr theuer iſt, wo die Buͤrger und Einwohner
wenig Fleiß bezeigen und dennoch herrlich und wohl
leben wollen. Wenn der Handwerksmann wenig Luſt
zu arbeiten hat und doch alle Tage gut Eßen, Wein
und Caffee haben, auch ſich praͤchtig in Kleidern zeigen
will, ſo muß er nothwendig die wenige Arbeit, die er
verfertiget in ſehr hohen Preiß ſetzen; und gleichwie
ein Handwerksmann vermoͤge der eingeriſſenen Ueppig-
keit es dem andern bald nachzuthun pfleget; ſo entſte-
het gar bald eine algemeine Theurung der noͤthigſten
Arbeiten, ſo daß nichts wohlfeil bleibt, als das Ge-
traide in fruchtbaren Jahren. Dieſes iſt das Bild von
den meiſten Staaten in Teutſchland, wenn man eini-
ge Evangeliſche Staaten, die ſich auf Commercien und
Manufacturen appliciren, ausnimmt: ja es iſt das
Bild faſt von allen andern Staaten, wo keine Com-
mercien und Manufacturen bluͤhen und eine ſchlechte
Policey iſt. Allein es iſt ein ſehr betruͤbter Zuſtand,
der dem Wachsthum der Manufacturen faſt alle Hof-
nung abſpricht. So gluͤcklich der Zuſtand eines Lan-
des iſt, worinnen eine Ueppigkeit herrſchet, die mit Lan-
deswaaren getrieben wird und die eine Frucht des
Fleißes ſeiner Einwohner iſt; ſo elend iſt die Beſchaf-
fenheit eines Landes, das Ueppigkeit mit fremden Waa-
ren und in Verbindung mit der Faulheit treibet. Der
gaͤnzliche Verfall des Nahrungsſtandes und das volle
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