Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite
Staatswissenschaft

§. 418. Wenn nun gleich alle Gewerbe
im Staate in den blühendsten Zustand gesezt
worden sind, und solcher Gestallt der gröste
Ertrag in allen Gewerben gewonnen wird,
so kann doch dieser Ertrag wieder auf man-
cherlei Weise geschwächt, mithin der Staat
mit seinen blühenden Gewerben unglücklich
werden. Dieses geschieht durch vielerlei Ur-
sachen, welche eine gute Polizei muß aus dem
Wege zu räumen suchen.

§. 419. Die wahre Pest so vieler einzel-
nen Menschen und so vieler Staaten, wel-
che den gänzlichen Umsturz nach sich zieht,
ist der Luxus, wenn nemlich die üppigen
Bedürfnisse in wesentliche verwandelt, und
also aus dem Ertrage befriediget werden:
daher soll die Polizei nach allem Vermö-
gen dem Luxus steuern
.

* Daß der Luxus höchst schädlich sei, be-
darf gar keines Beweises. Der Flor,
welchen er im Staate hervorbringt, ist
eine wahre Fieberhize, und keine Ge-
sundheit.

§. 420. Müsiggang, Bettelei und Träg-
heit der Erwerber zehren auch am Ertrage,

und
O
Staatswiſſenſchaft

§. 418. Wenn nun gleich alle Gewerbe
im Staate in den bluͤhendſten Zuſtand geſezt
worden ſind, und ſolcher Geſtallt der groͤſte
Ertrag in allen Gewerben gewonnen wird,
ſo kann doch dieſer Ertrag wieder auf man-
cherlei Weiſe geſchwaͤcht, mithin der Staat
mit ſeinen bluͤhenden Gewerben ungluͤcklich
werden. Dieſes geſchieht durch vielerlei Ur-
ſachen, welche eine gute Polizei muß aus dem
Wege zu raͤumen ſuchen.

§. 419. Die wahre Peſt ſo vieler einzel-
nen Menſchen und ſo vieler Staaten, wel-
che den gaͤnzlichen Umſturz nach ſich zieht,
iſt der Luxus, wenn nemlich die uͤppigen
Beduͤrfniſſe in weſentliche verwandelt, und
alſo aus dem Ertrage befriediget werden:
daher ſoll die Polizei nach allem Vermoͤ-
gen dem Luxus ſteuern
.

* Daß der Luxus hoͤchſt ſchaͤdlich ſei, be-
darf gar keines Beweiſes. Der Flor,
welchen er im Staate hervorbringt, iſt
eine wahre Fieberhize, und keine Ge-
ſundheit.

§. 420. Muͤſiggang, Bettelei und Traͤg-
heit der Erwerber zehren auch am Ertrage,

und
O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0229" n="209"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Staatswi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft</hi> </fw><lb/>
            <p>§. 418. Wenn nun gleich alle Gewerbe<lb/>
im Staate in den blu&#x0364;hend&#x017F;ten Zu&#x017F;tand ge&#x017F;ezt<lb/>
worden &#x017F;ind, und &#x017F;olcher Ge&#x017F;tallt der gro&#x0364;&#x017F;te<lb/>
Ertrag in allen Gewerben gewonnen wird,<lb/>
&#x017F;o kann doch die&#x017F;er Ertrag wieder auf man-<lb/>
cherlei Wei&#x017F;e ge&#x017F;chwa&#x0364;cht, mithin der Staat<lb/>
mit &#x017F;einen blu&#x0364;henden Gewerben unglu&#x0364;cklich<lb/>
werden. Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht durch vielerlei Ur-<lb/>
&#x017F;achen, welche eine gute Polizei muß aus dem<lb/>
Wege zu ra&#x0364;umen &#x017F;uchen.</p><lb/>
            <p>§. 419. Die wahre Pe&#x017F;t &#x017F;o vieler einzel-<lb/>
nen Men&#x017F;chen und &#x017F;o vieler Staaten, wel-<lb/>
che den ga&#x0364;nzlichen Um&#x017F;turz nach &#x017F;ich zieht,<lb/>
i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Luxus,</hi> wenn nemlich die u&#x0364;ppigen<lb/>
Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e in we&#x017F;entliche verwandelt, und<lb/>
al&#x017F;o aus dem Ertrage befriediget werden:<lb/><hi rendition="#fr">daher &#x017F;oll die Polizei nach allem Vermo&#x0364;-<lb/>
gen dem Luxus &#x017F;teuern</hi> <ref target="#*"/>.</p><lb/>
            <note place="end" n="*">Daß der Luxus ho&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;ei, be-<lb/>
darf gar keines Bewei&#x017F;es. Der Flor,<lb/>
welchen er im Staate hervorbringt, i&#x017F;t<lb/>
eine wahre Fieberhize, und keine Ge-<lb/>
&#x017F;undheit.</note><lb/>
            <p>§. 420. Mu&#x0364;&#x017F;iggang, Bettelei und Tra&#x0364;g-<lb/>
heit der Erwerber zehren auch am Ertrage,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0229] Staatswiſſenſchaft §. 418. Wenn nun gleich alle Gewerbe im Staate in den bluͤhendſten Zuſtand geſezt worden ſind, und ſolcher Geſtallt der groͤſte Ertrag in allen Gewerben gewonnen wird, ſo kann doch dieſer Ertrag wieder auf man- cherlei Weiſe geſchwaͤcht, mithin der Staat mit ſeinen bluͤhenden Gewerben ungluͤcklich werden. Dieſes geſchieht durch vielerlei Ur- ſachen, welche eine gute Polizei muß aus dem Wege zu raͤumen ſuchen. §. 419. Die wahre Peſt ſo vieler einzel- nen Menſchen und ſo vieler Staaten, wel- che den gaͤnzlichen Umſturz nach ſich zieht, iſt der Luxus, wenn nemlich die uͤppigen Beduͤrfniſſe in weſentliche verwandelt, und alſo aus dem Ertrage befriediget werden: daher ſoll die Polizei nach allem Vermoͤ- gen dem Luxus ſteuern . * Daß der Luxus hoͤchſt ſchaͤdlich ſei, be- darf gar keines Beweiſes. Der Flor, welchen er im Staate hervorbringt, iſt eine wahre Fieberhize, und keine Ge- ſundheit. §. 420. Muͤſiggang, Bettelei und Traͤg- heit der Erwerber zehren auch am Ertrage, und O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/229
Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/229>, abgerufen am 10.05.2024.