Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Absch. von denen Beförderungsmitteln
Wilhelm von Preußen zur Regierung kam; so war die
Landwirthschaft in seinen Staaten in schlechtem Zu-
stande. Es wollten sich nicht einmal Pachter zu denen
Cammergüthern finden. Allein das gnädige Auge,
womit dieser kluge König einen fleißigen und geschick-
ten Landwirth ansah, die Charactere von Amtmännern
und Oberamtmännern, womit er so gar auch einen
vernünftigen Bauer begnadigte, wenn er eine Domaine
pachtete und in der Landwirthschaftskunst etwas vor-
zügliches leistete, brachte die Landoeconomie gar bald
in Flohr. Die Folge davon war, daß sich bey ieder
Licitation der Cammergüther eine große Menge Pach-
ter fanden, welche den Pacht nach und nach dergestalt
steigerten, daß die meisten Cammergüther noch zwey-
mal so viel Einkünfte brachten, als sie bey Anfang sei-
ner Regierung eingetragen hatten. Jn der That hat
ein Regent bloß an denen zu ertheilenden Characteren
eine unerschöpfliche Quelle seine Unterthanen zu allen
denenjenigen Gewerben und Nahrungsgeschäften auf-
zumuntern, die dem Lande nützlich sind, wenn er näm-
lich diese Charactere mit Weisheit austheilet. Diese
Weisheit kommt fast lediglich darauf an, daß sie nie-
mals bloß vor Geld erkaufet werden können, sondern
daß derjenige, welcher damit bekleidet werden soll, in
seiner Lebensart und Gewerbe etwas besonderes dem
Lande nützliches geleistet haben muß. Wenn man sich
zur festen und unverbrüchlichen Regel setzet, daß kein
Besitzer eines Landguthes einen Character erhalten kann,
der nicht neue, nützliche oder wenigstens im Lande noch
nicht eingeführte Erfindungen und Beartungsarten in der

Land

III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln
Wilhelm von Preußen zur Regierung kam; ſo war die
Landwirthſchaft in ſeinen Staaten in ſchlechtem Zu-
ſtande. Es wollten ſich nicht einmal Pachter zu denen
Cammerguͤthern finden. Allein das gnaͤdige Auge,
womit dieſer kluge Koͤnig einen fleißigen und geſchick-
ten Landwirth anſah, die Charactere von Amtmaͤnnern
und Oberamtmaͤnnern, womit er ſo gar auch einen
vernuͤnftigen Bauer begnadigte, wenn er eine Domaine
pachtete und in der Landwirthſchaftskunſt etwas vor-
zuͤgliches leiſtete, brachte die Landoeconomie gar bald
in Flohr. Die Folge davon war, daß ſich bey ieder
Licitation der Cammerguͤther eine große Menge Pach-
ter fanden, welche den Pacht nach und nach dergeſtalt
ſteigerten, daß die meiſten Cammerguͤther noch zwey-
mal ſo viel Einkuͤnfte brachten, als ſie bey Anfang ſei-
ner Regierung eingetragen hatten. Jn der That hat
ein Regent bloß an denen zu ertheilenden Characteren
eine unerſchoͤpfliche Quelle ſeine Unterthanen zu allen
denenjenigen Gewerben und Nahrungsgeſchaͤften auf-
zumuntern, die dem Lande nuͤtzlich ſind, wenn er naͤm-
lich dieſe Charactere mit Weisheit austheilet. Dieſe
Weisheit kommt faſt lediglich darauf an, daß ſie nie-
mals bloß vor Geld erkaufet werden koͤnnen, ſondern
daß derjenige, welcher damit bekleidet werden ſoll, in
ſeiner Lebensart und Gewerbe etwas beſonderes dem
Lande nuͤtzliches geleiſtet haben muß. Wenn man ſich
zur feſten und unverbruͤchlichen Regel ſetzet, daß kein
Beſitzer eines Landguthes einen Character erhalten kann,
der nicht neue, nuͤtzliche oder wenigſtens im Lande noch
nicht eingefuͤhrte Erfindungen und Beartungsarten in der

