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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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Zweites Buch. Erster Abschn. III. B. Die juristische Oekonomie.
2. Uebertragbarkeit des testamentarischen
Erbrechts
.

Der Testator wünscht den Erben in die Lage zu versetzen,
daß er je nach Gutbefinden die Erbschaft auf einen Andern über-
tragen oder sie selber antreten kann; wie hat er es anzufangen?

Nicht in der Weise, daß er dies direct verfügt, die römischen
Juristen ließen eine solche Uebertragung nur bei der hereditas
legitima,
nicht auch bei der testamentarischen Erbschaft zu. 319)
Vielmehr in der Weise, daß er einen Sklaven der beabsichtigten
Person oder, da dieser sterben kann, der Sicherheit wegen sämmt-
liche Sklaven derselben sei es neben sei es hintereinander zu
Erben einsetzt. Nach seinem Tode hat dann der Eigenthümer
des Sklaven die Wahl, ob er die Erbschaft durch letztern an-
treten lassen oder sie auf einen Andern übertragen will. Zu dem
Zweck muß er diesem den Sklaven mancipiren und zwar für
den Fall, daß er letzteren zurückhaben will, unter Hinzufügung
eines darauf zielenden Fiduciarvertrages. 320) Auf diese Weise
erhält er ganz wie im obigen Fall den Nettowerth der Erbschaft
und wird selbst von den sacris frei; der Käufer bekommt für
seine Mühwaltung eine Provision oder berechnet sie sich implicite
im Kaufpreis. 321)

319) Ulp. XIX. 14. Der Grund dieser Verschiedenheit mag darin liegen,
daß dem Testator, wenn er dem Erben die obige Befugniß einräumen wollte,
der im Text bezeichnete Weg offen stand, die Nichteinschlagung desselben mithin
in den meisten Fällen als Beweis der entgegengesetzten Absicht gelten konnte.
320) Gai. II 189. L. 58 Sol. matr. (24. 3) ... reddendus est ...
servus .. ea conditione, ut, cum jussu ejus adierit, rursum marito re-
tradatur. L. 1 §. 14 de succ. ed
. (38. 9). Vermöge dieses Mittels konnte
die Erbschaft als Speculationsobject von einer Hand in die andere wandeln,
L. 2 §. 9 de B. P. (37. 11) .. si per multos dominos transierit servus ...
novissimo dabimus B. P
.
321) Die obige Erklärung des praktischen Zwecks der Einsetzung der
Sklaven, die ich bei Frühern nicht gefunden (selbst nicht in der ausführlichen
Darstellung von Mühlenbruch in Glücks Pandekten B. 39 S. 211--229)
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie.
2. Uebertragbarkeit des teſtamentariſchen
Erbrechts
.

Der Teſtator wünſcht den Erben in die Lage zu verſetzen,
daß er je nach Gutbefinden die Erbſchaft auf einen Andern über-
tragen oder ſie ſelber antreten kann; wie hat er es anzufangen?

Nicht in der Weiſe, daß er dies direct verfügt, die römiſchen
Juriſten ließen eine ſolche Uebertragung nur bei der hereditas
legitima,
nicht auch bei der teſtamentariſchen Erbſchaft zu. 319)
Vielmehr in der Weiſe, daß er einen Sklaven der beabſichtigten
Perſon oder, da dieſer ſterben kann, der Sicherheit wegen ſämmt-
liche Sklaven derſelben ſei es neben ſei es hintereinander zu
Erben einſetzt. Nach ſeinem Tode hat dann der Eigenthümer
des Sklaven die Wahl, ob er die Erbſchaft durch letztern an-
treten laſſen oder ſie auf einen Andern übertragen will. Zu dem
Zweck muß er dieſem den Sklaven mancipiren und zwar für
den Fall, daß er letzteren zurückhaben will, unter Hinzufügung
eines darauf zielenden Fiduciarvertrages. 320) Auf dieſe Weiſe
erhält er ganz wie im obigen Fall den Nettowerth der Erbſchaft
und wird ſelbſt von den sacris frei; der Käufer bekommt für
ſeine Mühwaltung eine Proviſion oder berechnet ſie ſich implicite
im Kaufpreis. 321)

