Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Jahr einmal, bei Gelegenheit des Census). 948) Beides höchstlästig und auf die Dauer unhaltbar und darum durch den Ver- kehr schon früh beseitigt. 949) Dieses: die gerichtlichen Legis- actionen sollen nicht an dies nefasti vorgenommen werden. Die Vorschrift hatte einen religiösen Charakter, wie überhaupt die ganze Zeiteintheilung und bestand nicht für die Partheien (denen ursprünglich die Reihenfolge der dies fasti und nefasti sogar ein Geheimniß gewesen sein soll), sondern für den Magistrat, 950) und auch für ihn enthält sie nur ein bloßes Sollen, d. h. wenn er sie übertreten, so hatte er dies zwar durch ein Piaculum zu büßen, allein die Handlung war und blieb in ähnlicher Weise gültig, wie im Privatrecht eine im Widerspruch zu einer be- stehenden Verbindlichkeit vorgenommene Handlung (z. B. Ver- äußerung), m. a. W. die Vorschrift hatte nur die Natur einer lex minus quam perfecta. 951) Aus diesem Grunde waren also die außergerichtlichen Legisactionen (S. 657) durch jene Vor- schrift ebensowenig gehindert, 952) wie die Rechtsgeschäfte. 953) 948) Das ergibt sich schon aus der Controverse im Fragm. de manum. (Dosith). §. 19. 949) Für das Testament s. S. 577, für die Freilassungen Note 737. 950) Varro de L. L. VI, 29 praetoribus licet dicere. 30 nefas praetorem dicere. Ebenso Macrob. Sat. I, 16. 951) Varro §. 30 cit. Ulp. Proem. §. 2. Aehnlich wie bei uns Ueber- tretung der Sonntagsordnung durch Ladengeschäfte während der Kirchzeit. 952) Was Gaj. IV, 29 von der pign. capio bemerkt, ist also keine Irre- gularität oder utilitarische Bestimmung (Bethmann-Hollweg Handbuch des Civilproc. I S. 223 "die pign. cap. litt keinen Verzug," wobei ihm mehr die deutsche Pfändung, als die römische pignor. capio vorgeschwebt haben mag), sondern ein nothwendiger Ausfluß des Princips und galt von allen außerge- richtlichen Legisactionen. 953) Ursprünglich vielleicht mit Ausnahme der durch in jure cessio zu
vollziehenden; späterhin machte sich die freiwillige Gerichtsbarkeit von die- ser Consequenz der streitigen, wie von so mancher andern (S. 563) frei. Gaj. I, 20 .. servi semper manumitti solent. Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Jahr einmal, bei Gelegenheit des Cenſus). 948) Beides höchſtläſtig und auf die Dauer unhaltbar und darum durch den Ver- kehr ſchon früh beſeitigt. 949) Dieſes: die gerichtlichen Legis- actionen ſollen nicht an dies nefasti vorgenommen werden. Die Vorſchrift hatte einen religiöſen Charakter, wie überhaupt die ganze Zeiteintheilung und beſtand nicht für die Partheien (denen urſprünglich die Reihenfolge der dies fasti und nefasti ſogar ein Geheimniß geweſen ſein ſoll), ſondern für den Magiſtrat, 950) und auch für ihn enthält ſie nur ein bloßes Sollen, d. h. wenn er ſie übertreten, ſo hatte er dies zwar durch ein Piaculum zu büßen, allein die Handlung war und blieb in ähnlicher Weiſe gültig, wie im Privatrecht eine im Widerſpruch zu einer be- ſtehenden Verbindlichkeit vorgenommene Handlung (z. B. Ver- äußerung), m. a. W. die Vorſchrift hatte nur die Natur einer lex minus quam perfecta. 951) Aus dieſem Grunde waren alſo die außergerichtlichen Legisactionen (S. 657) durch jene Vor- ſchrift ebenſowenig gehindert, 952) wie die Rechtsgeſchäfte. 