alle kamen auch, und Stilling rechnete diese Tage unter die vergnügtesten seines ganzen Lebens, -- dem Kreuzträger Wilhelm Stilling war diese Zeit -- wie er sich ausdrückte -- ein Vorgeschmack des Himmels. Schwarz und Hannchen wurden unter dem Segen ihrer Eltern, Großel- tern, Freunden und Verwandten in Stillings Hause mit einander verbunden; ihre Ehe ist glücklich, und es geht ihnen wohl.
Dann kehrten auch die lieben Besuchenden wieder in ihre Heimath zurück.
Seit einiger Zeit studirte ein junger Kavalier, der jetzige Königliche Preußische Landrath von Vinke zu Marburg; er logirte in Stillings Haus und speiste auch an seinem Tisch; er gehörte unter die vortrefflichsten Jünglinge, die je- mals in Marburg studirt haben. Jetzt schrieb nun sein Vater, der Domdechant von Vinke zu Minden, daß er diesen Sommer mit seiner Gemahlin und Kindern kommen, und Stilling und seine Elise besuchen würde. Dieß geschah denn auch, und zwar gerade damals, als die deutschen Für- sten den Zug nach Champagne machten und der Herzog von Weimar mit seinem Regiment nach Marburg kam. Mit diesem Regenten wurde jetzt Stilling auch bekannt. Der Domdechant und er brachten einen angenehmen Nachmittag mit ihm zu. Nachdem dieser liebe Besuch vorbei war, so wurde Elise wieder krank: sie war in gesegneten Umständen, welche durch diesen Zufall vernichtet wurden; indessen ging es noch glücklich ab, so daß sie am neunten Tage, an wel- chem die Witterung sehr schön war, wieder ausgehen konnte: man beschloß also in den Garten zu gehen; und da Schwarz und Hannchen auch da waren, um ihre Mutter zu besuchen, so kam auch Vater Coing zu dieser Gartenparthie, er war diesen Nachmittag besonders heiter und froh, und da er Abend- luft scheute, die auch Elisen noch nicht zuträglich war, so nahm er sie an den Arm und führte sie nach Haus, und als er unten an der Gartenmauer vorbei ging, so bestreuten ihn die jungen Leute von oben herab mit Blumen.
Des andern Morgens um 5 Uhr kam Stillings Küchen- magd in sein Schlafzimmer, und ersuchte ihn herauszukom-
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alle kamen auch, und Stilling rechnete dieſe Tage unter die vergnuͤgteſten ſeines ganzen Lebens, — dem Kreuztraͤger Wilhelm Stilling war dieſe Zeit — wie er ſich ausdruͤckte — ein Vorgeſchmack des Himmels. Schwarz und Hannchen wurden unter dem Segen ihrer Eltern, Großel- tern, Freunden und Verwandten in Stillings Hauſe mit einander verbunden; ihre Ehe iſt gluͤcklich, und es geht ihnen wohl.
Dann kehrten auch die lieben Beſuchenden wieder in ihre Heimath zuruͤck.
