Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

welchem Stilling auch wöchentlich viermal Unterricht gab;
dieser ließ ihn auf seinen Geburtstag zur Mittagstafel einla-
den, und Vater Coing wurde ebenfalls gebeten; am Abend
wurde er in Coings Haus gefeiert.

Der 19. November, der Tag der heiligen Elisabeth, war
von jeher in der Duising'schen Familie bemerkt worden, und
gewöhnlich führten auch die Frauenzimmer aus ihr diesen Na-
men; bei Elisen war er besonders auch deßwegen merkwür-
dig, weil sie eigentlich dreimal Elisabeth heißt: sie wurde
den 9. Mai 1756 geboren und hatte drei Taufzeugen, wie
sie wohl wenige Menschen haben, nämlich ihre Großmutter
Duising, deren ihre Mutter, Vultejus, und dann dieser
Urgroßmutter, also Elisens Ur-Urgroßmutter, die Frau von
Hamm; alle drei Matronen, die Großmutter, Urgroßmutter
und Ur-Urgroßmutter waren auch bei der Taufe gegenwärtig,
und die letztere, die Frau von Hamm, legte bei der Tauf-
mahlzeit den Gästen vor. Alle drei Frauen hießen auch Eli-
sabeth
. Dieser Elisabethen-Tag wurde zu Stillings
und Elisens Kopulation bestimmt. Er las zuerst seine vier
Kollegien, gab dem Prinzen seine Stunde, und dann ging er
ins Coing'sche Haus zur Kopulation. Diese Berufstreue
rechnete ihm der Churfürst von Hessen hoch an, ob Er ihm
auch gleich darüber schmerzende Vorwürfe machte, daß er so
bald wieder geheirathet habe.

Die Coing'sche Eltern hatten verschiedene Freunde zum
Hochzeits-Abendmahl eingeladen, und der reformirte Prediger
Schlarbaum, dieser zuverlässige, und durch viele Proben
bewährte Stillings-Freund verrichtete die Trauung; er
und seine Familie sind in Stillings Marburger Lebens-
Geschichte sehr wohlthätige Begleiter auf seinem Pfade gewesen.

Zwischen der Kopulation und der Mahlzeit spielte Stil-
ling
folgendes Lied, welches er auf diesen Tag verfertigt hatte,
auf dem Klavier, und Hannchen mit ihrer Silberkehle sang es.

Die Melodie ist von Rheineck, nach dem Lied: Sieh
mein Auge nach den Bergen
-- in Schellhorns
Sammlung geistlicher Lieder. Memmingen bei Diesel
1780.


welchem Stilling auch woͤchentlich viermal Unterricht gab;
dieſer ließ ihn auf ſeinen Geburtstag zur Mittagstafel einla-
den, und Vater Coing wurde ebenfalls gebeten; am Abend
wurde er in Coings Haus gefeiert.

Der 19. November, der Tag der heiligen Eliſabeth, war
von jeher in der Duiſing’ſchen Familie bemerkt worden, und
gewoͤhnlich fuͤhrten auch die Frauenzimmer aus ihr dieſen Na-
men; bei Eliſen war er beſonders auch deßwegen merkwuͤr-
dig, weil ſie eigentlich dreimal Eliſabeth heißt: ſie wurde
den 9. Mai 1756 geboren und hatte drei Taufzeugen, wie
ſie wohl wenige Menſchen haben, naͤmlich ihre Großmutter
Duiſing, deren ihre Mutter, Vultejus, und dann dieſer
Urgroßmutter, alſo Eliſens Ur-Urgroßmutter, die Frau von
Hamm; alle drei Matronen, die Großmutter, Urgroßmutter
und Ur-Urgroßmutter waren auch bei der Taufe gegenwaͤrtig,
und die letztere, die Frau von Hamm, legte bei der Tauf-
mahlzeit den Gaͤſten vor. Alle drei Frauen hießen auch Eli-
ſabeth
. Dieſer Eliſabethen-Tag wurde zu Stillings
und Eliſens Kopulation beſtimmt. Er las zuerſt ſeine vier
Kollegien, gab dem Prinzen ſeine Stunde, und dann ging er
ins Coing’ſche Haus zur Kopulation. Dieſe Berufstreue
rechnete ihm der Churfuͤrſt von Heſſen hoch an, ob Er ihm
auch gleich daruͤber ſchmerzende Vorwuͤrfe machte, daß er ſo
bald wieder geheirathet habe.

