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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.

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C Die abstracte Analyse. Einfachheit der Rechtskörper. §. 54.
letztern. So lange dem b. f. p. die Impensen nicht vergütet
wurden, durfte man ihn ohne die größte Unbilligkeit nicht zur
Herausgabe der vorhandenen Früchte nöthigen. Die Aenderung
des einen Satzes schloß nothwendigerweise die des andern in
sich. An die Stelle der rohen Aufrechnung in Bausch und Bo-
gen zwischen Früchten und Impensen trat jetzt der Fuß einer ge-
naueren Abrechnung nach beiden Seiten, denn derselbe Grund,
auf den der eine Theil seinen Anspruch stützte, der der Berei-
cherung, bot auch dem Gegner das Fundament zu dem seinigen.
Beide Ansprüche sind Ausflüsse desselben Gedankens: der Ueber-
tragung der dem Obligationenrecht angehörigen Idee der Be-
reicherung auf die Eigenthumsklage.

Daß der Besitzer während des Vindicationsprocesses,
wenn ich so sagen darf, unter die Zucht des Obligationenrechts
gestellt werden mußte, konnte auch im ältern Recht nicht zweifel-
haft sein. Die Art, wie dies geschah, bezeugt wiederum die
Strenge, mit der die alte Jurisprudenz an ihren technischen Ge-
setzen festhielt, denn sie ließ diese Obligation nicht einfach aus
der reiv. herauswachsen, noch auch im Urtheil sichtbar werden,
sondern sie schlug denselben Weg ein, wie bei dem usus fructus,
d. h. den der Begründung eines selbständigen Obligationsver-
hältnisses neben dem dinglichen Recht. Um die Verpflichtung
zur Herausgabe der vom Besitzer (einerlei ob b. f. p. oder m. f. p.)
während des Processes gezogenen Früchte zu begründen, dazu
reichte schon der Gesichtspunkt des Diebstahls (furtum nec mani-
festum
) vollkommen aus, mochte man nun in der Erlangung
der Vindicien von Seiten des unterliegenden Theils ("si vin-
diciam falsam tulit"
) 236) ein furtum (possessionis) des
Grundstücks 237) oder ein furtum (rei) der Früchte erblicken;

236) Worte der XII Tafeln bei Festus s. v. Vindiciae: si vindiciam
falsam tulit, si velit is .. (Cujacius: rei sive litis, Müller: stlitis et
vindiciarum Prae) .. tor arbitros III dato eorum arbitrio ... (Müller:
possessor, reus) fructus duplione damnum decidito.
237) Gellius XI. 18 §. 13 .. fundi quoque et aedium fieri furtum
L. 1 §. 3 de furt. (47. 2) furtum ... possessionisve.

C Die abſtracte Analyſe. Einfachheit der Rechtskörper. §. 54.
letztern. So lange dem b. f. p. die Impenſen nicht vergütet
wurden, durfte man ihn ohne die größte Unbilligkeit nicht zur
Herausgabe der vorhandenen Früchte nöthigen. Die Aenderung
des einen Satzes ſchloß nothwendigerweiſe die des andern in
ſich. An die Stelle der rohen Aufrechnung in Bauſch und Bo-
gen zwiſchen Früchten und Impenſen trat jetzt der Fuß einer ge-
naueren Abrechnung nach beiden Seiten, denn derſelbe Grund,
auf den der eine Theil ſeinen Anſpruch ſtützte, der der Berei-
cherung, bot auch dem Gegner das Fundament zu dem ſeinigen.
Beide Anſprüche ſind Ausflüſſe deſſelben Gedankens: der Ueber-
tragung der dem Obligationenrecht angehörigen Idee der Be-
reicherung auf die Eigenthumsklage.

