der weiß, daß der erste Weg moralisch unmöglich war, dazu kam nun noch im Winter 1803 ein Vorfall, der ihn auch von Stillings Seite moralisch unmöglich machte, wie ich weiter unten gehörigen Orts erzählen werde.
Sich die Möglichkeit, oder wenigstens die Ausführbarkeit des zweiten Ausweges als ein Ziel der Hoffnung ausstecken zu wollen, wäre schwärmerische Eitelkeit, und wenn dann auch dies Ziel wäre erreicht worden, so konnte Stilling nicht von Marburg wegziehen: denn Vater Wilhelm war in solchen Umständen, daß er sich keine Stunde weit transporti- ren ließ, und ihn unter den Händen fremder Leuten zurückzu- lassen, das lag in Stillings und Elisens Kreis der Mög- lichkeit nicht. Und dann war ja auch Jakob noch nicht ver- sorgt; ihn zurückzulassen und aus der Ferne zu unterstützen, und noch dazu seine Amalie mitzunehmen, und von ihm zu trennen, das war, von allen Seiten betrachtet, zu hart; mit Einem Wort, es fanden sich auch in diesem Fall unübersteig- liche Schwierigkeiten.
So war Stillings Lage beschaffen; die mannigfaltigen Geschäfte und das drückende Verhältniß machten ihm das Le- ben schwer, und dann kam die gewöhnliche innerliche tiefe Schwermuth noch dazu, so daß er alle mögliche Leidens-Er- fahrungen, und einen beständigen Wandel in der Gegenwart Gottes, mit ununterbrochenem Wachen und Beten nöthig hatte, um nicht unter der Bürde zu erliegen. In diesen Umständen war also das Reisen wohlthätig für ihn, und dazu kam es nun auch wieder.
Das Heimweh und die Siegsgeschichte hatten ihm eine große Anzahl Freunde und Correspondenten aus allen Stän- den, Gelehrte und Ungelehrte, männlichen und weiblichen Ge- schlechts aus allen Provinzen Deutschlands, besonders aber aus dem Würtembergischen, und ganz vorzüglich aus der Schweiz verschafft. In St. Gallen, Schaffhau- sen, Winterthur, Zürich, Bern, Basel, und auch auf dem Lande hin und wieder, befanden sich viele Stillings- Freunde und Leser seiner Schriften; dann hatte auch der junge Kirchhofer, ein vortrefflicher Jüngling, der einzige Sohn
der weiß, daß der erſte Weg moraliſch unmoͤglich war, dazu kam nun noch im Winter 1803 ein Vorfall, der ihn auch von Stillings Seite moraliſch unmoͤglich machte, wie ich weiter unten gehoͤrigen Orts erzaͤhlen werde.
Sich die Moͤglichkeit, oder wenigſtens die Ausfuͤhrbarkeit des zweiten Ausweges als ein Ziel der Hoffnung ausſtecken zu wollen, waͤre ſchwaͤrmeriſche Eitelkeit, und wenn dann auch dies Ziel waͤre erreicht worden, ſo konnte Stilling nicht von Marburg wegziehen: denn Vater Wilhelm war in ſolchen Umſtaͤnden, daß er ſich keine Stunde weit transporti- ren ließ, und ihn unter den Haͤnden fremder Leuten zuruͤckzu- laſſen, das lag in Stillings und Eliſens Kreis der Moͤg- lichkeit nicht. Und dann war ja auch Jakob noch nicht ver- ſorgt; ihn zuruͤckzulaſſen und aus der Ferne zu unterſtuͤtzen, und noch dazu ſeine Amalie mitzunehmen, und von ihm zu trennen, das war, von allen Seiten betrachtet, zu hart; mit Einem Wort, es fanden ſich auch in dieſem Fall unuͤberſteig- liche Schwierigkeiten.
