und gebe ihm Gelegenheit, so viel Gutes zu wirken, daß sein ehemaliges Schuldregister dadurch getilgt werden möge!
Stillings Lehramt war indessen höchst gesegnet, er lebte ganz in seinem Elemente. Mit allerhand, auch interessanten Vorfällen, die aber auf seine Schicksale und Führung keinen Bezug haben, mag ich meine Leser nicht aufhalten, ich bleibe also bloß bei dem Hauptgang der Geschichte.
Mit der Siegelbacher Gutsverwaltung ging es schief, Alles schlug fehl, überall war Fluch, anstatt des Segens; untreues Gesinde, diebische Nachbarn, heimliche Tücke der Unterbeamten, Schulden, keine Unterstützung, das Alles stand Stillingen im Wege, so daß er endlich, wenn er nicht selbst mit zu Grunde gehen wollte, die ganze Verwaltung abgeben und seine Rechnung ablegen mußte. Dadurch wurde er nun zwar von dieser schweren Bürde befreiet, allein er war wieder tiefer in Schulden gerathen: denn er hatte Vie- les versucht und aufgewandt, das er theils nicht berechnen konnte, theils auch nicht wollte, um sich nicht dem Verdacht des Eigennutzes zu unterziehen. So kam er zwar noch mit Ehren, aber doch mit Schulden aus der Sache.
Jetzt fing sich nun alles Unglück an, über sein Haupt zu- sammen zu ziehen: In Rittersburg waren wieder Schul- den entstanden; zu Schönenthal waren kaum die Interes- sen, geschweige Etwas am Kapital abgetragen worden; zudem trug man sich dort mit allerhand Gerüchten; Stilling halte Kutsche und Pferde, mache erstaunlichen Aufwand, und denke nicht an seine Schulden. Er hatte 600 Gulden fixen Gehalt, und bezog zwischen 2 -- 300 Gulden Kollegien- gelder, dabei stiegen alle Preise in Rittersburg fast aufs alterum tantum, bei aller Sparsamkeit blieb kaum so viel übrig, als zu Entrichtung der Zinsen nöthig war, womit soll- ten nun Schulden bezahlt werden? -- Fast jeden Posttag kamen die quälendsten Briefe von seinem Schwiegervater, oder doch von einem andern Schönenthaler Gläubiger: Herr Friedenberg selbst war in einer sehr verdrießlichen Lage, er war Bürge, und wurde von dem Manne, der ehemals so [l]iebreich Stillingen aus Gottes- und Menschenliebe un-
und gebe ihm Gelegenheit, ſo viel Gutes zu wirken, daß ſein ehemaliges Schuldregiſter dadurch getilgt werden moͤge!
Stillings Lehramt war indeſſen hoͤchſt geſegnet, er lebte ganz in ſeinem Elemente. Mit allerhand, auch intereſſanten Vorfaͤllen, die aber auf ſeine Schickſale und Fuͤhrung keinen Bezug haben, mag ich meine Leſer nicht aufhalten, ich bleibe alſo bloß bei dem Hauptgang der Geſchichte.
Mit der Siegelbacher Gutsverwaltung ging es ſchief, Alles ſchlug fehl, uͤberall war Fluch, anſtatt des Segens; untreues Geſinde, diebiſche Nachbarn, heimliche Tuͤcke der Unterbeamten, Schulden, keine Unterſtuͤtzung, das Alles ſtand Stillingen im Wege, ſo daß er endlich, wenn er nicht ſelbſt mit zu Grunde gehen wollte, die ganze Verwaltung abgeben und ſeine Rechnung ablegen mußte. Dadurch wurde er nun zwar von dieſer ſchweren Buͤrde befreiet, allein er war wieder tiefer in Schulden gerathen: denn er hatte Vie- les verſucht und aufgewandt, das er theils nicht berechnen konnte, theils auch nicht wollte, um ſich nicht dem Verdacht des Eigennutzes zu unterziehen. So kam er zwar noch mit Ehren, aber doch mit Schulden aus der Sache.