953) 948) Das ergibt ſich ſchon aus der Controverſe im Fragm. de manum. (Dosith). §. 19. 949) Für das Teſtament ſ. S. 577, für die Freilaſſungen Note 737. 950) Varro de L. L. VI, 29 praetoribus licet dicere. 30 nefas praetorem dicere. Ebenſo Macrob. Sat. I, 16. 951) Varro §. 30 cit. Ulp. Proem. §. 2. Aehnlich wie bei uns Ueber- tretung der Sonntagsordnung durch Ladengeſchäfte während der Kirchzeit. 952) Was Gaj. IV, 29 von der pign. capio bemerkt, iſt alſo keine Irre- gularität oder utilitariſche Beſtimmung (Bethmann-Hollweg Handbuch des Civilproc. I S. 223 „die pign. cap. litt keinen Verzug,“ wobei ihm mehr die deutſche Pfändung, als die römiſche pignor. capio vorgeſchwebt haben mag), ſondern ein nothwendiger Ausfluß des Princips und galt von allen außerge- richtlichen Legisactionen. 953) Urſprünglich vielleicht mit Ausnahme der durch in jure cessio zu
vollziehenden; ſpäterhin machte ſich die freiwillige Gerichtsbarkeit von die- ſer Conſequenz der ſtreitigen, wie von ſo mancher andern (S. 563) frei. Gaj. I, 20 .. servi semper manumitti solent. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <div n="8"> <p><pb facs="#f0401" n="695"/><fw place="top" type="header">Haften an der Aeußerlichkeit. <hi rendition="#aq">III.</hi> Der Formalismus. §. 47.</fw><lb/> Jahr einmal, bei Gelegenheit des Cenſus). <note place="foot" n="948)">Das ergibt ſich ſchon aus der Controverſe im <hi rendition="#aq">Fragm. de manum.<lb/> (Dosith).</hi> §. 19.</note> Beides höchſt<lb/> läſtig und auf die Dauer unhaltbar und darum durch den Ver-<lb/> kehr ſchon früh beſeitigt. <note place="foot" n="949)">Für das Teſtament ſ. S. 577, für die Freilaſſungen Note 737.</note> <hi rendition="#g">Dieſes</hi>: die gerichtlichen Legis-<lb/> actionen ſollen nicht an <hi rendition="#aq">dies nefasti</hi> vorgenommen werden. Die<lb/> Vorſchrift hatte einen religiöſen Charakter, wie überhaupt die<lb/> ganze Zeiteintheilung und beſtand nicht für die Partheien (denen<lb/> urſprünglich die Reihenfolge der <hi rendition="#aq">dies fasti</hi> und <hi rendition="#aq">nefasti</hi> ſogar<lb/> ein Geheimniß geweſen ſein ſoll), ſondern für den Magiſtrat, <note place="foot" n="950)"><hi rendition="#aq">Varro de L. L. VI, 29 <hi rendition="#g">praetoribus</hi> licet dicere. 30 nefas<lb/><hi rendition="#g">praetorem</hi> dicere.</hi> Ebenſo <hi rendition="#aq">Macrob. Sat. I,</hi> 16.</note><lb/> und auch für ihn enthält ſie nur ein bloßes <hi rendition="#g">Sollen</hi>, d. h. wenn<lb/> er ſie übertreten, ſo hatte er dies zwar durch ein Piaculum zu<lb/> büßen, allein die Handlung war und blieb in ähnlicher Weiſe<lb/><hi rendition="#g">gültig</hi>, wie im Privatrecht eine im Widerſpruch zu einer be-<lb/> ſtehenden Verbindlichkeit vorgenommene Handlung (z. B. Ver-<lb/> äußerung), m. a. W. die Vorſchrift hatte nur die Natur einer<lb/><hi rendition="#aq">lex minus quam perfecta.</hi> <note place="foot" n="951)"><hi rendition="#aq">Varro §. 30 cit. Ulp. Proem.</hi> §. 2. Aehnlich wie bei uns Ueber-<lb/> tretung der Sonntagsordnung durch Ladengeſchäfte während der Kirchzeit.