319) Ulp. XIX. 14. Der Grund dieſer Verſchiedenheit mag darin liegen,
daß dem Teſtator, wenn er dem Erben die obige Befugniß einräumen wollte,
der im Text bezeichnete Weg offen ſtand, die Nichteinſchlagung deſſelben mithin
in den meiſten Fällen als Beweis der entgegengeſetzten Abſicht gelten konnte.
320) Gai. II 189. L. 58 Sol. matr. (24. 3) … reddendus est …
servus .. ea conditione, ut, cum jussu ejus adierit, rursum marito re-
tradatur. L. 1 §. 14 de succ. ed
. (38. 9). Vermöge dieſes Mittels konnte
die Erbſchaft als Speculationsobject von einer Hand in die andere wandeln,
L. 2 §. 9 de B. P. (37. 11) .. si per multos dominos transierit servus …
novissimo dabimus B. P
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321) Die obige Erklärung des praktiſchen Zwecks der Einſetzung der
Sklaven, die ich bei Frühern nicht gefunden (ſelbſt nicht in der ausführlichen
Darſtellung von Mühlenbruch in Glücks Pandekten B. 39 S. 211—229)
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[236/0252] Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. B. Die juriſtiſche Oekonomie. 2. Uebertragbarkeit des teſtamentariſchen Erbrechts. Der Teſtator wünſcht den Erben in die Lage zu verſetzen, daß er je nach Gutbefinden die Erbſchaft auf einen Andern über- tragen oder ſie ſelber antreten kann; wie hat er es anzufangen? Nicht in der Weiſe, daß er dies direct verfügt, die römiſchen Juriſten ließen eine ſolche Uebertragung nur bei der hereditas legitima, nicht auch bei der teſtamentariſchen Erbſchaft zu. 319) Vielmehr in der Weiſe, daß er einen Sklaven der beabſichtigten Perſon oder, da dieſer ſterben kann, der Sicherheit wegen ſämmt- liche Sklaven derſelben ſei es neben ſei es hintereinander zu Erben einſetzt. Nach ſeinem Tode hat dann der Eigenthümer des Sklaven die Wahl, ob er die Erbſchaft durch letztern an- treten laſſen oder ſie auf einen Andern übertragen will. Zu dem Zweck muß er dieſem den Sklaven mancipiren und zwar für den Fall, daß er letzteren zurückhaben will, unter Hinzufügung eines darauf zielenden Fiduciarvertrages. 320) Auf dieſe Weiſe erhält er ganz wie im obigen Fall den Nettowerth der Erbſchaft und wird ſelbſt von den sacris frei; der Käufer bekommt für ſeine Mühwaltung eine Proviſion oder berechnet ſie ſich implicite im Kaufpreis. 321) 319) Ulp. XIX. 14. Der Grund dieſer Verſchiedenheit mag darin liegen, daß dem Teſtator, wenn er dem Erben die obige Befugniß einräumen wollte, der im Text bezeichnete Weg offen ſtand, die Nichteinſchlagung deſſelben mithin in den meiſten Fällen als Beweis der entgegengeſetzten Abſicht gelten konnte. 320) Gai. II 189. L. 58 Sol. matr. (24. 3) … reddendus est … servus .. ea conditione, ut, cum jussu ejus adierit, rursum marito re- tradatur. L. 1 §. 14 de succ. ed. (38. 9). Vermöge dieſes Mittels konnte die Erbſchaft als Speculationsobject von einer Hand in die andere wandeln, L. 2 §. 9 de B. P. (37. 11) .. si per multos dominos transierit servus … novissimo dabimus B. P. 321) Die obige Erklärung des praktiſchen Zwecks der Einſetzung der Sklaven, die ich bei Frühern nicht gefunden (ſelbſt nicht in der ausführlichen Darſtellung von Mühlenbruch in Glücks Pandekten B. 39 S. 211—229)

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/252>, abgerufen am 22.11.2024.