liche Recommendation und versprach ihm Freude zu machen.
Dieser Prediger war ein weitläufiger Anverwandter des seligen Dortchens, mithin auch des jungen Stilling's. Diese Ursache nebst dem allgemeinen Ruf von seinen seltenen Gaben, hatten den braven Pastor Goldmann bewogen, ihn der Preisinger Gemeinde vorzuschlagen. Er wanderte also auf Michaelis nach seiner neuen Bestimmung. So wie er auf die Höhe kam, sah er das herrliche Thal vor sich mit seinen breiten und grünen Wiesen, gegenüber ein schönes, grünes Gebirge von lauter Wäldern und Feldern. Mitten in der Ebene lag das Dorf Preisingen rund und gedrängt zusammen, die grünen Obstbäume und die weißen Häuser dazwischen machten ein anmuthiges Ansehen. Gerad in der Mitte ragte der Kapellenthurm, mit blauen Schiefersteinen bedeckt und bekleidet, über alles empor, und hinter dem Dorf her schimmerte das Flüßchen Saal im Glanz der Sonne. So brach er in Thränen aus, setzte sich eine Weile auf die Rasen nieder und ergötzte sich an der herrlichen Aussicht. Hier fing er zuerst an, ein Lied zu versuchen, es gelang ihm auch so ziemlich, denn er hatte eine natürliche Anlage dazu. Ich habe es unter seinen Papieren nachgesucht, aber nicht fin- den können.
Hier nahm er sich nun fest und unwiderruflich vor, Fleiß und Eifer auf die Schule zu verwenden, die übrige Zeit aber in seinem mathematischen Studium fortzufahren. Als er die- sen Bund mit sich selber geschlossen hatte, so stand er auf und wanderte vollends nach Preisingen hin.
Seine Wohnung wurde ihm bei einer reichen, vornehmen und dabei über die Maßen dicken Wittwe angewiesen, die sich Frau Schmoll naunte und zwei schöne sittsame Töch- tern hatte, wovon die älteste Maria hieß, und zwanzig Jahre alt war; die andere aber hieß Anna, und war achtzehn Jahre alt. Beide Mädchen waren recht gute Kinder, so wie auch ihre Mutter. Sie lebten zusammen wie Engel, in der edelsten Harmonie, und so zu sagen, in einem Ueberfluß von Freuden und Vergnügen, denn es fehlte ihnen nichts, und das wußten sie auch zu nützen, daher brachten sie auch ihre Zeit nebst den
liche Recommendation und verſprach ihm Freude zu machen.
Dieſer Prediger war ein weitlaͤufiger Anverwandter des ſeligen Dortchens, mithin auch des jungen Stilling’s. Dieſe Urſache nebſt dem allgemeinen Ruf von ſeinen ſeltenen Gaben, hatten den braven Paſtor Goldmann bewogen, ihn der Preiſinger Gemeinde vorzuſchlagen. Er wanderte alſo auf Michaelis nach ſeiner neuen Beſtimmung. So wie er auf die Hoͤhe kam, ſah er das herrliche Thal vor ſich mit ſeinen breiten und gruͤnen Wieſen, gegenuͤber ein ſchoͤnes, gruͤnes Gebirge von lauter Waͤldern und Feldern. Mitten in der Ebene lag das Dorf Preiſingen rund und gedraͤngt zuſammen, die gruͤnen Obſtbaͤume und die weißen Haͤuſer dazwiſchen machten ein anmuthiges Anſehen. Gerad in der Mitte ragte der Kapellenthurm, mit blauen Schieferſteinen bedeckt und bekleidet, uͤber alles empor, und hinter dem Dorf her ſchimmerte das Fluͤßchen Saal im Glanz der Sonne. So brach er in Thraͤnen aus, ſetzte ſich eine Weile auf die Raſen nieder und ergoͤtzte ſich an der herrlichen Ausſicht. Hier fing er zuerſt an, ein Lied zu verſuchen, es gelang ihm auch ſo ziemlich, denn er hatte eine natuͤrliche Anlage dazu. Ich habe es unter ſeinen Papieren nachgeſucht, aber nicht fin- den koͤnnen.
Hier nahm er ſich nun feſt und unwiderruflich vor, Fleiß und Eifer auf die Schule zu verwenden, die uͤbrige Zeit aber in ſeinem mathematiſchen Studium fortzufahren. Als er die- ſen Bund mit ſich ſelber geſchloſſen hatte, ſo ſtand er auf und wanderte vollends nach Preiſingen hin.
