Der christliche, wahrheitliebende Leser wird freundlich ersucht, dergleichen Erscheinungen und Erfahrungen nicht höher zu würdigen, als sie es verdienen, und lieber gar kein Urtheil zu fällen. Es wird einst eine Zeit kommen, wo man sich wieder lebhaft an diese Ahnung erinnern wird.
In den Herbstferien brachte Stilling seine Gattin nach dem Dorfe Münster bei Buzbach in der Wetterau, wohin nun Schwarz von Echzell versetzt worden war; dann reiste Stilling nach Frankfurt und Hanau, wo wiederum Augenpatienten auf ihn warteten, Elise aber blieb zu Münster.
Die merkwürdigen Personen, mit denen Stilling auf dieser Reise theils in nähere, theils in persönliche Bekannt- schaft kam, waren: Der regierende Landgraf zu Homburg; diesen wahrhaften Christus-Verehrer hatte er in Marburg bei dem Prinzen Friedrich schon kennen lernen, jetzt aber machte er ihm ein paarmal seine Aufwartung in Frank- furt: dann den regierenden Fürst Wolfgang Ernst von Isenburg-Birstein, und seine vortreffliche Gemahlin, beide auch wahre Christen, und dann den regierenden Grafen von Isenburg-Büdingen, Ernst Casimir, seine Gemahlin, und deren Schwester, die Gräfin Karoline von Bent- heim-Steinfurth, alle Drei ächt Evangelisch gesinnte, sehr werthe Personen: mit der Gräfin Karoline stand Stilling schon vorher in einem erbaulichen Briefwechsel; ihre Schwe- ster Polyxene, eine sehr begnadigte Seele, lebte in Sie- gen, auch mit dieser stand Stilling lange in einer religiö- sen Korrespondenz. Diese war aber schon vor einiger Zeit zu ihrer Ruhe eingegangen.
Wenn ich in dieser Geschichte öfters hoher Standespersonen gedenke, die Stillingen ihres Vertrauens gewürdigt haben, so bitte ich, das ja nicht als Prahlerey anzusehen; ich habe dabei keinen andern Zweck, als der Welt zu zeigen, daß in den höhern Ständen wahre Christus-Religion eben so gut ihre treuen Verehrer findet, als in den niedern -- ich halte es für Pflicht, dieß recht oft und laut zu sagen: denn seit eini- gen Jahrzehenden her ist es an der Tagesordnung, den Re-
Der chriſtliche, wahrheitliebende Leſer wird freundlich erſucht, dergleichen Erſcheinungen und Erfahrungen nicht hoͤher zu wuͤrdigen, als ſie es verdienen, und lieber gar kein Urtheil zu faͤllen. Es wird einſt eine Zeit kommen, wo man ſich wieder lebhaft an dieſe Ahnung erinnern wird.
In den Herbſtferien brachte Stilling ſeine Gattin nach dem Dorfe Muͤnſter bei Buzbach in der Wetterau, wohin nun Schwarz von Echzell verſetzt worden war; dann reiste Stilling nach Frankfurt und Hanau, wo wiederum Augenpatienten auf ihn warteten, Eliſe aber blieb zu Muͤnſter.
Die merkwuͤrdigen Perſonen, mit denen Stilling auf dieſer Reiſe theils in naͤhere, theils in perſoͤnliche Bekannt- ſchaft kam, waren: Der regierende Landgraf zu Homburg; dieſen wahrhaften Chriſtus-Verehrer hatte er in Marburg bei dem Prinzen Friedrich ſchon kennen lernen, jetzt aber machte er ihm ein paarmal ſeine Aufwartung in Frank- furt: dann den regierenden Fuͤrſt Wolfgang Ernſt von Iſenburg-Birſtein, und ſeine vortreffliche Gemahlin, beide auch wahre Chriſten, und dann den regierenden Grafen von Iſenburg-Buͤdingen, Ernſt Caſimir, ſeine Gemahlin, und deren Schweſter, die Graͤfin Karoline von Bent- heim-Steinfurth, alle Drei aͤcht Evangeliſch geſinnte, ſehr werthe Perſonen: mit der Graͤfin Karoline ſtand Stilling ſchon vorher in einem erbaulichen Briefwechſel; ihre Schwe- ſter Polyxene, eine ſehr begnadigte Seele, lebte in Sie- gen, auch mit dieſer ſtand Stilling lange in einer religioͤ- ſen Korreſpondenz. Dieſe war aber ſchon vor einiger Zeit zu ihrer Ruhe eingegangen.
