Herr Spanier gab ihm nun Erlaubniß, des Abends einige Stunden für sich zu nehmen, er brauchte ihn auch nicht mehr so stark in Handlungsgeschäften, damit er Zeit haben möchte, zu studieren. Stilling setzte nun mit Gewalt sein Sprach- studium fort, und fing an, sich mit der Anatomie aus Bü- chern bekannt zu machen. Er las Krüger's Naturlehre, und machte sich Alles, was er las, ganz zu eigen, er suchte sich auch einen Plan zu formiren, wornach er seine Studien ein- richten wolle, und dazu verhalfen ihm einige berühmte Aerzte, mit denen er correspondirte. Mit Einem Wort, alle Discipli- nen der Arzneikunde ging er für sich so gründlich durch, als es ihm für die Zeit möglich war, damit er sich doch wenigstens allgemeine Begriffe von allen Stücken verschaffen möchte.
Diese wichtige Neuigkeit schrieb er alsofort an seinen Vater und Oheim. Sein Vater antwortete ihm darauf: daß er ihn der Führung Gottes überlasse, nur könne er von seiner Seite auf keine Unterstützung hoffen, er sollte nur behutsam seyn, damit er sich nicht in ein neues Labyrinth stürzen möchte. Sein Oheim aber war ganz unwillig auf ihn, der glaubte ganz gewiß, daß es nur ein bloßer Hang zu neuen Dingen sey, der sicherlich übel ausschlagen würde. Stilling ließ sich das alles gar nicht anfechten, sondern fuhr nur getrost fort zu studiren. Wo die Mittel herkommen sollten, das überließ er der väter- lichen Vorsehung Gottes.
Im folgenden Frühjahr, als er schon ein Jahr studirt hatte, mußte er wieder in Geschäften seines Herrn ins Salen'sche Land reisen. Dieses erfreute ihn ungemein, denn er hoffte jetzt, seine Freunde mündlich besser zu überzeugen: daß es wirklich der Wille Gottes über ihn sey, die Medicin zu studiren. Er ging also des Morgens früh fort, und des Nachmittags kam er bei seinem Oheim zu Lichthausen an. Dieser ehrliche Mann fing alsofort, nach der Bewillkommung an, mit ihm zu disputiren wegen seines neuen Vorhabens. Die ganze Frage war: wo soll das viele Geld herkommen, als zu einem so weitläufigen und kostbaren Studium erfordert wird? -- Stil- ling beantwortete diese Frage immer mit seinem Symbolum: jehovah jireh (der Herr wird's versehen).
Herr Spanier gab ihm nun Erlaubniß, des Abends einige Stunden fuͤr ſich zu nehmen, er brauchte ihn auch nicht mehr ſo ſtark in Handlungsgeſchaͤften, damit er Zeit haben moͤchte, zu ſtudieren. Stilling ſetzte nun mit Gewalt ſein Sprach- ſtudium fort, und fing an, ſich mit der Anatomie aus Buͤ- chern bekannt zu machen. Er las Kruͤger’s Naturlehre, und machte ſich Alles, was er las, ganz zu eigen, er ſuchte ſich auch einen Plan zu formiren, wornach er ſeine Studien ein- richten wolle, und dazu verhalfen ihm einige beruͤhmte Aerzte, mit denen er correſpondirte. Mit Einem Wort, alle Diſcipli- nen der Arzneikunde ging er fuͤr ſich ſo gruͤndlich durch, als es ihm fuͤr die Zeit moͤglich war, damit er ſich doch wenigſtens allgemeine Begriffe von allen Stuͤcken verſchaffen moͤchte.
Dieſe wichtige Neuigkeit ſchrieb er alſofort an ſeinen Vater und Oheim. Sein Vater antwortete ihm darauf: daß er ihn der Fuͤhrung Gottes uͤberlaſſe, nur koͤnne er von ſeiner Seite auf keine Unterſtuͤtzung hoffen, er ſollte nur behutſam ſeyn, damit er ſich nicht in ein neues Labyrinth ſtuͤrzen moͤchte. Sein Oheim aber war ganz unwillig auf ihn, der glaubte ganz gewiß, daß es nur ein bloßer Hang zu neuen Dingen ſey, der ſicherlich uͤbel ausſchlagen wuͤrde. Stilling ließ ſich das alles gar nicht anfechten, ſondern fuhr nur getroſt fort zu ſtudiren. Wo die Mittel herkommen ſollten, das uͤberließ er der vaͤter- lichen Vorſehung Gottes.