Seine Wohnung wurde ihm bei einer reichen, vornehmen und dabei uͤber die Maßen dicken Wittwe angewieſen, die ſich Frau Schmoll naunte und zwei ſchoͤne ſittſame Toͤch- tern hatte, wovon die aͤlteſte Maria hieß, und zwanzig Jahre alt war; die andere aber hieß Anna, und war achtzehn Jahre alt. Beide Maͤdchen waren recht gute Kinder, ſo wie auch ihre Mutter. Sie lebten zuſammen wie Engel, in der edelſten Harmonie, und ſo zu ſagen, in einem Ueberfluß von Freuden und Vergnuͤgen, denn es fehlte ihnen nichts, und das wußten ſie auch zu nuͤtzen, daher brachten ſie auch ihre Zeit nebſt den
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liche Recommendation und verſprach ihm Freude zu machen.
Dieſer Prediger war ein weitlaͤufiger Anverwandter des
ſeligen Dortchens, mithin auch des jungen Stilling’s.
Dieſe Urſache nebſt dem allgemeinen Ruf von ſeinen ſeltenen
Gaben, hatten den braven Paſtor Goldmann bewogen,
ihn der Preiſinger Gemeinde vorzuſchlagen. Er wanderte
alſo auf Michaelis nach ſeiner neuen Beſtimmung. So wie
er auf die Hoͤhe kam, ſah er das herrliche Thal vor ſich mit
ſeinen breiten und gruͤnen Wieſen, gegenuͤber ein ſchoͤnes,
gruͤnes Gebirge von lauter Waͤldern und Feldern. Mitten
in der Ebene lag das Dorf Preiſingen rund und gedraͤngt
zuſammen, die gruͤnen Obſtbaͤume und die weißen Haͤuſer
dazwiſchen machten ein anmuthiges Anſehen. Gerad in der
Mitte ragte der Kapellenthurm, mit blauen Schieferſteinen
bedeckt und bekleidet, uͤber alles empor, und hinter dem Dorf
her ſchimmerte das Fluͤßchen Saal im Glanz der Sonne.
So brach er in Thraͤnen aus, ſetzte ſich eine Weile auf die
Raſen nieder und ergoͤtzte ſich an der herrlichen Ausſicht. Hier
fing er zuerſt an, ein Lied zu verſuchen, es gelang ihm auch
ſo ziemlich, denn er hatte eine natuͤrliche Anlage dazu. Ich
habe es unter ſeinen Papieren nachgeſucht, aber nicht fin-
den koͤnnen.
Hier nahm er ſich nun feſt und unwiderruflich vor, Fleiß
und Eifer auf die Schule zu verwenden, die uͤbrige Zeit aber
in ſeinem mathematiſchen Studium fortzufahren. Als er die-
ſen Bund mit ſich ſelber geſchloſſen hatte, ſo ſtand er auf und
wanderte vollends nach Preiſingen hin.
Seine Wohnung wurde ihm bei einer reichen, vornehmen
und dabei uͤber die Maßen dicken Wittwe angewieſen, die
ſich Frau Schmoll naunte und zwei ſchoͤne ſittſame Toͤch-
tern hatte, wovon die aͤlteſte Maria hieß, und zwanzig Jahre
alt war; die andere aber hieß Anna, und war achtzehn Jahre
alt. Beide Maͤdchen waren recht gute Kinder, ſo wie auch
ihre Mutter. Sie lebten zuſammen wie Engel, in der edelſten
Harmonie, und ſo zu ſagen, in einem Ueberfluß von Freuden
und Vergnuͤgen, denn es fehlte ihnen nichts, und das wußten
ſie auch zu nuͤtzen, daher brachten ſie auch ihre Zeit nebſt den
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schrifte… [mehr]
1835 als Bd. 1 der posthumen gesammelten Schriften erschienen. Für das DTA wurde aus Gründen der besseren Verfügbarkeit dieses Exemplar statt der Erstauflage (ersch. 1777-1804 bzw. 1817, in fünf bzw. sechs Einzelbänden) digitalisiert.
Jung-Stilling, Johann Heinrich: Lebensgeschichte. Stuttgart, 1835, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jung_lebensgeschichte_1835/143>, abgerufen am 24.11.2024.
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