Seit einiger Zeit ſtudirte ein junger Kavalier, der jetzige Koͤnigliche Preußiſche Landrath von Vinke zu Marburg; er logirte in Stillings Haus und ſpeiste auch an ſeinem Tiſch; er gehoͤrte unter die vortrefflichſten Juͤnglinge, die je- mals in Marburg ſtudirt haben. Jetzt ſchrieb nun ſein Vater, der Domdechant von Vinke zu Minden, daß er dieſen Sommer mit ſeiner Gemahlin und Kindern kommen, und Stilling und ſeine Eliſe beſuchen wuͤrde. Dieß geſchah denn auch, und zwar gerade damals, als die deutſchen Fuͤr- ſten den Zug nach Champagne machten und der Herzog von Weimar mit ſeinem Regiment nach Marburg kam. Mit dieſem Regenten wurde jetzt Stilling auch bekannt. Der Domdechant und er brachten einen angenehmen Nachmittag mit ihm zu. Nachdem dieſer liebe Beſuch vorbei war, ſo wurde Eliſe wieder krank: ſie war in geſegneten Umſtaͤnden, welche durch dieſen Zufall vernichtet wurden; indeſſen ging es noch gluͤcklich ab, ſo daß ſie am neunten Tage, an wel- chem die Witterung ſehr ſchoͤn war, wieder ausgehen konnte: man beſchloß alſo in den Garten zu gehen; und da Schwarz und Hannchen auch da waren, um ihre Mutter zu beſuchen, ſo kam auch Vater Coing zu dieſer Gartenparthie, er war dieſen Nachmittag beſonders heiter und froh, und da er Abend- luft ſcheute, die auch Eliſen noch nicht zutraͤglich war, ſo nahm er ſie an den Arm und fuͤhrte ſie nach Haus, und als er unten an der Gartenmauer vorbei ging, ſo beſtreuten ihn die jungen Leute von oben herab mit Blumen.
Des andern Morgens um 5 Uhr kam Stillings Kuͤchen- magd in ſein Schlafzimmer, und erſuchte ihn herauszukom-
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alle kamen auch, und Stilling rechnete dieſe Tage unter
die vergnuͤgteſten ſeines ganzen Lebens, — dem Kreuztraͤger
Wilhelm Stilling war dieſe Zeit — wie er ſich ausdruͤckte
— ein Vorgeſchmack des Himmels. Schwarz und
Hannchen wurden unter dem Segen ihrer Eltern, Großel-
tern, Freunden und Verwandten in Stillings Hauſe mit
einander verbunden; ihre Ehe iſt gluͤcklich, und es geht ihnen wohl.
Dann kehrten auch die lieben Beſuchenden wieder in ihre
Heimath zuruͤck.
Seit einiger Zeit ſtudirte ein junger Kavalier, der jetzige
Koͤnigliche Preußiſche Landrath von Vinke zu Marburg;
er logirte in Stillings Haus und ſpeiste auch an ſeinem
Tiſch; er gehoͤrte unter die vortrefflichſten Juͤnglinge, die je-
mals in Marburg ſtudirt haben. Jetzt ſchrieb nun ſein Vater,
der Domdechant von Vinke zu Minden, daß er dieſen
Sommer mit ſeiner Gemahlin und Kindern kommen, und
Stilling und ſeine Eliſe beſuchen wuͤrde. Dieß geſchah
denn auch, und zwar gerade damals, als die deutſchen Fuͤr-
ſten den Zug nach Champagne machten und der Herzog von
Weimar mit ſeinem Regiment nach Marburg kam. Mit
dieſem Regenten wurde jetzt Stilling auch bekannt. Der
Domdechant und er brachten einen angenehmen Nachmittag
mit ihm zu. Nachdem dieſer liebe Beſuch vorbei war, ſo
wurde Eliſe wieder krank: ſie war in geſegneten Umſtaͤnden,
welche durch dieſen Zufall vernichtet wurden; indeſſen ging
es noch gluͤcklich ab, ſo daß ſie am neunten Tage, an wel-
chem die Witterung ſehr ſchoͤn war, wieder ausgehen konnte:
man beſchloß alſo in den Garten zu gehen; und da Schwarz
und Hannchen auch da waren, um ihre Mutter zu beſuchen,
ſo kam auch Vater Coing zu dieſer Gartenparthie, er war
dieſen Nachmittag beſonders heiter und froh, und da er Abend-
luft ſcheute, die auch Eliſen noch nicht zutraͤglich war, ſo
nahm er ſie an den Arm und fuͤhrte ſie nach Haus, und als
er unten an der Gartenmauer vorbei ging, ſo beſtreuten ihn
die jungen Leute von oben herab mit Blumen.
Des andern Morgens um 5 Uhr kam Stillings Kuͤchen-
magd in ſein Schlafzimmer, und erſuchte ihn herauszukom-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/479>, abgerufen am 25.11.2024.
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