</note> Aus dieſem Grunde waren alſo<lb/> die außergerichtlichen Legisactionen (S. 657) durch jene Vor-<lb/> ſchrift ebenſowenig gehindert, <note place="foot" n="952)">Was <hi rendition="#aq">Gaj. IV,</hi> 29 von der <hi rendition="#aq">pign. capio</hi> bemerkt, iſt alſo keine Irre-<lb/> gularität oder utilitariſche Beſtimmung (Bethmann-Hollweg Handbuch des<lb/> Civilproc. <hi rendition="#aq">I</hi> S. 223 „die <hi rendition="#aq">pign. cap.</hi> litt keinen Verzug,“ wobei ihm mehr die<lb/> deutſche Pfändung, als die römiſche <hi rendition="#aq">pignor. capio</hi> vorgeſchwebt haben mag),<lb/> ſondern ein nothwendiger Ausfluß des Princips und galt von allen außerge-<lb/> richtlichen Legisactionen.</note> wie die Rechtsgeſchäfte. <note place="foot" n="953)">Urſprünglich vielleicht mit Ausnahme der durch <hi rendition="#aq">in jure cessio</hi> zu<lb/> vollziehenden; ſpäterhin machte ſich die freiwillige Gerichtsbarkeit von die-<lb/> ſer Conſequenz der ſtreitigen, wie von ſo mancher andern (S. 563) frei.<lb/><hi rendition="#aq">Gaj. I, 20 .. servi <hi rendition="#g">semper</hi> manumitti solent.</hi></note></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> <back> </back> </text> </TEI> [695/0401]
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läſtig und auf die Dauer unhaltbar und darum durch den Ver-
kehr ſchon früh beſeitigt. 949) Dieſes: die gerichtlichen Legis-
actionen ſollen nicht an dies nefasti vorgenommen werden. Die
Vorſchrift hatte einen religiöſen Charakter, wie überhaupt die
ganze Zeiteintheilung und beſtand nicht für die Partheien (denen
urſprünglich die Reihenfolge der dies fasti und nefasti ſogar
ein Geheimniß geweſen ſein ſoll), ſondern für den Magiſtrat, 950)
und auch für ihn enthält ſie nur ein bloßes Sollen, d. h. wenn
er ſie übertreten, ſo hatte er dies zwar durch ein Piaculum zu
büßen, allein die Handlung war und blieb in ähnlicher Weiſe
gültig, wie im Privatrecht eine im Widerſpruch zu einer be-
ſtehenden Verbindlichkeit vorgenommene Handlung (z. B. Ver-
äußerung), m. a. W. die Vorſchrift hatte nur die Natur einer
lex minus quam perfecta. 951) Aus dieſem Grunde waren alſo
die außergerichtlichen Legisactionen (S. 657) durch jene Vor-
ſchrift ebenſowenig gehindert, 952) wie die Rechtsgeſchäfte. 953)
948) Das ergibt ſich ſchon aus der Controverſe im Fragm. de manum.
(Dosith). §. 19.
949) Für das Teſtament ſ. S. 577, für die Freilaſſungen Note 737.
950) Varro de L. L. VI, 29 praetoribus licet dicere. 30 nefas
praetorem dicere. Ebenſo Macrob. Sat. I, 16.
951) Varro §. 30 cit. Ulp. Proem. §. 2. Aehnlich wie bei uns Ueber-
tretung der Sonntagsordnung durch Ladengeſchäfte während der Kirchzeit.
952) Was Gaj. IV, 29 von der pign. capio bemerkt, iſt alſo keine Irre-
gularität oder utilitariſche Beſtimmung (Bethmann-Hollweg Handbuch des
Civilproc. I S. 223 „die pign. cap. litt keinen Verzug,“ wobei ihm mehr die
deutſche Pfändung, als die römiſche pignor. capio vorgeſchwebt haben mag),
ſondern ein nothwendiger Ausfluß des Princips und galt von allen außerge-
richtlichen Legisactionen.
953) Urſprünglich vielleicht mit Ausnahme der durch in jure cessio zu
vollziehenden; ſpäterhin machte ſich die freiwillige Gerichtsbarkeit von die-
ſer Conſequenz der ſtreitigen, wie von ſo mancher andern (S. 563) frei.
Gaj. I, 20 .. servi semper manumitti solent.
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