§. 13. Diejenigen erschaffenen Dinge, welche ein Vergnügen hervorbringen, sind schön; welche aber auch zugleich die Leibes- und Seelenkräfte vollkommener machen, die sind auch gut. Die Schönheit und Güte der Dinge kann in der That und Wahr- heit dem Zwecke der wahren Glückseligkeit entsprechen, und in diesem Falle sind sie wah- re Schönheit, wahre Güte, das Verlan- gen nach denselben ist edel, folglich sind die Bedürfnisse dieser Dinge nüzlich, und ver- dienen befriediget zu werden.
§. 14. Wenn der Wirkungskreis eines Menschen, eines Volkes oder Staates, in die- ser Richtung wirkt, so geht seine Jndustrie, seine Cultur, den Gang der wahren Verfei- nerung, zur Glückseligkeit. Jch kann also die Bedürfnisse, welche dahin zielen, erhö- hende Bedürfnisse nennen, sie sind zwar zufällig, aber wesentlich nüzlich. Die Ge- schichte der Menschheit zeigt Menschenvölker und Staaten in Jünglings- und Männerjah- ren, wo sie mehr oder weniger Vollkommen- heit und wahre Richtung zum Zwecke der Ver- feinerung haben.
§. 15.
A 4
Beduͤrfniß-Lehre
§. 13. Diejenigen erſchaffenen Dinge, welche ein Vergnuͤgen hervorbringen, ſind ſchoͤn; welche aber auch zugleich die Leibes- und Seelenkraͤfte vollkommener machen, die ſind auch gut. Die Schoͤnheit und Guͤte der Dinge kann in der That und Wahr- heit dem Zwecke der wahren Gluͤckſeligkeit entſprechen, und in dieſem Falle ſind ſie wah- re Schoͤnheit, wahre Guͤte, das Verlan- gen nach denſelben iſt edel, folglich ſind die Beduͤrfniſſe dieſer Dinge nuͤzlich, und ver- dienen befriediget zu werden.
§. 14. Wenn der Wirkungskreis eines Menſchen, eines Volkes oder Staates, in die- ſer Richtung wirkt, ſo geht ſeine Jnduſtrie, ſeine Cultur, den Gang der wahren Verfei- nerung, zur Gluͤckſeligkeit. Jch kann alſo die Beduͤrfniſſe, welche dahin zielen, erhoͤ- hende Beduͤrfniſſe nennen, ſie ſind zwar zufaͤllig, aber weſentlich nuͤzlich. Die Ge- ſchichte der Menſchheit zeigt Menſchenvoͤlker und Staaten in Juͤnglings- und Maͤnnerjah- ren, wo ſie mehr oder weniger Vollkommen- heit und wahre Richtung zum Zwecke der Ver- feinerung haben.
§. 15.
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Beduͤrfniß-Lehre
§. 13. Diejenigen erſchaffenen Dinge,
welche ein Vergnuͤgen hervorbringen, ſind
ſchoͤn; welche aber auch zugleich die Leibes-
und Seelenkraͤfte vollkommener machen, die
ſind auch gut. Die Schoͤnheit und Guͤte
der Dinge kann in der That und Wahr-
heit dem Zwecke der wahren Gluͤckſeligkeit
entſprechen, und in dieſem Falle ſind ſie wah-
re Schoͤnheit, wahre Guͤte, das Verlan-
gen nach denſelben iſt edel, folglich ſind die
Beduͤrfniſſe dieſer Dinge nuͤzlich, und ver-
dienen befriediget zu werden.
§. 14. Wenn der Wirkungskreis eines
Menſchen, eines Volkes oder Staates, in die-
ſer Richtung wirkt, ſo geht ſeine Jnduſtrie,
ſeine Cultur, den Gang der wahren Verfei-
nerung, zur Gluͤckſeligkeit. Jch kann alſo
die Beduͤrfniſſe, welche dahin zielen, erhoͤ-
hende Beduͤrfniſſe nennen, ſie ſind zwar
zufaͤllig, aber weſentlich nuͤzlich. Die Ge-
ſchichte der Menſchheit zeigt Menſchenvoͤlker
und Staaten in Juͤnglings- und Maͤnnerjah-
ren, wo ſie mehr oder weniger Vollkommen-
heit und wahre Richtung zum Zwecke der Ver-
feinerung haben.
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/27>, abgerufen am 16.02.2025.
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