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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

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Selig bist du theurer Gottesmann! die Erinnerung an
Dein frühes Wiedersehn im Reiche Gottes, ist deinem Freund
Stilling ein Labetrank auf seinem leidensvollen Pilgerwege.



Krafts Stelle wurde mit dem christlichen Prediger Pas-
savant
aus Detmold, Stillings vertrauten Freund, wie-
der besetzt. Er hinterließ nebst seiner bis in den Staub ge-
beugten Gattin, drei Töchter; die älteste war schon einige
Jahre vorher an seinen Kollegen, den rechtschaffenen Prediger
Hausknecht, verheirathet worden; dieser ist ebenfalls ein
ächt christlicher evangelisch gesinnter Mann, und Stillings
vertrauter Freund, sein Haus hat ihm das Kraftische er-
setzt. Die zweite Tochter heirathete einen exemplarisch from-
men Prediger, Namens Eisenträger aus Bremen, der
nach Worms berufen wurde, aber bald seinem Schwieger-
vater nachfolgte; die dritte Tochter heirathete nach beider El-
tern Tod einen jungen und christlichgesinnten Rechtsgelehrten,
Namens Burckhardt, welcher jetzt fürstlich Oranien-Nas-
sauischer
Regierungsrath in Dillenburg ist. Dann hatte
sich auch der Mutter Coing und der Frau Pfarrerin Kraft
jüngste Schwester, die Jungfer Duising, eine Zeitlang im
Kraftischen Hause aufgehalten; diese beiden Schwestern,
die jüngste Kraftische Tochter, und dann eine alte treue
und fromme Hausmagd Catharina machten jetzt noch die
Hausgesellschaft aus. Da aber nun die gute Wittwe in
Frankfurt keine bleibende Stätte mehr fand und sich nach
ihrer Vaterstadt Marburg und ihren Blutsverwandten sehnte,
so miethete ihr Stilling eine Wohnung, die sie aber in
einem Jahre wieder verließ, und mit Stilling und seiner
Familie ins alte Familienhaus zog, wo sie nun in christlicher
Liebe und Vertraulichkeit alle zusammen lebten.

Stillings schwermüthige Seelenstimmung und viele fast
unbezwingliche Geschäfte, veranlaßten ihn und seine Elise,
eine ländliche Wohnung zu Ockershausen, einem Dorfe eine
Viertelstunde von Marburg, zu miethen und da den größ-
ten Theil des Sommers zuzubringen, um von der freien und

Selig biſt du theurer Gottesmann! die Erinnerung an
Dein fruͤhes Wiederſehn im Reiche Gottes, iſt deinem Freund
Stilling ein Labetrank auf ſeinem leidensvollen Pilgerwege.



Krafts Stelle wurde mit dem chriſtlichen Prediger Paſ-
ſavant
aus Detmold, Stillings vertrauten Freund, wie-
der beſetzt. Er hinterließ nebſt ſeiner bis in den Staub ge-
beugten Gattin, drei Toͤchter; die aͤlteſte war ſchon einige
Jahre vorher an ſeinen Kollegen, den rechtſchaffenen Prediger
Hausknecht, verheirathet worden; dieſer iſt ebenfalls ein
aͤcht chriſtlicher evangeliſch geſinnter Mann, und Stillings
vertrauter Freund, ſein Haus hat ihm das Kraftiſche er-
ſetzt. Die zweite Tochter heirathete einen exemplariſch from-
men Prediger, Namens Eiſentraͤger aus Bremen, der
nach Worms berufen wurde, aber bald ſeinem Schwieger-
vater nachfolgte; die dritte Tochter heirathete nach beider El-
tern Tod einen jungen und chriſtlichgeſinnten Rechtsgelehrten,
Namens Burckhardt, welcher jetzt fuͤrſtlich Oranien-Naſ-
ſauiſcher
Regierungsrath in Dillenburg iſt. Dann hatte
ſich auch der Mutter Coing und der Frau Pfarrerin Kraft
juͤngſte Schweſter, die Jungfer Duiſing, eine Zeitlang im
Kraftiſchen Hauſe aufgehalten; dieſe beiden Schweſtern,
die juͤngſte Kraftiſche Tochter, und dann eine alte treue
und fromme Hausmagd Catharina machten jetzt noch die
Hausgeſellſchaft aus. Da aber nun die gute Wittwe in
Frankfurt keine bleibende Staͤtte mehr fand und ſich nach
ihrer Vaterſtadt Marburg und ihren Blutsverwandten ſehnte,
ſo miethete ihr Stilling eine Wohnung, die ſie aber in
einem Jahre wieder verließ, und mit Stilling und ſeiner
Familie ins alte Familienhaus zog, wo ſie nun in chriſtlicher
Liebe und Vertraulichkeit alle zuſammen lebten.

