Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.A. Der Proceß. Vertheidigung in Form der Klage. §. 52. mußte, um Stoff zu haben, durch Ausspähen und Nachspürensich ihn selber suchen, um mit Erfolg Denunciant zu sein, Spion sein, und in der That ward das Gewerbe mit einer Ener- gie betrieben, daß die Gesetzgebung sich genöthigt sah, gegen das Uebel, das sie selbst mit jener Einrichtung ins Leben gerufen hatte, in anderer Weise Abhülfe zu gewähren, und durch An- drohung schwerer Strafen 142) dafür Sorge zu tragen, daß die Gier der Quadruplatoren sich nicht unterschiedlos gegen Schul- dige und Unschuldige kehrte. Das im Bisherigen entworfene Bild unserer Strafklage be- Die einzelnen Fälle sind folgende: 1. Die lex Furia testamentaria. 143) Das Einzige, 72 .. interceptor litis alienae) er hat seinen Namen von der poena quadrupli, die das Gesetz für manche Fälle verhängt hat (Festus sub Qua- druplatores .. ut eas res persequerentur, quarum ex legibus qua- drupli erat actio); es sind dies also Fälle, wo zunächst der Betheiligte eine Klage hatte, z. B. auf Rückgabe gezahlter ungesetzlicher Zinsen. (Pseudo- Ascon. [Orelli 110] .. pecuniae gravioribus usuris feueratae, auf Rück- gabe deutet auch Seneca de benef. VII. 25: beneficiorum suorum qua- druplatores). Von der Quarta pars bei crimina publica (Tac. Ann. IV. 20 Pseudo-Ascon. a. a. O.) kann der Name quadruplatores nicht her- stammen; daß er aber auch hier in Uebung war, ist bekannt. Ebenso wird er in den Fällen gebraucht worden sein, wo die act. popularis nicht auf ein quadruplum, sondern auf eine bestimmte Summe gerichtet war, s. z. B. L. 3 §. 12 cf. L. 3 pr. de sep. viol. (47. 12). 142) Rudorff R. R. G. II. S. 457 flg. 143) B. 2 S. 61. Die Stellen sind bereits im Bisherigen mitgetheilt.
A. Der Proceß. Vertheidigung in Form der Klage. §. 52. mußte, um Stoff zu haben, durch Ausſpähen und Nachſpürenſich ihn ſelber ſuchen, um mit Erfolg Denunciant zu ſein, Spion ſein, und in der That ward das Gewerbe mit einer Ener- gie betrieben, daß die Geſetzgebung ſich genöthigt ſah, gegen das Uebel, das ſie ſelbſt mit jener Einrichtung ins Leben gerufen hatte, in anderer Weiſe Abhülfe zu gewähren, und durch An- drohung ſchwerer Strafen 142) dafür Sorge zu tragen, daß die Gier der Quadruplatoren ſich nicht unterſchiedlos gegen Schul- dige und Unſchuldige kehrte. Das im Bisherigen entworfene Bild unſerer Strafklage be- Die einzelnen Fälle ſind folgende: 1. Die lex Furia testamentaria. 143) Das Einzige, 72 .. interceptor litis alienae) er hat ſeinen Namen von der poena quadrupli, die das Geſetz für manche Fälle verhängt hat (Festus sub Qua- druplatores .. ut eas res persequerentur, quarum ex legibus qua- drupli erat actio); es ſind dies alſo Fälle, wo zunächſt der Betheiligte eine Klage hatte, z. B. auf Rückgabe gezahlter ungeſetzlicher Zinſen. (Pseudo- Ascon. [Orelli 110] .. pecuniae gravioribus usuris feueratae, auf Rück- gabe deutet auch Seneca de benef. VII. 25: beneficiorum suorum qua- druplatores). Von der Quarta pars bei crimina publica (Tac. Ann. IV. 20 Pseudo-Ascon. a. a. O.) kann der Name quadruplatores nicht her- ſtammen; daß er aber auch hier in Uebung war, iſt bekannt. Ebenſo wird er in den Fällen gebraucht worden ſein, wo die act. popularis nicht auf ein quadruplum, ſondern auf eine beſtimmte Summe gerichtet war, ſ. z. B. L. 3 §. 12 cf. L. 3 pr. de sep. viol. (47. 12). 142) Rudorff R. R. G. II. S. 457 flg. 143) B. 2 S. 61. Die Stellen ſind bereits im Bisherigen mitgetheilt.
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A. Der Proceß. Vertheidigung in Form der Klage. §. 52.
mußte, um Stoff zu haben, durch Ausſpähen und Nachſpüren
ſich ihn ſelber ſuchen, um mit Erfolg Denunciant zu ſein,
Spion ſein, und in der That ward das Gewerbe mit einer Ener-
gie betrieben, daß die Geſetzgebung ſich genöthigt ſah, gegen das
Uebel, das ſie ſelbſt mit jener Einrichtung ins Leben gerufen
hatte, in anderer Weiſe Abhülfe zu gewähren, und durch An-
drohung ſchwerer Strafen 142) dafür Sorge zu tragen, daß die
Gier der Quadruplatoren ſich nicht unterſchiedlos gegen Schul-
dige und Unſchuldige kehrte.
Das im Bisherigen entworfene Bild unſerer Strafklage be-
ruht auf einer Zuſammenſetzung einzelner Züge, welche die
Quellen uns bei Gelegenheit der verſchiedenen Fälle aufbewahrt
haben, bei dem einen dieſen, bei dem andern jenen; die Mit-
theilung dieſer einzelnen Fälle wird uns Gelegenheit geben, die
obige Darſtellung quellenmäßig zu begründen.
Die einzelnen Fälle ſind folgende:
1. Die lex Furia testamentaria. 143) Das Einzige,
was für dieſen Fall noch Hervorhebung verdient, iſt die Frage:
was konnte den Geſetzgeber, wenn er einmal für die Legate oder
ſonſtige mortis causa capiones ein Maß von 1000 As feſtſetzen
wollte, veranlaſſen, nicht bloß die gerichtliche Beitreibung, ſon-
141)
142) Rudorff R. R. G. II. S. 457 flg.
143) B. 2 S. 61. Die Stellen ſind bereits im Bisherigen mitgetheilt.
141) 72 .. interceptor litis alienae) er hat ſeinen Namen von der poena
quadrupli, die das Geſetz für manche Fälle verhängt hat (Festus sub Qua-
druplatores .. ut eas res persequerentur, quarum ex legibus qua-
drupli erat actio); es ſind dies alſo Fälle, wo zunächſt der Betheiligte eine
Klage hatte, z. B. auf Rückgabe gezahlter ungeſetzlicher Zinſen. (Pseudo-
Ascon. [Orelli 110] .. pecuniae gravioribus usuris feueratae, auf Rück-
gabe deutet auch Seneca de benef. VII. 25: beneficiorum suorum qua-
druplatores). Von der Quarta pars bei crimina publica (Tac. Ann. IV. 20
Pseudo-Ascon. a. a. O.) kann der Name quadruplatores nicht her-
ſtammen; daß er aber auch hier in Uebung war, iſt bekannt. Ebenſo wird
er in den Fällen gebraucht worden ſein, wo die act. popularis nicht auf ein
quadruplum, ſondern auf eine beſtimmte Summe gerichtet war, ſ. z. B. L. 3
§. 12 cf. L. 3 pr. de sep. viol. (47. 12).
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