Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 3, Bd. 1. Leipzig, 1865.A. Der Proceß. Vertheidigung -- Doppelklage. §. 52. dafür im Gegensatz zur Negation den Ausdruck der Contra-vindication, war auch für die Vindication von Sachen und Erbschaften vorhanden. Auch rücksichtlich ihrer war es, wie auf der Hand liegt, für den Beklagten nicht gleichgültig, ob der Rich- ter bloß erkennen durfte, daß der Vindicant nicht Eigenthümer oder Erbe sei, oder aber positiv daß es der Beklagte sei. Man denke z. B. an den Fall, daß zwei Erbprätendenten miteinander im Streit liegen, von denen der eine auf Grund eines Testa- ments, der andere wegen angeblicher Nichtigkeit des Testaments auf Grund seines Intestaterbrechts, den Nachlaß in Anspruch nimmt, jeder aber sich in Besitz von Nachlaßgegenständen gesetzt hat. Soll hier etwa der eine, nachdem er im ersten Proceß als Beklagter die Gültigkeit des Testaments nachgewiesen hat, als Kläger auftreten, um den gelieferten Nachweis noch einmal zu führen? 122) So alt wie die Begriffe des Miteigenthums und des Mit- 122) Einen Fall der contravindicatio im justinianischen Recht s. L. 8 §. 13 de inoff. test. (5. 2) .. in modum contradictionis querelam inducat, quemadmodum ageret si non possideret, sed peteret. Wie hier die contravindicatio contradictio, so wird in L. 27 §. 2 de lib. caus. (40. 12) der Contravindicant Contradictor genannt -- das vindicare hatte sich zu einem dicere abgeschwächt. 123) Daß das Edict eine neuere Form dafür aufgestellt hat (L. 1 pr. si pars 5. 4), steht dem nicht im Wege. 124) Bei der her. pet. natürlich auch nicht auf einzelne Sachen aus
dem Nachlaß, das wäre eine Cumulation der her. pet. und reivind. gewesen. Daß übrigens die contravindic. auch bei ihr Statt fand, ergibt sich daraus, A. Der Proceß. Vertheidigung — Doppelklage. §. 52. dafür im Gegenſatz zur Negation den Ausdruck der Contra-vindication, war auch für die Vindication von Sachen und Erbſchaften vorhanden. Auch rückſichtlich ihrer war es, wie auf der Hand liegt, für den Beklagten nicht gleichgültig, ob der Rich- ter bloß erkennen durfte, daß der Vindicant nicht Eigenthümer oder Erbe ſei, oder aber poſitiv daß es der Beklagte ſei. Man denke z. B. an den Fall, daß zwei Erbprätendenten miteinander im Streit liegen, von denen der eine auf Grund eines Teſta- ments, der andere wegen angeblicher Nichtigkeit des Teſtaments auf Grund ſeines Inteſtaterbrechts, den Nachlaß in Anſpruch nimmt, jeder aber ſich in Beſitz von Nachlaßgegenſtänden geſetzt hat. Soll hier etwa der eine, nachdem er im erſten Proceß als Beklagter die Gültigkeit des Teſtaments nachgewieſen hat, als Kläger auftreten, um den gelieferten Nachweis noch einmal zu führen? 122) So alt wie die Begriffe des Miteigenthums und des Mit- 122) Einen Fall der contravindicatio im juſtinianiſchen Recht ſ. L. 8 §. 13 de inoff. test. (5. 2) .. in modum contradictionis querelam inducat, quemadmodum ageret si non possideret, sed peteret. Wie hier die contravindicatio contradictio, ſo wird in L. 27 §. 2 de lib. caus. (40. 12) der Contravindicant Contradictor genannt — das vindicare hatte ſich zu einem dicere abgeſchwächt. 123) Daß das Edict eine neuere Form dafür aufgeſtellt hat (L. 1 pr. si pars 5. 4), ſteht dem nicht im Wege. 124) Bei der her. pet. natürlich auch nicht auf einzelne Sachen aus
dem Nachlaß, das wäre eine Cumulation der her. pet. und reivind. geweſen. Daß übrigens die contravindic. auch bei ihr Statt fand, ergibt ſich daraus, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <div n="9"> <div n="10"> <div n="11"> <div n="12"> <p><pb facs="#f0111" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">A.</hi> Der Proceß. Vertheidigung — Doppelklage. §. 52.</fw><lb/> dafür im Gegenſatz zur Negation den Ausdruck der <hi rendition="#g">Contra-<lb/> vindication</hi>, war auch für die Vindication von Sachen und<lb/> Erbſchaften vorhanden. Auch rückſichtlich ihrer war es, wie auf<lb/> der Hand liegt, für den Beklagten nicht gleichgültig, ob der Rich-<lb/> ter bloß erkennen durfte, daß der Vindicant <hi rendition="#g">nicht</hi> Eigenthümer<lb/> oder Erbe ſei, oder aber poſitiv daß es der Beklagte ſei. Man<lb/> denke z. B. an den Fall, daß zwei Erbprätendenten miteinander<lb/> im Streit liegen, von denen der eine auf Grund eines Teſta-<lb/> ments, der andere wegen angeblicher Nichtigkeit des Teſtaments<lb/> auf Grund ſeines Inteſtaterbrechts, den Nachlaß in Anſpruch<lb/> nimmt, jeder aber ſich in Beſitz von Nachlaßgegenſtänden geſetzt<lb/> hat. Soll hier etwa der eine, nachdem er im erſten Proceß als<lb/> Beklagter die Gültigkeit des Teſtaments nachgewieſen hat, als<lb/> Kläger auftreten, um den gelieferten Nachweis noch einmal zu<lb/> führen? <note place="foot" n="122)">Einen Fall der <hi rendition="#aq">contravindicatio</hi> im juſtinianiſchen Recht ſ. <hi rendition="#aq">L. 8<lb/> §. 