Daß der Beſitzer während des Vindicationsproceſſes,
wenn ich ſo ſagen darf, unter die Zucht des Obligationenrechts
geſtellt werden mußte, konnte auch im ältern Recht nicht zweifel-
haft ſein. Die Art, wie dies geſchah, bezeugt wiederum die
Strenge, mit der die alte Jurisprudenz an ihren techniſchen Ge-
ſetzen feſthielt, denn ſie ließ dieſe Obligation nicht einfach aus
der reiv. herauswachſen, noch auch im Urtheil ſichtbar werden,
ſondern ſie ſchlug denſelben Weg ein, wie bei dem usus fructus,
d. h. den der Begründung eines ſelbſtändigen Obligationsver-
hältniſſes neben dem dinglichen Recht. Um die Verpflichtung
zur Herausgabe der vom Beſitzer (einerlei ob b. f. p. oder m. f. p.)
während des Proceſſes gezogenen Früchte zu begründen, dazu
reichte ſchon der Geſichtspunkt des Diebſtahls (furtum nec mani-
festum
) vollkommen aus, mochte man nun in der Erlangung
der Vindicien von Seiten des unterliegenden Theils („si vin-
diciam falsam tulit“
) 236) ein furtum (possessionis) des
Grundſtücks 237) oder ein furtum (rei) der Früchte erblicken;

236) Worte der XII Tafeln bei Festus s. v. Vindiciae: si vindiciam
falsam tulit, si velit is .. (Cujacius: rei sive litis, Müller: stlitis et
vindiciarum Prae) .. tor arbitros III dato eorum arbitrio … (Müller:
possessor, reus) fructus duplione damnum decidito.
237) Gellius XI. 18 §. 13 .. fundi quoque et aedium fieri furtum
L. 1 §. 3 de furt. (47. 2) furtum … possessionisve.
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[181/0197] C Die abſtracte Analyſe. Einfachheit der Rechtskörper. §. 54. letztern. So lange dem b. f. p. die Impenſen nicht vergütet wurden, durfte man ihn ohne die größte Unbilligkeit nicht zur Herausgabe der vorhandenen Früchte nöthigen. Die Aenderung des einen Satzes ſchloß nothwendigerweiſe die des andern in ſich. An die Stelle der rohen Aufrechnung in Bauſch und Bo- gen zwiſchen Früchten und Impenſen trat jetzt der Fuß einer ge- naueren Abrechnung nach beiden Seiten, denn derſelbe Grund, auf den der eine Theil ſeinen Anſpruch ſtützte, der der Berei- cherung, bot auch dem Gegner das Fundament zu dem ſeinigen. Beide Anſprüche ſind Ausflüſſe deſſelben Gedankens: der Ueber- tragung der dem Obligationenrecht angehörigen Idee der Be- reicherung auf die Eigenthumsklage. Daß der Beſitzer während des Vindicationsproceſſes, wenn ich ſo ſagen darf, unter die Zucht des Obligationenrechts geſtellt werden mußte, konnte auch im ältern Recht nicht zweifel- haft ſein. Die Art, wie dies geſchah, bezeugt wiederum die Strenge, mit der die alte Jurisprudenz an ihren techniſchen Ge- ſetzen feſthielt, denn ſie ließ dieſe Obligation nicht einfach aus der reiv. herauswachſen, noch auch im Urtheil ſichtbar werden, ſondern ſie ſchlug denſelben Weg ein, wie bei dem usus fructus, d. h. den der Begründung eines ſelbſtändigen Obligationsver- hältniſſes neben dem dinglichen Recht. Um die Verpflichtung zur Herausgabe der vom Beſitzer (einerlei ob b. f. p. oder m. f. p.) während des Proceſſes gezogenen Früchte zu begründen, dazu reichte ſchon der Geſichtspunkt des Diebſtahls (furtum nec mani- festum) vollkommen aus, mochte man nun in der Erlangung der Vindicien von Seiten des unterliegenden Theils („si vin- diciam falsam tulit“) 236) ein furtum (possessionis) des Grundſtücks 237) oder ein furtum (rei) der Früchte erblicken; 236) Worte der XII Tafeln bei Festus s. v. Vindiciae: si vindiciam falsam tulit, si velit is .. (Cujacius: rei sive litis, Müller: stlitis et vindiciarum Prae) .. tor arbitros III dato eorum arbitrio … (Müller: possessor, reus) fructus duplione damnum decidito. 237) Gellius XI. 18 §. 13 .. fundi quoque et aedium fieri furtum L. 1 §. 3 de furt. (47. 2) furtum … possessionisve.

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht03_1865/197>, abgerufen am 25.11.2024.