Wenn ich in dieſer Geſchichte oͤfters hoher Standesperſonen gedenke, die Stillingen ihres Vertrauens gewuͤrdigt haben, ſo bitte ich, das ja nicht als Prahlerey anzuſehen; ich habe dabei keinen andern Zweck, als der Welt zu zeigen, daß in den hoͤhern Staͤnden wahre Chriſtus-Religion eben ſo gut ihre treuen Verehrer findet, als in den niedern — ich halte es fuͤr Pflicht, dieß recht oft und laut zu ſagen: denn ſeit eini- gen Jahrzehenden her iſt es an der Tagesordnung, den Re-
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Der chriſtliche, wahrheitliebende Leſer wird freundlich erſucht,
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faͤllen. Es wird einſt eine Zeit kommen, wo man
ſich wieder lebhaft an dieſe Ahnung erinnern wird.
In den Herbſtferien brachte Stilling ſeine Gattin nach
dem Dorfe Muͤnſter bei Buzbach in der Wetterau,
wohin nun Schwarz von Echzell verſetzt worden war;
dann reiste Stilling nach Frankfurt und Hanau, wo
wiederum Augenpatienten auf ihn warteten, Eliſe aber blieb
zu Muͤnſter.
Die merkwuͤrdigen Perſonen, mit denen Stilling auf
dieſer Reiſe theils in naͤhere, theils in perſoͤnliche Bekannt-
ſchaft kam, waren: Der regierende Landgraf zu Homburg;
dieſen wahrhaften Chriſtus-Verehrer hatte er in Marburg
bei dem Prinzen Friedrich ſchon kennen lernen, jetzt aber
machte er ihm ein paarmal ſeine Aufwartung in Frank-
furt: dann den regierenden Fuͤrſt Wolfgang Ernſt von
Iſenburg-Birſtein, und ſeine vortreffliche Gemahlin,
beide auch wahre Chriſten, und dann den regierenden Grafen
von Iſenburg-Buͤdingen, Ernſt Caſimir, ſeine Gemahlin,
und deren Schweſter, die Graͤfin Karoline von Bent-
heim-Steinfurth, alle Drei aͤcht Evangeliſch geſinnte, ſehr
werthe Perſonen: mit der Graͤfin Karoline ſtand Stilling
ſchon vorher in einem erbaulichen Briefwechſel; ihre Schwe-
ſter Polyxene, eine ſehr begnadigte Seele, lebte in Sie-
gen, auch mit dieſer ſtand Stilling lange in einer religioͤ-
ſen Korreſpondenz. Dieſe war aber ſchon vor einiger Zeit
zu ihrer Ruhe eingegangen.
Wenn ich in dieſer Geſchichte oͤfters hoher Standesperſonen
gedenke, die Stillingen ihres Vertrauens gewuͤrdigt haben,
ſo bitte ich, das ja nicht als Prahlerey anzuſehen; ich habe
dabei keinen andern Zweck, als der Welt zu zeigen, daß in
den hoͤhern Staͤnden wahre Chriſtus-Religion eben ſo gut ihre
treuen Verehrer findet, als in den niedern — ich halte es
fuͤr Pflicht, dieß recht oft und laut zu ſagen: denn ſeit eini-
gen Jahrzehenden her iſt es an der Tagesordnung, den Re-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/524>, abgerufen am 25.11.2024.
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