13 de inoff. test. (5. 2) .. in modum <hi rendition="#g">contradictionis</hi> querelam<lb/> inducat, quemadmodum ageret si non possideret, sed peteret</hi>. Wie hier<lb/> die <hi rendition="#aq">contravindicatio <hi rendition="#g">contradictio</hi>,</hi> ſo wird in <hi rendition="#aq">L. 27 §. 2 de lib. caus</hi>.<lb/> (40. 12) der Contravindicant Contradictor genannt — das <hi rendition="#aq">vindicare</hi> hatte<lb/> ſich zu einem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">dicere</hi></hi> abgeſchwächt.</note></p><lb/> <p>So alt wie die Begriffe des Miteigenthums und des Mit-<lb/> erbrechts ſind begreiflicherweiſe auch die Klagen, mit denen ſie<lb/> geltend gemacht werden, nämlich die Theil-Vindication der Sache<lb/> und der Erbſchaft <note place="foot" n="123)">Daß das Edict eine neuere Form dafür aufgeſtellt hat (<hi rendition="#aq">L. 1 pr. si<lb/> pars</hi> 5. 4), ſteht dem nicht im Wege.</note> und die Theilungsklagen (<hi rendition="#aq">act. communi<lb/> dividundo</hi> und <hi rendition="#aq">familiae erciscundae</hi>). Es wirft ſich nun die<lb/> Frage auf, ob in derſelben Weiſe wie die <hi rendition="#aq">vindicatio</hi> ſo auch die<lb/><hi rendition="#aq">contravindicatio</hi> auf einen <hi rendition="#g">Theil</hi> habe gerichtet werden kön-<lb/> nen, nicht zwar auf einen <hi rendition="#g">körperlichen</hi> Theil <note xml:id="seg2pn_8_1" next="#seg2pn_8_2" place="foot" n="124)">Bei der <hi rendition="#aq">her. pet</hi>. natürlich auch nicht auf <hi rendition="#g">einzelne</hi> Sachen aus<lb/> dem Nachlaß, das wäre eine Cumulation der <hi rendition="#aq">her. pet</hi>. und <hi rendition="#aq">reivind</hi>. geweſen.<lb/> Daß übrigens die <hi rendition="#aq">contravindic</hi>. auch bei ihr Statt fand, ergibt ſich daraus,</note> — denn bei<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [95/0111]
A. Der Proceß. Vertheidigung — Doppelklage. §. 52.
dafür im Gegenſatz zur Negation den Ausdruck der Contra-
vindication, war auch für die Vindication von Sachen und
Erbſchaften vorhanden. Auch rückſichtlich ihrer war es, wie auf
der Hand liegt, für den Beklagten nicht gleichgültig, ob der Rich-
ter bloß erkennen durfte, daß der Vindicant nicht Eigenthümer
oder Erbe ſei, oder aber poſitiv daß es der Beklagte ſei. Man
denke z. B. an den Fall, daß zwei Erbprätendenten miteinander
im Streit liegen, von denen der eine auf Grund eines Teſta-
ments, der andere wegen angeblicher Nichtigkeit des Teſtaments
auf Grund ſeines Inteſtaterbrechts, den Nachlaß in Anſpruch
nimmt, jeder aber ſich in Beſitz von Nachlaßgegenſtänden geſetzt
hat. Soll hier etwa der eine, nachdem er im erſten Proceß als
Beklagter die Gültigkeit des Teſtaments nachgewieſen hat, als
Kläger auftreten, um den gelieferten Nachweis noch einmal zu
führen? 122)
So alt wie die Begriffe des Miteigenthums und des Mit-
erbrechts ſind begreiflicherweiſe auch die Klagen, mit denen ſie
geltend gemacht werden, nämlich die Theil-Vindication der Sache
und der Erbſchaft 123) und die Theilungsklagen (act. communi
dividundo und familiae erciscundae). Es wirft ſich nun die
Frage auf, ob in derſelben Weiſe wie die vindicatio ſo auch die
contravindicatio auf einen Theil habe gerichtet werden kön-
nen, nicht zwar auf einen körperlichen Theil 124) — denn bei
122) Einen Fall der contravindicatio im juſtinianiſchen Recht ſ. L. 8
§. 13 de inoff. test. (5. 2) .. in modum contradictionis querelam
inducat, quemadmodum ageret si non possideret, sed peteret. Wie hier
die contravindicatio contradictio, ſo wird in L. 27 §. 2 de lib. caus.
(40. 12) der Contravindicant Contradictor genannt — das vindicare hatte
ſich zu einem dicere abgeſchwächt.
123) Daß das Edict eine neuere Form dafür aufgeſtellt hat (L. 1 pr. si
pars 5. 4), ſteht dem nicht im Wege.
124) Bei der her. pet. natürlich auch nicht auf einzelne Sachen aus
dem Nachlaß, das wäre eine Cumulation der her. pet. und reivind. geweſen.
Daß übrigens die contravindic. auch bei ihr Statt fand, ergibt ſich daraus,
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