Land
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0160" n="132"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ab&#x017F;ch. von denen Befo&#x0364;rderungsmitteln</hi></fw><lb/>
Wilhelm von Preußen zur Regierung kam; &#x017F;o war die<lb/>
Landwirth&#x017F;chaft in &#x017F;einen Staaten in &#x017F;chlechtem Zu-<lb/>
&#x017F;tande. Es wollten &#x017F;ich nicht einmal Pachter zu denen<lb/>
Cammergu&#x0364;thern finden. Allein das gna&#x0364;dige Auge,<lb/>
womit die&#x017F;er kluge Ko&#x0364;nig einen fleißigen und ge&#x017F;chick-<lb/>
ten Landwirth an&#x017F;ah, die Charactere von Amtma&#x0364;nnern<lb/>
und Oberamtma&#x0364;nnern, womit er &#x017F;o gar auch einen<lb/>
vernu&#x0364;nftigen Bauer begnadigte, wenn er eine Domaine<lb/>
pachtete und in der Landwirth&#x017F;chaftskun&#x017F;t etwas vor-<lb/>
zu&#x0364;gliches lei&#x017F;tete, brachte die Landoeconomie gar bald<lb/>
in Flohr. Die Folge davon war, daß &#x017F;ich bey ieder<lb/>
Licitation der Cammergu&#x0364;ther eine große Menge Pach-<lb/>
ter fanden, welche den Pacht nach und nach derge&#x017F;talt<lb/>
&#x017F;teigerten, daß die mei&#x017F;ten Cammergu&#x0364;ther noch zwey-<lb/>
mal &#x017F;o viel Einku&#x0364;nfte brachten, als &#x017F;ie bey Anfang &#x017F;ei-<lb/>
ner Regierung eingetragen hatten. Jn der That hat<lb/>
ein Regent bloß an denen zu ertheilenden Characteren<lb/>
eine uner&#x017F;cho&#x0364;pfliche Quelle &#x017F;eine Unterthanen zu allen<lb/>
denenjenigen Gewerben und Nahrungsge&#x017F;cha&#x0364;ften auf-<lb/>
zumuntern, die dem Lande nu&#x0364;tzlich &#x017F;ind, wenn er na&#x0364;m-<lb/>
lich die&#x017F;e Charactere mit Weisheit austheilet. Die&#x017F;e<lb/>
Weisheit kommt fa&#x017F;t lediglich darauf an, daß &#x017F;ie nie-<lb/>
mals bloß vor Geld erkaufet werden ko&#x0364;nnen, &#x017F;ondern<lb/>
daß derjenige, welcher damit bekleidet werden &#x017F;oll, in<lb/>
&#x017F;einer Lebensart und Gewerbe etwas be&#x017F;onderes dem<lb/>
Lande nu&#x0364;tzliches gelei&#x017F;tet haben muß. Wenn man &#x017F;ich<lb/>
zur fe&#x017F;ten und unverbru&#x0364;chlichen Regel &#x017F;etzet, daß kein<lb/>
Be&#x017F;itzer eines Landguthes einen Character erhalten kann,<lb/>
der nicht neue, nu&#x0364;tzliche oder wenig&#x017F;tens im Lande noch<lb/>
nicht eingefu&#x0364;hrte Erfindungen und Beartungsarten in der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Land</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0160] III. Abſch. von denen Befoͤrderungsmitteln Wilhelm von Preußen zur Regierung kam; ſo war die Landwirthſchaft in ſeinen Staaten in ſchlechtem Zu- ſtande. Es wollten ſich nicht einmal Pachter zu denen Cammerguͤthern finden. Allein das gnaͤdige Auge, womit dieſer kluge Koͤnig einen fleißigen und geſchick- ten Landwirth anſah, die Charactere von Amtmaͤnnern und Oberamtmaͤnnern, womit er ſo gar auch einen vernuͤnftigen Bauer begnadigte, wenn er eine Domaine pachtete und in der Landwirthſchaftskunſt etwas vor- zuͤgliches leiſtete, brachte die Landoeconomie gar bald in Flohr. Die Folge davon war, daß ſich bey ieder Licitation der Cammerguͤther eine große Menge Pach- ter fanden, welche den Pacht nach und nach dergeſtalt ſteigerten, daß die meiſten Cammerguͤther noch zwey- mal ſo viel Einkuͤnfte brachten, als ſie bey Anfang ſei- ner Regierung eingetragen hatten. Jn der That hat ein Regent bloß an denen zu ertheilenden Characteren eine unerſchoͤpfliche Quelle ſeine Unterthanen zu allen denenjenigen Gewerben und Nahrungsgeſchaͤften auf- zumuntern, die dem Lande nuͤtzlich ſind, wenn er naͤm- lich dieſe Charactere mit Weisheit austheilet. Dieſe Weisheit kommt faſt lediglich darauf an, daß ſie nie- mals bloß vor Geld erkaufet werden koͤnnen, ſondern daß derjenige, welcher damit bekleidet werden ſoll, in ſeiner Lebensart und Gewerbe etwas beſonderes dem Lande nuͤtzliches geleiſtet haben muß. Wenn man ſich zur feſten und unverbruͤchlichen Regel ſetzet, daß kein Beſitzer eines Landguthes einen Character erhalten kann, der nicht neue, nuͤtzliche oder wenigſtens im Lande noch nicht eingefuͤhrte Erfindungen und Beartungsarten in der Land

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/160
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/160>, abgerufen am 28.04.2024.