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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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A. Der Proceß. Vertheidigung. Gegenansprüche in Negationsform. §. 52.
Proceß gar nicht zum Vorschein, sie wirkte nur negativ als
Subtractionsfactor -- man spürte sie nur.

Das ist die Bedeutung des Satzes, daß die nothwendigen
Auslagen die Dos ipso jure vermindern. 56) Wäre dieses
Abzugsrecht erst in späterer Zeit zugelassen worden, als die Ex-
ceptionen sich bereits völlig eingebürgert hatten, so würde es
schwerlich in diese, sondern wahrscheinlich in dieselbe Form ge-
bracht worden sein, die das Abzugsrecht des Mannes wegen der
nützlichen Verwendungen an sich trägt, 57) nämlich in die des
Retentionsrechts (exc. doli). Die Verschiedenheit der Form
beider kommt meiner Ansicht nach lediglich auf Rechnung der Ver-
schiedenheit ihrer Entstehungszeit und der zu derselben herrschenden
Proceßsysteme; 58) vom praktischen Standpunkte aus könnte man
beide als Anwendungsfälle des Retentionsrechts bezeichnen, wie
dies die römischen Juristen in der That auch gethan haben. 59)

Das Genauere über die Art und Weise, wie jener Abzug
formell in der Klagformel vermittelt wurde, ist uns nicht erhalten.

56) Impensae necessariae dotem ipso jure minuunt;
L. 5 §. 2 de pact. dot. (22. 4), L. 5 de imp. (25. 1), L. 1 §. 4 L. 2 §. 1
L. 5 de dot. prael.
(33. 4). Die Erklärung, die man sonst von dieser Regel
gibt (z. B. Dernburg Compensation S. 116), ist nicht sowohl eine Erklä-
rung, als eine andere Fassung der Regel.
57) L. 7 §. 4 de imp. (25. 1) .. utiles non quidem ipso jure minuunt
dotem.
58) Materiell ist die eine Form so wirksam, wie die andere, die einzig
denkbare Differenz hätte sich an die cond. indebiti knüpfen können, allein die
meisten römischen Juristen stellten sie auch hier einander gleich, L. 5 §. 2 de imp.
dot.
(25. 1); die Auffassung auch der ersten Form als eines Retentions-
rechts
hätte sich nicht deutlicher dokumentiren können (arg. L. 51 de cond.
ind.
12. 6) und wird auch durch die mit der "aequitas" motivirte Mei-
nungsverschiedenheit von Marcellus und Ulpian um nichts abgeschwächt.
59) Daß Justinian in §. 37 I. de act. (4. 6) dies thut ("retentio con-
cessa")
, soll nicht schwer in die Wagschale fallen, s. aber Ulp. VI, 9. 14
(retentio propter impensas), L. 56 §. 3 de J. D. (23. 3) .. retineatur

und die vorige Note; ähnlich beim Pekulium (s. u.), für welches die L. 30
pr. de act. emt.
(19. 1) das "ipso jure minutum esse peculium" und
"retentionem habiturum" ebenfalls identificirt.

A. Der Proceß. Vertheidigung. Gegenanſprüche in Negationsform. §. 52.
Proceß gar nicht zum Vorſchein, ſie wirkte nur negativ als
Subtractionsfactor — man ſpürte ſie nur.

Das iſt die Bedeutung des Satzes, daß die nothwendigen
Auslagen die Dos ipso jure vermindern. 56) Wäre dieſes
Abzugsrecht erſt in ſpäterer Zeit zugelaſſen worden, als die Ex-
ceptionen ſich bereits völlig eingebürgert hatten, ſo würde es
ſchwerlich in dieſe, ſondern wahrſcheinlich in dieſelbe Form ge-
bracht worden ſein, die das Abzugsrecht des Mannes wegen der
nützlichen Verwendungen an ſich trägt, 57) nämlich in die des
Retentionsrechts (exc. doli). Die Verſchiedenheit der Form
beider kommt meiner Anſicht nach lediglich auf Rechnung der Ver-
ſchiedenheit ihrer Entſtehungszeit und der zu derſelben herrſchenden
Proceßſyſteme; 58) vom praktiſchen Standpunkte aus könnte man
beide als Anwendungsfälle des Retentionsrechts bezeichnen, wie
dies die römiſchen Juriſten in der That auch gethan haben. 59)

Das Genauere über die Art und Weiſe, wie jener Abzug
formell in der Klagformel vermittelt wurde, iſt uns nicht erhalten.

