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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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Ach hätt'st du die liebe Mutter mein
Getödtet am hohligen Weg:,:
Ach, Schwesterlein lasset uns fröhlich seyn!
Wir sterben ja wundergern.
Sternelein blinzet zu Leide!
Der Mann nahm ein Messer scharf und spitz,
Und stieß es den Jungfräulein zart:,:
In ihr betrübtes Herzelein.
Zur Erde fielen sie hart.
Sternelein blinzet zu Leide!
Da fließet ein klares Bächelein hell
Herunter im grünigen Thal:,:
Fließ krumm herum, du Bächelein hell,
Bis in die weite See!
Sternelein blinzet zu Leide!
Da schlafen die Jungfräulein alle drei
Bis an den jüngsten Tag:,:
Sie schlafen da in kühliger Erd'
Bis an den jüngsten Tag.
Sternelein blinzet zu Leide?

Nun begann die Sonne unterzugehen, und Dortchen mit
ihrem Wilhelm hatten recht die Wonne der Wehmuth gefühlt.
Wie sie den Wald hinab gingen, durchdrang ein tödtlicher
Schauer Dortchens ganzen Leib. Sie zitterte von einer
kalten Empfindung, und es war ihr sauer, Stillings Haus
zu erreichen. Sie verfiel in ein hitziges Fieber. Wilhelm
war Tag und Nacht bei ihr. Nach vierzehn Tagen sagte sie
des Nachts um zwölf Uhr zu Wilhelmen: Komm, leg dich
zu Bette. Er zog sich aus, und legte sich zu ihr. Sie faßte
ihn in ihren rechten Arm, er lag mit seinem Kopf an ihre Brust.
Auf Einmal wurde er gewahr, daß das Pochen ihres Pulses
nachließ, und dann wieder ein paarmal klopfte. Er erstarrte
und rief seelzagend: Mariechen! Mariechen! Alles wurde
wacker und lief herzu. Da lag Wilhelm und empfing Dort-
chens
letzten Athemzug in seinen Mund. Sie war nun todt!!
Wilhelm war betäubt, und seine Seele wünschte nicht wie-
der zu sich selbst zu kommen; doch endlich stieg er aus dem

Ach hätt’ſt du die liebe Mutter mein
Getödtet am hohligen Weg:,:
Ach, Schweſterlein laſſet uns fröhlich ſeyn!
Wir ſterben ja wundergern.
Sternelein blinzet zu Leide!
Der Mann nahm ein Meſſer ſcharf und ſpitz,
Und ſtieß es den Jungfräulein zart:,:
In ihr betrübtes Herzelein.
Zur Erde fielen ſie hart.
Sternelein blinzet zu Leide!
Da fließet ein klares Bächelein hell
Herunter im grünigen Thal:,:
Fließ krumm herum, du Bächelein hell,
Bis in die weite See!
Sternelein blinzet zu Leide!
Da ſchlafen die Jungfräulein alle drei
Bis an den jüngſten Tag:,:
Sie ſchlafen da in kühliger Erd’
Bis an den jüngſten Tag.
Sternelein blinzet zu Leide?

Nun begann die Sonne unterzugehen, und Dortchen mit
ihrem Wilhelm hatten recht die Wonne der Wehmuth gefuͤhlt.
Wie ſie den Wald hinab gingen, durchdrang ein toͤdtlicher
Schauer Dortchens ganzen Leib. Sie zitterte von einer
kalten Empfindung, und es war ihr ſauer, Stillings Haus
zu erreichen. Sie verfiel in ein hitziges Fieber. Wilhelm
war Tag und Nacht bei ihr. Nach vierzehn Tagen ſagte ſie
des Nachts um zwoͤlf Uhr zu Wilhelmen: Komm, leg dich
zu Bette. Er zog ſich aus, und legte ſich zu ihr. Sie faßte
ihn in ihren rechten Arm, er lag mit ſeinem Kopf an ihre Bruſt.
Auf Einmal wurde er gewahr, daß das Pochen ihres Pulſes
nachließ, und dann wieder ein paarmal klopfte. Er erſtarrte
und rief ſeelzagend: Mariechen! Mariechen! Alles wurde
wacker und lief herzu. Da lag Wilhelm und empfing Dort-
chens
letzten Athemzug in ſeinen Mund. Sie war nun todt!!
Wilhelm war betaͤubt, und ſeine Seele wuͤnſchte nicht wie-
der zu ſich ſelbſt zu kommen; doch endlich ſtieg er aus dem

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[58/0066] Ach hätt’ſt du die liebe Mutter mein Getödtet am hohligen Weg:,: Ach, Schweſterlein laſſet uns fröhlich ſeyn! Wir ſterben ja wundergern. Sternelein blinzet zu Leide! Der Mann nahm ein Meſſer ſcharf und ſpitz, Und ſtieß es den Jungfräulein zart:,: In ihr betrübtes Herzelein. Zur Erde fielen ſie hart. Sternelein blinzet zu Leide! Da fließet ein klares Bächelein hell Herunter im grünigen Thal:,: Fließ krumm herum, du Bächelein hell, Bis in die weite See! Sternelein blinzet zu Leide! Da ſchlafen die Jungfräulein alle drei Bis an den jüngſten Tag:,: Sie ſchlafen da in kühliger Erd’ Bis an den jüngſten Tag. Sternelein blinzet zu Leide? Nun begann die Sonne unterzugehen, und Dortchen mit ihrem Wilhelm hatten recht die Wonne der Wehmuth gefuͤhlt. Wie ſie den Wald hinab gingen, durchdrang ein toͤdtlicher Schauer Dortchens ganzen Leib. Sie zitterte von einer kalten Empfindung, und es war ihr ſauer, Stillings Haus zu erreichen. Sie verfiel in ein hitziges Fieber. Wilhelm war Tag und Nacht bei ihr. Nach vierzehn Tagen ſagte ſie des Nachts um zwoͤlf Uhr zu Wilhelmen: Komm, leg dich zu Bette. Er zog ſich aus, und legte ſich zu ihr. Sie faßte ihn in ihren rechten Arm, er lag mit ſeinem Kopf an ihre Bruſt. Auf Einmal wurde er gewahr, daß das Pochen ihres Pulſes nachließ, und dann wieder ein paarmal klopfte. Er erſtarrte und rief ſeelzagend: Mariechen! Mariechen! Alles wurde wacker und lief herzu. Da lag Wilhelm und empfing Dort- chens letzten Athemzug in ſeinen Mund. Sie war nun todt!! Wilhelm war betaͤubt, und ſeine Seele wuͤnſchte nicht wie- der zu ſich ſelbſt zu kommen; doch endlich ſtieg er aus dem

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/66>, abgerufen am 24.11.2024.