Jetzt fing ſich nun alles Ungluͤck an, uͤber ſein Haupt zu- ſammen zu ziehen: In Rittersburg waren wieder Schul- den entſtanden; zu Schoͤnenthal waren kaum die Intereſ- ſen, geſchweige Etwas am Kapital abgetragen worden; zudem trug man ſich dort mit allerhand Geruͤchten; Stilling halte Kutſche und Pferde, mache erſtaunlichen Aufwand, und denke nicht an ſeine Schulden. Er hatte 600 Gulden fixen Gehalt, und bezog zwiſchen 2 — 300 Gulden Kollegien- gelder, dabei ſtiegen alle Preiſe in Rittersburg faſt aufs alterum tantum, bei aller Sparſamkeit blieb kaum ſo viel uͤbrig, als zu Entrichtung der Zinſen noͤthig war, womit ſoll- ten nun Schulden bezahlt werden? — Faſt jeden Poſttag kamen die quaͤlendſten Briefe von ſeinem Schwiegervater, oder doch von einem andern Schoͤnenthaler Glaͤubiger: Herr Friedenberg ſelbſt war in einer ſehr verdrießlichen Lage, er war Buͤrge, und wurde von dem Manne, der ehemals ſo [l]iebreich Stillingen aus Gottes- und Menſchenliebe un-
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Stillings Lehramt war indeſſen hoͤchſt geſegnet, er lebte
ganz in ſeinem Elemente. Mit allerhand, auch intereſſanten
Vorfaͤllen, die aber auf ſeine Schickſale und Fuͤhrung keinen
Bezug haben, mag ich meine Leſer nicht aufhalten, ich bleibe
alſo bloß bei dem Hauptgang der Geſchichte.
Mit der Siegelbacher Gutsverwaltung ging es ſchief,
Alles ſchlug fehl, uͤberall war Fluch, anſtatt des Segens;
untreues Geſinde, diebiſche Nachbarn, heimliche Tuͤcke der
Unterbeamten, Schulden, keine Unterſtuͤtzung, das Alles ſtand
Stillingen im Wege, ſo daß er endlich, wenn er nicht
ſelbſt mit zu Grunde gehen wollte, die ganze Verwaltung
abgeben und ſeine Rechnung ablegen mußte. Dadurch wurde
er nun zwar von dieſer ſchweren Buͤrde befreiet, allein er
war wieder tiefer in Schulden gerathen: denn er hatte Vie-
les verſucht und aufgewandt, das er theils nicht berechnen
konnte, theils auch nicht wollte, um ſich nicht dem Verdacht
des Eigennutzes zu unterziehen. So kam er zwar noch mit
Ehren, aber doch mit Schulden aus der Sache.
Jetzt fing ſich nun alles Ungluͤck an, uͤber ſein Haupt zu-
ſammen zu ziehen: In Rittersburg waren wieder Schul-
den entſtanden; zu Schoͤnenthal waren kaum die Intereſ-
ſen, geſchweige Etwas am Kapital abgetragen worden; zudem
trug man ſich dort mit allerhand Geruͤchten; Stilling
halte Kutſche und Pferde, mache erſtaunlichen Aufwand, und
denke nicht an ſeine Schulden. Er hatte 600 Gulden fixen
Gehalt, und bezog zwiſchen 2 — 300 Gulden Kollegien-
gelder, dabei ſtiegen alle Preiſe in Rittersburg faſt aufs
alterum tantum, bei aller Sparſamkeit blieb kaum ſo viel
uͤbrig, als zu Entrichtung der Zinſen noͤthig war, womit ſoll-
ten nun Schulden bezahlt werden? — Faſt jeden Poſttag
kamen die quaͤlendſten Briefe von ſeinem Schwiegervater, oder
doch von einem andern Schoͤnenthaler Glaͤubiger: Herr
Friedenberg ſelbſt war in einer ſehr verdrießlichen Lage,
er war Buͤrge, und wurde von dem Manne, der ehemals ſo
liebreich Stillingen aus Gottes- und Menſchenliebe un-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/391>, abgerufen am 23.11.2024.
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