56) Impensae necessariae dotem ipso jure minuunt;
L. 5 §. 2 de pact. dot. (22. 4), L. 5 de imp. (25. 1), L. 1 §. 4 L. 2 §. 1
L. 5 de dot. prael.
(33. 4). Die Erklärung, die man ſonſt von dieſer Regel
gibt (z. B. Dernburg Compenſation S. 116), iſt nicht ſowohl eine Erklä-
rung, als eine andere Faſſung der Regel.
57) L. 7 §. 4 de imp. (25. 1) .. utiles non quidem ipso jure minuunt
dotem.
58) Materiell iſt die eine Form ſo wirkſam, wie die andere, die einzig
denkbare Differenz hätte ſich an die cond. indebiti knüpfen können, allein die
meiſten römiſchen Juriſten ſtellten ſie auch hier einander gleich, L. 5 §. 2 de imp.
dot.
(25. 1); die Auffaſſung auch der erſten Form als eines Retentions-
rechts
hätte ſich nicht deutlicher dokumentiren können (arg. L. 51 de cond.
ind.
12. 6) und wird auch durch die mit der aequitas motivirte Mei-
nungsverſchiedenheit von Marcellus und Ulpian um nichts abgeſchwächt.
59) Daß Juſtinian in §. 37 I. de act. (4. 6) dies thut („retentio con-
cessa“)
, ſoll nicht ſchwer in die Wagſchale fallen, ſ. aber Ulp. VI, 9. 14
(retentio propter impensas), L. 56 §. 3 de J. D. (23. 3) .. retineatur

und die vorige Note; ähnlich beim Pekulium (ſ. u.), für welches die L. 30
pr. de act. emt.
(19. 1) das „ipso jure minutum esse peculium“ und
„retentionem habiturum“ ebenfalls identificirt.
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[69/0085] A. Der Proceß. Vertheidigung. Gegenanſprüche in Negationsform. §. 52. Proceß gar nicht zum Vorſchein, ſie wirkte nur negativ als Subtractionsfactor — man ſpürte ſie nur. Das iſt die Bedeutung des Satzes, daß die nothwendigen Auslagen die Dos ipso jure vermindern. 56) Wäre dieſes Abzugsrecht erſt in ſpäterer Zeit zugelaſſen worden, als die Ex- ceptionen ſich bereits völlig eingebürgert hatten, ſo würde es ſchwerlich in dieſe, ſondern wahrſcheinlich in dieſelbe Form ge- bracht worden ſein, die das Abzugsrecht des Mannes wegen der nützlichen Verwendungen an ſich trägt, 57) nämlich in die des Retentionsrechts (exc. doli). Die Verſchiedenheit der Form beider kommt meiner Anſicht nach lediglich auf Rechnung der Ver- ſchiedenheit ihrer Entſtehungszeit und der zu derſelben herrſchenden Proceßſyſteme; 58) vom praktiſchen Standpunkte aus könnte man beide als Anwendungsfälle des Retentionsrechts bezeichnen, wie dies die römiſchen Juriſten in der That auch gethan haben. 59) Das Genauere über die Art und Weiſe, wie jener Abzug formell in der Klagformel vermittelt wurde, iſt uns nicht erhalten. 56) Impensae necessariae dotem ipso jure minuunt; L. 5 §. 2 de pact. dot. (22. 4), L. 5 de imp. (25. 1), L. 1 §. 4 L. 2 §. 1 L. 5 de dot. prael. (33. 4). Die Erklärung, die man ſonſt von dieſer Regel gibt (z. B. Dernburg Compenſation S. 116), iſt nicht ſowohl eine Erklä- rung, als eine andere Faſſung der Regel. 57) L. 7 §. 4 de imp. (25. 1) .. utiles non quidem ipso jure minuunt dotem. 58) Materiell iſt die eine Form ſo wirkſam, wie die andere, die einzig denkbare Differenz hätte ſich an die cond. indebiti knüpfen können, allein die meiſten römiſchen Juriſten ſtellten ſie auch hier einander gleich, L. 5 §. 2 de imp. dot. (25. 1); die Auffaſſung auch der erſten Form als eines Retentions- rechts hätte ſich nicht deutlicher dokumentiren können (arg. L. 51 de cond. ind. 12. 6) und wird auch durch die mit der „aequitas“ motivirte Mei- nungsverſchiedenheit von Marcellus und Ulpian um nichts abgeſchwächt. 59) Daß Juſtinian in §. 37 I. de act. (4. 6) dies thut („retentio con- cessa“), ſoll nicht ſchwer in die Wagſchale fallen, ſ. aber Ulp. VI, 9. 14 (retentio propter impensas), L. 56 §. 3 de J. D. (23. 3) .. retineatur und die vorige Note; ähnlich beim Pekulium (ſ. u.), für welches die L. 30 pr. de act. emt. (19. 1) das „ipso jure minutum esse peculium“ und „retentionem habiturum“ ebenfalls identificirt.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/85>, abgerufen am 24.11.2024.