Die Coing’ſche Eltern hatten verſchiedene Freunde zum
Hochzeits-Abendmahl eingeladen, und der reformirte Prediger
Schlarbaum, dieſer zuverlaͤſſige, und durch viele Proben
bewaͤhrte Stillings-Freund verrichtete die Trauung; er
und ſeine Familie ſind in Stillings Marburger Lebens-
Geſchichte ſehr wohlthaͤtige Begleiter auf ſeinem Pfade geweſen.

Zwiſchen der Kopulation und der Mahlzeit ſpielte Stil-
ling
folgendes Lied, welches er auf dieſen Tag verfertigt hatte,
auf dem Klavier, und Hannchen mit ihrer Silberkehle ſang es.

Die Melodie iſt von Rheineck, nach dem Lied: Sieh
mein Auge nach den Bergen
— in Schellhorns
Sammlung geiſtlicher Lieder. Memmingen bei Dieſel
1780.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0469" n="461"/>
welchem <hi rendition="#g">Stilling</hi> auch wo&#x0364;chentlich viermal Unterricht gab;<lb/>
die&#x017F;er ließ ihn auf &#x017F;einen Geburtstag zur Mittagstafel einla-<lb/>
den, und Vater <hi rendition="#g">Coing</hi> wurde ebenfalls gebeten; am Abend<lb/>
wurde er in <hi rendition="#g">Coings</hi> Haus gefeiert.</p><lb/>
            <p>Der 19. November, der Tag der heiligen Eli&#x017F;abeth, war<lb/>
von jeher in der <hi rendition="#g">Dui&#x017F;ing</hi>&#x2019;&#x017F;chen Familie bemerkt worden, und<lb/>
gewo&#x0364;hnlich fu&#x0364;hrten auch die Frauenzimmer aus ihr die&#x017F;en Na-<lb/>
men; bei <hi rendition="#g">Eli&#x017F;en</hi> war er be&#x017F;onders auch deßwegen merkwu&#x0364;r-<lb/>
dig, weil &#x017F;ie eigentlich dreimal <hi rendition="#g">Eli&#x017F;abeth</hi> heißt: &#x017F;ie wurde<lb/>
den 9. Mai 1756 geboren und hatte drei Taufzeugen, wie<lb/>
&#x017F;ie wohl wenige Men&#x017F;chen haben, na&#x0364;mlich ihre Großmutter<lb/><hi rendition="#g">Dui&#x017F;ing</hi>, deren ihre Mutter, <hi rendition="#g">Vultejus</hi>, und dann die&#x017F;er<lb/>
Urgroßmutter, al&#x017F;o <hi rendition="#g">Eli&#x017F;ens</hi> Ur-Urgroßmutter, die Frau von<lb/><hi rendition="#g">Hamm</hi>; alle drei Matronen, die Großmutter, Urgroßmutter<lb/>
und Ur-Urgroßmutter waren auch bei der Taufe gegenwa&#x0364;rtig,<lb/>
und die letztere, die Frau von <hi rendition="#g">Hamm</hi>, legte bei der Tauf-<lb/>
mahlzeit den Ga&#x0364;&#x017F;ten vor. Alle drei Frauen hießen auch <hi rendition="#g">Eli-<lb/>
&#x017F;abeth</hi>. Die&#x017F;er <hi rendition="#g">Eli&#x017F;abethen</hi>-Tag wurde zu <hi rendition="#g">Stillings</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Eli&#x017F;ens</hi> Kopulation be&#x017F;timmt. Er las zuer&#x017F;t &#x017F;eine vier<lb/>
Kollegien, gab dem Prinzen &#x017F;eine Stunde, und dann ging er<lb/>
ins <hi rendition="#g">Coing</hi>&#x2019;&#x017F;che Haus zur Kopulation. Die&#x017F;e Berufstreue<lb/>
rechnete ihm der Churfu&#x0364;r&#x017F;t von <hi rendition="#g">He&#x017F;&#x017F;en</hi> hoch an, ob Er ihm<lb/>
auch gleich daru&#x0364;ber &#x017F;chmerzende Vorwu&#x0364;rfe machte, daß er &#x017F;o<lb/>
bald wieder geheirathet habe.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Coing</hi>&#x2019;&#x017F;che Eltern hatten ver&#x017F;chiedene Freunde zum<lb/>
Hochzeits-Abendmahl eingeladen, und der reformirte Prediger<lb/><hi rendition="#g">Schlarbaum</hi>, die&#x017F;er zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige, und durch viele Proben<lb/>
