Eine Scene aus der Geisterwelt. Seinen Freunden und Verehrern von .... r ..
Vorerinnerung.
Stillings Tod in einem Gedicht zu verherrlichen, war von dem Tage an, wo er starb, mein fester Vorsatz. Ich konnte ihn aber nicht ausführen, ehe ich die umständliche Nachricht von seinen letzten Augenblicken hatte. Daher erscheint dieß Gedicht so spät, ohnehin da auch andere häufige Arbeiten mich an der Ausführung hinderten. Was den Plan betrifft: so glaubte ich, Stillings Ansichten im Allgemeinen folgen zu müssen; denn sein Geist, durch so manche Erfahrungen geläutert, mußte eben- deßwegen auch eine wahrere Ansicht von überirdischen Dingen haben, und so wenig wir auch die Ewigkeit zu durchschauen vermögen: so erhebend ist es doch für unser Gemüth, sich in die Geisterwelt gleichsam mit einem Zauberschlag zu versetzen, und die Feier der Belohnung eines Gerechten mitzubegehen. -- Als einer der wärmsten Verehrer des Verewigten glaubte ich auf diese Art ihm noch die letzte Ehre zu erweisen, und keiner seiner wahren Freunde wird mir das verargen. Ich nahm La- vaters Verklärung zum Muster, und da diese durch ihren innern Werth so vielen Beifall fand: so wird Stillings Siegesfeier wenigstens durch Stillings Namen eini- gen Werth erhalten.
Daß Stilling bei seinem Eintritt ins Lichtreich vieles von seiner Idee Abweichende gefunden haben wird, daran ist kein Zweifel; wer will, wer kann es aber deßwegen wehren, Vermu-
Stillings Siegesfeier.
Eine Scene aus der Geiſterwelt. Seinen Freunden und Verehrern von .... r ..
Vorerinnerung.
Stillings Tod in einem Gedicht zu verherrlichen, war von dem Tage an, wo er ſtarb, mein feſter Vorſatz. Ich konnte ihn aber nicht ausfuͤhren, ehe ich die umſtaͤndliche Nachricht von ſeinen letzten Augenblicken hatte. Daher erſcheint dieß Gedicht ſo ſpaͤt, ohnehin da auch andere haͤufige Arbeiten mich an der Ausfuͤhrung hinderten. Was den Plan betrifft: ſo glaubte ich, Stillings Anſichten im Allgemeinen folgen zu muͤſſen; denn ſein Geiſt, durch ſo manche Erfahrungen gelaͤutert, mußte eben- deßwegen auch eine wahrere Anſicht von uͤberirdiſchen Dingen haben, und ſo wenig wir auch die Ewigkeit zu durchſchauen vermoͤgen: ſo erhebend iſt es doch fuͤr unſer Gemuͤth, ſich in die Geiſterwelt gleichſam mit einem Zauberſchlag zu verſetzen, und die Feier der Belohnung eines Gerechten mitzubegehen. — Als einer der waͤrmſten Verehrer des Verewigten glaubte ich auf dieſe Art ihm noch die letzte Ehre zu erweiſen, und keiner ſeiner wahren Freunde wird mir das verargen. Ich nahm La- vaters Verklaͤrung zum Muſter, und da dieſe durch ihren innern Werth ſo vielen Beifall fand: ſo wird Stillings Siegesfeier wenigſtens durch Stillings Namen eini- gen Werth erhalten.
Daß Stilling bei ſeinem Eintritt ins Lichtreich vieles von ſeiner Idee Abweichende gefunden haben wird, daran iſt kein Zweifel; wer will, wer kann es aber deßwegen wehren, Vermu-
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[[669]/0679]
Stillings Siegesfeier.
Eine
Scene aus der Geiſterwelt.
Seinen Freunden und Verehrern von .... r ..
Vorerinnerung.
Stillings Tod in einem Gedicht zu verherrlichen, war von
dem Tage an, wo er ſtarb, mein feſter Vorſatz. Ich konnte ihn
aber nicht ausfuͤhren, ehe ich die umſtaͤndliche Nachricht von
ſeinen letzten Augenblicken hatte. Daher erſcheint dieß Gedicht
ſo ſpaͤt, ohnehin da auch andere haͤufige Arbeiten mich an der
Ausfuͤhrung hinderten. Was den Plan betrifft: ſo glaubte ich,
Stillings Anſichten im Allgemeinen folgen zu muͤſſen; denn
ſein Geiſt, durch ſo manche Erfahrungen gelaͤutert, mußte eben-
deßwegen auch eine wahrere Anſicht von uͤberirdiſchen Dingen
haben, und ſo wenig wir auch die Ewigkeit zu durchſchauen
vermoͤgen: ſo erhebend iſt es doch fuͤr unſer Gemuͤth, ſich in
die Geiſterwelt gleichſam mit einem Zauberſchlag zu verſetzen,
und die Feier der Belohnung eines Gerechten mitzubegehen. —
Als einer der waͤrmſten Verehrer des Verewigten glaubte ich
auf dieſe Art ihm noch die letzte Ehre zu erweiſen, und keiner
ſeiner wahren Freunde wird mir das verargen. Ich nahm La-
vaters Verklaͤrung zum Muſter, und da dieſe durch
ihren innern Werth ſo vielen Beifall fand: ſo wird Stillings
Siegesfeier wenigſtens durch Stillings Namen eini-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. [669]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/679>, abgerufen am 21.11.2024.
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