* Jch verstehe hier unter der Finanzwis- senschaft die eigentliche Kameralwissen- schaften.
§. 426. Die Staatsbedürfnisse sind eigent- lich zweierlei: erstlich solche, die die Staats- verwaltung hervorbringt, und zweitens die Bedürfnisse der gesezgebenden Gewalt. Bei- derlei Gattungen müssen befriediget werden, und dieses geschieht durch allerhand Abga- ben, die der Staatswirth theils nur einzu- kassiren, theils aber auch zugleich selber zu bestimmen hat.
§. 427. Die Gefälle, welche der Staats- wirth nur einzukassiren hat, sind solche, wel- che entweder durch Verträge und Contrakte mit dem Staate weder erhöht noch vermin- dert werden, sondern nach gewissen Grund- säzen, und unter gewissen Bedingen unver- änderlich sind. Die mehresten Gefälle aber sind gewisser Masen der Willkühr des Für- sten unterworfen. Doch verbindet ihn Pflicht und Gewissen, der einzelnen und allgemei- nen Glückseligkeit durch übertriebene Aufla- gen nicht zu schaden.
§. 428.
Allgemeine
* Jch verſtehe hier unter der Finanzwiſ- ſenſchaft die eigentliche Kameralwiſſen- ſchaften.
§. 426. Die Staatsbeduͤrfniſſe ſind eigent- lich zweierlei: erſtlich ſolche, die die Staats- verwaltung hervorbringt, und zweitens die Beduͤrfniſſe der geſezgebenden Gewalt. Bei- derlei Gattungen muͤſſen befriediget werden, und dieſes geſchieht durch allerhand Abga- ben, die der Staatswirth theils nur einzu- kaſſiren, theils aber auch zugleich ſelber zu beſtimmen hat.
§. 427. Die Gefaͤlle, welche der Staats- wirth nur einzukaſſiren hat, ſind ſolche, wel- che entweder durch Vertraͤge und Contrakte mit dem Staate weder erhoͤht noch vermin- dert werden, ſondern nach gewiſſen Grund- ſaͤzen, und unter gewiſſen Bedingen unver- aͤnderlich ſind. Die mehreſten Gefaͤlle aber ſind gewiſſer Maſen der Willkuͤhr des Fuͤr- ſten unterworfen. Doch verbindet ihn Pflicht und Gewiſſen, der einzelnen und allgemei- nen Gluͤckſeligkeit durch uͤbertriebene Aufla- gen nicht zu ſchaden.
§. 428.
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Allgemeine
* Jch verſtehe hier unter der Finanzwiſ-
ſenſchaft die eigentliche Kameralwiſſen-
ſchaften.
§. 426. Die Staatsbeduͤrfniſſe ſind eigent-
lich zweierlei: erſtlich ſolche, die die Staats-
verwaltung hervorbringt, und zweitens die
Beduͤrfniſſe der geſezgebenden Gewalt. Bei-
derlei Gattungen muͤſſen befriediget werden,
und dieſes geſchieht durch allerhand Abga-
ben, die der Staatswirth theils nur einzu-
kaſſiren, theils aber auch zugleich ſelber zu
beſtimmen hat.
§. 427. Die Gefaͤlle, welche der Staats-
wirth nur einzukaſſiren hat, ſind ſolche, wel-
che entweder durch Vertraͤge und Contrakte
mit dem Staate weder erhoͤht noch vermin-
dert werden, ſondern nach gewiſſen Grund-
ſaͤzen, und unter gewiſſen Bedingen unver-
aͤnderlich ſind. Die mehreſten Gefaͤlle aber
ſind gewiſſer Maſen der Willkuͤhr des Fuͤr-
ſten unterworfen. Doch verbindet ihn Pflicht
und Gewiſſen, der einzelnen und allgemei-
nen Gluͤckſeligkeit durch uͤbertriebene Aufla-
gen nicht zu ſchaden.
§. 428.
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/232>, abgerufen am 08.07.2024.
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