Im folgenden Fruͤhjahr, als er ſchon ein Jahr ſtudirt hatte, mußte er wieder in Geſchaͤften ſeines Herrn ins Salen’ſche Land reiſen. Dieſes erfreute ihn ungemein, denn er hoffte jetzt, ſeine Freunde muͤndlich beſſer zu uͤberzeugen: daß es wirklich der Wille Gottes uͤber ihn ſey, die Medicin zu ſtudiren. Er ging alſo des Morgens fruͤh fort, und des Nachmittags kam er bei ſeinem Oheim zu Lichthauſen an. Dieſer ehrliche Mann fing alſofort, nach der Bewillkommung an, mit ihm zu diſputiren wegen ſeines neuen Vorhabens. Die ganze Frage war: wo ſoll das viele Geld herkommen, als zu einem ſo weitlaͤufigen und koſtbaren Studium erfordert wird? — Stil- ling beantwortete dieſe Frage immer mit ſeinem Symbolum: jehovah jireh (der Herr wird’s verſehen).
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Herr Spanier gab ihm nun Erlaubniß, des Abends einige
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ſo ſtark in Handlungsgeſchaͤften, damit er Zeit haben moͤchte,
zu ſtudieren. Stilling ſetzte nun mit Gewalt ſein Sprach-
ſtudium fort, und fing an, ſich mit der Anatomie aus Buͤ-
chern bekannt zu machen. Er las Kruͤger’s Naturlehre, und
machte ſich Alles, was er las, ganz zu eigen, er ſuchte ſich
auch einen Plan zu formiren, wornach er ſeine Studien ein-
richten wolle, und dazu verhalfen ihm einige beruͤhmte Aerzte,
mit denen er correſpondirte. Mit Einem Wort, alle Diſcipli-
nen der Arzneikunde ging er fuͤr ſich ſo gruͤndlich durch, als es
ihm fuͤr die Zeit moͤglich war, damit er ſich doch wenigſtens
allgemeine Begriffe von allen Stuͤcken verſchaffen moͤchte.
Dieſe wichtige Neuigkeit ſchrieb er alſofort an ſeinen Vater
und Oheim. Sein Vater antwortete ihm darauf: daß er ihn
der Fuͤhrung Gottes uͤberlaſſe, nur koͤnne er von ſeiner Seite
auf keine Unterſtuͤtzung hoffen, er ſollte nur behutſam ſeyn,
damit er ſich nicht in ein neues Labyrinth ſtuͤrzen moͤchte.
Sein Oheim aber war ganz unwillig auf ihn, der glaubte ganz
gewiß, daß es nur ein bloßer Hang zu neuen Dingen ſey, der
ſicherlich uͤbel ausſchlagen wuͤrde. Stilling ließ ſich das alles
gar nicht anfechten, ſondern fuhr nur getroſt fort zu ſtudiren.
Wo die Mittel herkommen ſollten, das uͤberließ er der vaͤter-
lichen Vorſehung Gottes.
Im folgenden Fruͤhjahr, als er ſchon ein Jahr ſtudirt hatte,
mußte er wieder in Geſchaͤften ſeines Herrn ins Salen’ſche
Land reiſen. Dieſes erfreute ihn ungemein, denn er hoffte jetzt,
ſeine Freunde muͤndlich beſſer zu uͤberzeugen: daß es wirklich
der Wille Gottes uͤber ihn ſey, die Medicin zu ſtudiren. Er
ging alſo des Morgens fruͤh fort, und des Nachmittags kam
er bei ſeinem Oheim zu Lichthauſen an. Dieſer ehrliche
Mann fing alſofort, nach der Bewillkommung an, mit ihm
zu diſputiren wegen ſeines neuen Vorhabens. Die ganze Frage
war: wo ſoll das viele Geld herkommen, als zu einem ſo
weitlaͤufigen und koſtbaren Studium erfordert wird? — Stil-
ling beantwortete dieſe Frage immer mit ſeinem Symbolum:
jehovah jireh (der Herr wird’s verſehen).
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/256>, abgerufen am 25.11.2024.
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