Stillings ſchwermuͤthige Seelenſtimmung und viele faſt
unbezwingliche Geſchaͤfte, veranlaßten ihn und ſeine Eliſe,
eine laͤndliche Wohnung zu Ockershauſen, einem Dorfe eine
Viertelſtunde von Marburg, zu miethen und da den groͤß-
ten Theil des Sommers zuzubringen, um von der freien und

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[494/0502] Selig biſt du theurer Gottesmann! die Erinnerung an Dein fruͤhes Wiederſehn im Reiche Gottes, iſt deinem Freund Stilling ein Labetrank auf ſeinem leidensvollen Pilgerwege. Krafts Stelle wurde mit dem chriſtlichen Prediger Paſ- ſavant aus Detmold, Stillings vertrauten Freund, wie- der beſetzt. Er hinterließ nebſt ſeiner bis in den Staub ge- beugten Gattin, drei Toͤchter; die aͤlteſte war ſchon einige Jahre vorher an ſeinen Kollegen, den rechtſchaffenen Prediger Hausknecht, verheirathet worden; dieſer iſt ebenfalls ein aͤcht chriſtlicher evangeliſch geſinnter Mann, und Stillings vertrauter Freund, ſein Haus hat ihm das Kraftiſche er- ſetzt. Die zweite Tochter heirathete einen exemplariſch from- men Prediger, Namens Eiſentraͤger aus Bremen, der nach Worms berufen wurde, aber bald ſeinem Schwieger- vater nachfolgte; die dritte Tochter heirathete nach beider El- tern Tod einen jungen und chriſtlichgeſinnten Rechtsgelehrten, Namens Burckhardt, welcher jetzt fuͤrſtlich Oranien-Naſ- ſauiſcher Regierungsrath in Dillenburg iſt. Dann hatte ſich auch der Mutter Coing und der Frau Pfarrerin Kraft juͤngſte Schweſter, die Jungfer Duiſing, eine Zeitlang im Kraftiſchen Hauſe aufgehalten; dieſe beiden Schweſtern, die juͤngſte Kraftiſche Tochter, und dann eine alte treue und fromme Hausmagd Catharina machten jetzt noch die Hausgeſellſchaft aus. Da aber nun die gute Wittwe in Frankfurt keine bleibende Staͤtte mehr fand und ſich nach ihrer Vaterſtadt Marburg und ihren Blutsverwandten ſehnte, ſo miethete ihr Stilling eine Wohnung, die ſie aber in einem Jahre wieder verließ, und mit Stilling und ſeiner Familie ins alte Familienhaus zog, wo ſie nun in chriſtlicher Liebe und Vertraulichkeit alle zuſammen lebten. Stillings ſchwermuͤthige Seelenſtimmung und viele faſt unbezwingliche Geſchaͤfte, veranlaßten ihn und ſeine Eliſe, eine laͤndliche Wohnung zu Ockershauſen, einem Dorfe eine Viertelſtunde von Marburg, zu miethen und da den groͤß- ten Theil des Sommers zuzubringen, um von der freien und

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Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/502>, abgerufen am 25.11.2024.