So war Stillings Lage beſchaffen; die mannigfaltigen Geſchaͤfte und das druͤckende Verhaͤltniß machten ihm das Le- ben ſchwer, und dann kam die gewoͤhnliche innerliche tiefe Schwermuth noch dazu, ſo daß er alle moͤgliche Leidens-Er- fahrungen, und einen beſtaͤndigen Wandel in der Gegenwart Gottes, mit ununterbrochenem Wachen und Beten noͤthig hatte, um nicht unter der Buͤrde zu erliegen. In dieſen Umſtaͤnden war alſo das Reiſen wohlthaͤtig fuͤr ihn, und dazu kam es nun auch wieder.
Das Heimweh und die Siegsgeſchichte hatten ihm eine große Anzahl Freunde und Correſpondenten aus allen Staͤn- den, Gelehrte und Ungelehrte, maͤnnlichen und weiblichen Ge- ſchlechts aus allen Provinzen Deutſchlands, beſonders aber aus dem Wuͤrtembergiſchen, und ganz vorzuͤglich aus der Schweiz verſchafft. In St. Gallen, Schaffhau- ſen, Winterthur, Zuͤrich, Bern, Baſel, und auch auf dem Lande hin und wieder, befanden ſich viele Stillings- Freunde und Leſer ſeiner Schriften; dann hatte auch der junge Kirchhofer, ein vortrefflicher Juͤngling, der einzige Sohn
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der weiß, daß der erſte Weg moraliſch unmoͤglich war, dazu
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weiter unten gehoͤrigen Orts erzaͤhlen werde.
Sich die Moͤglichkeit, oder wenigſtens die Ausfuͤhrbarkeit
des zweiten Ausweges als ein Ziel der Hoffnung ausſtecken
zu wollen, waͤre ſchwaͤrmeriſche Eitelkeit, und wenn dann auch
dies Ziel waͤre erreicht worden, ſo konnte Stilling nicht
von Marburg wegziehen: denn Vater Wilhelm war in
ſolchen Umſtaͤnden, daß er ſich keine Stunde weit transporti-
ren ließ, und ihn unter den Haͤnden fremder Leuten zuruͤckzu-
laſſen, das lag in Stillings und Eliſens Kreis der Moͤg-
lichkeit nicht. Und dann war ja auch Jakob noch nicht ver-
ſorgt; ihn zuruͤckzulaſſen und aus der Ferne zu unterſtuͤtzen,
und noch dazu ſeine Amalie mitzunehmen, und von ihm zu
trennen, das war, von allen Seiten betrachtet, zu hart; mit
Einem Wort, es fanden ſich auch in dieſem Fall unuͤberſteig-
liche Schwierigkeiten.
So war Stillings Lage beſchaffen; die mannigfaltigen
Geſchaͤfte und das druͤckende Verhaͤltniß machten ihm das Le-
ben ſchwer, und dann kam die gewoͤhnliche innerliche tiefe
Schwermuth noch dazu, ſo daß er alle moͤgliche Leidens-Er-
fahrungen, und einen beſtaͤndigen Wandel in der Gegenwart
Gottes, mit ununterbrochenem Wachen und Beten noͤthig hatte,
um nicht unter der Buͤrde zu erliegen. In dieſen Umſtaͤnden
war alſo das Reiſen wohlthaͤtig fuͤr ihn, und dazu kam es
nun auch wieder.
Das Heimweh und die Siegsgeſchichte hatten ihm eine
große Anzahl Freunde und Correſpondenten aus allen Staͤn-
den, Gelehrte und Ungelehrte, maͤnnlichen und weiblichen Ge-
ſchlechts aus allen Provinzen Deutſchlands, beſonders aber
aus dem Wuͤrtembergiſchen, und ganz vorzuͤglich aus
der Schweiz verſchafft. In St. Gallen, Schaffhau-
ſen, Winterthur, Zuͤrich, Bern, Baſel, und auch auf
dem Lande hin und wieder, befanden ſich viele Stillings-
Freunde und Leſer ſeiner Schriften; dann hatte auch der junge
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/534>, abgerufen am 25.11.2024.
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