bewa&#x0364;hrte <hi rendition="#g">Stillings</hi>-Freund verrichtete die Trauung; er<lb/>
und &#x017F;eine Familie &#x017F;ind in <hi rendition="#g">Stillings Marburger</hi> Lebens-<lb/>
Ge&#x017F;chichte &#x017F;ehr wohltha&#x0364;tige Begleiter auf &#x017F;einem Pfade gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Zwi&#x017F;chen der Kopulation und der Mahlzeit &#x017F;pielte <hi rendition="#g">Stil-<lb/>
ling</hi> folgendes Lied, welches er auf die&#x017F;en Tag verfertigt hatte,<lb/>
auf dem Klavier, und <hi rendition="#g">Hannchen</hi> mit ihrer Silberkehle &#x017F;ang es.</p><lb/>
            <p>Die Melodie i&#x017F;t von <hi rendition="#g">Rheineck</hi>, nach dem Lied: <hi rendition="#g">Sieh<lb/>
mein Auge nach den Bergen</hi> &#x2014; in <hi rendition="#g">Schellhorns</hi><lb/>
Sammlung gei&#x017F;tlicher Lieder. <hi rendition="#g">Memmingen</hi> bei <hi rendition="#g">Die&#x017F;el</hi><lb/>
1780.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0469] welchem Stilling auch woͤchentlich viermal Unterricht gab; dieſer ließ ihn auf ſeinen Geburtstag zur Mittagstafel einla- den, und Vater Coing wurde ebenfalls gebeten; am Abend wurde er in Coings Haus gefeiert. Der 19. November, der Tag der heiligen Eliſabeth, war von jeher in der Duiſing’ſchen Familie bemerkt worden, und gewoͤhnlich fuͤhrten auch die Frauenzimmer aus ihr dieſen Na- men; bei Eliſen war er beſonders auch deßwegen merkwuͤr- dig, weil ſie eigentlich dreimal Eliſabeth heißt: ſie wurde den 9. Mai 1756 geboren und hatte drei Taufzeugen, wie ſie wohl wenige Menſchen haben, naͤmlich ihre Großmutter Duiſing, deren ihre Mutter, Vultejus, und dann dieſer Urgroßmutter, alſo Eliſens Ur-Urgroßmutter, die Frau von Hamm; alle drei Matronen, die Großmutter, Urgroßmutter und Ur-Urgroßmutter waren auch bei der Taufe gegenwaͤrtig, und die letztere, die Frau von Hamm, legte bei der Tauf- mahlzeit den Gaͤſten vor. Alle drei Frauen hießen auch Eli- ſabeth. Dieſer Eliſabethen-Tag wurde zu Stillings und Eliſens Kopulation beſtimmt. Er las zuerſt ſeine vier Kollegien, gab dem Prinzen ſeine Stunde, und dann ging er ins Coing’ſche Haus zur Kopulation. Dieſe Berufstreue rechnete ihm der Churfuͤrſt von Heſſen hoch an, ob Er ihm auch gleich daruͤber ſchmerzende Vorwuͤrfe machte, daß er ſo bald wieder geheirathet habe. Die Coing’ſche Eltern hatten verſchiedene Freunde zum Hochzeits-Abendmahl eingeladen, und der reformirte Prediger Schlarbaum, dieſer zuverlaͤſſige, und durch viele Proben bewaͤhrte Stillings-Freund verrichtete die Trauung; er und ſeine Familie ſind in Stillings Marburger Lebens- Geſchichte ſehr wohlthaͤtige Begleiter auf ſeinem Pfade geweſen. Zwiſchen der Kopulation und der Mahlzeit ſpielte Stil- ling folgendes Lied, welches er auf dieſen Tag verfertigt hatte, auf dem Klavier, und Hannchen mit ihrer Silberkehle ſang es. Die Melodie iſt von Rheineck, nach dem Lied: Sieh mein Auge nach den Bergen — in Schellhorns Sammlung geiſtlicher Lieder. Memmingen bei Dieſel 1780.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/469
Zitationshilfe: Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/469>, abgerufen am 02.06.2024.