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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.

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Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
Weise wieder, daß die Annahme einer Absicht sich gar nicht
abwehren läßt. Jenes Charakteristische lag, wie früher (§. 46)
gezeigt, einmal in dem Ergreifen der Sache und zweitens in der
Formel: ajo rem meam esse. Diese Formel nun ist für die Vin-
dication wörtlich dieselbe, und daß auch die Hand repe-
tirt, ist bereits S. 601 bemerkt.

Diese Beobachtung muß zu der Frage führen, ob nicht bei
der persönlichen Klage ein ähnliches Verhältniß obgewaltet ha-
ben mag. Valerius Probus hat uns als eine den Legisactionen
angehörige Formel die oben S. 632 mitgetheilte: ajo te mihi
dare oportere
aufbewahrt, in der man, und gewiß mit Recht,
die der persönlichen Klage hat finden wollen.866) Im Formular-
proceß lautet die Formel ebenso (si paret) N. N. Ao Ao dare
oportere.
Als formelle Geschäfte, denen diese Formel corre-
spondiren könnte, kommen nur die Sponsion und der Literalcon-
tract in Betracht. Beide aber schließen den Gedanken an eine
Wortallusion aus, denn in dem in der Stipulation wie in der
Formel wiederkehrenden dare wird man sie nicht erblicken
wollen. Die Correspondenz war hier eine, wenn ich sagen darf,
idealere, feinere; sie steckt in dem Gegensatz der Formulirung der
Klage in rem und in personam. Das Eigenthum als absolutes
Recht erscheint sowohl bei der Begründung wie bei der Geltend-
machung in einer absoluten Form, die Obligation bei dieser
wie jener Gelegenheit in einer relativen (s. oben S. 511).

3. Correspondenz zwischen der Legisactio und
den Worten des Gesetzes
.

Ich wende mich jetzt einem Anwendungsfall unseres Grund-
satzes867) zu, der sowohl rücksichtlich der äußeren Ausdehnung

866) Daß sie aber, wie Einige wollen, der legis actio per condictio-
nem
sollte angehört haben, ist schon aus dem Grunde höchst unwahrscheinlich,
weil diese legis actio zu Probus Zeit lange aufgehört hatte praktisch zu sein.
Keller Röm. Civilproc. §. 14 Note 219 überweist sie dem Sacramentspro-
ceß, und dies scheint mir das Wahrscheinlichste.
867) Einen andern haben wir bereits in anderm Zusammenhange S. 602

Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47.
Weiſe wieder, daß die Annahme einer Abſicht ſich gar nicht
abwehren läßt. Jenes Charakteriſtiſche lag, wie früher (§. 46)
gezeigt, einmal in dem Ergreifen der Sache und zweitens in der
Formel: ajo rem meam esse. Dieſe Formel nun iſt für die Vin-
dication wörtlich dieſelbe, und daß auch die Hand repe-
tirt, iſt bereits S. 601 bemerkt.

Dieſe Beobachtung muß zu der Frage führen, ob nicht bei
der perſönlichen Klage ein ähnliches Verhältniß obgewaltet ha-
ben mag. Valerius Probus hat uns als eine den Legisactionen
angehörige Formel die oben S. 632 mitgetheilte: ajo te mihi
dare oportere
aufbewahrt, in der man, und gewiß mit Recht,
die der perſönlichen Klage hat finden wollen.866) Im Formular-
proceß lautet die Formel ebenſo (si paret) N. N. Ao Ao dare
oportere.
Als formelle Geſchäfte, denen dieſe Formel corre-
ſpondiren könnte, kommen nur die Sponſion und der Literalcon-
tract in Betracht. Beide aber ſchließen den Gedanken an eine
Wortalluſion aus, denn in dem in der Stipulation wie in der
Formel wiederkehrenden dare wird man ſie nicht erblicken
wollen. Die Correſpondenz war hier eine, wenn ich ſagen darf,
idealere, feinere; ſie ſteckt in dem Gegenſatz der Formulirung der
Klage in rem und in personam. Das Eigenthum als abſolutes
Recht erſcheint ſowohl bei der Begründung wie bei der Geltend-
machung in einer abſoluten Form, die Obligation bei dieſer
wie jener Gelegenheit in einer relativen (ſ. oben S. 511).

3. Correſpondenz zwiſchen der Legisactio und
den Worten des Geſetzes
.

Ich wende mich jetzt einem Anwendungsfall unſeres Grund-
ſatzes867) zu, der ſowohl rückſichtlich der äußeren Ausdehnung

866) Daß ſie aber, wie Einige wollen, der legis actio per condictio-
nem
ſollte angehört haben, iſt ſchon aus dem Grunde höchſt unwahrſcheinlich,
weil dieſe legis actio zu Probus Zeit lange aufgehört hatte praktiſch zu ſein.
Keller Röm. Civilproc. §. 14 Note 219 überweiſt ſie dem Sacramentspro-
ceß, und dies ſcheint mir das Wahrſcheinlichſte.
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[647/0353] Haften an der Aeußerlichkeit. III. Der Formalismus. §. 47. Weiſe wieder, daß die Annahme einer Abſicht ſich gar nicht abwehren läßt. Jenes Charakteriſtiſche lag, wie früher (§. 46) gezeigt, einmal in dem Ergreifen der Sache und zweitens in der Formel: ajo rem meam esse. Dieſe Formel nun iſt für die Vin- dication wörtlich dieſelbe, und daß auch die Hand repe- tirt, iſt bereits S. 601 bemerkt. Dieſe Beobachtung muß zu der Frage führen, ob nicht bei der perſönlichen Klage ein ähnliches Verhältniß obgewaltet ha- ben mag. Valerius Probus hat uns als eine den Legisactionen angehörige Formel die oben S. 632 mitgetheilte: ajo te mihi dare oportere aufbewahrt, in der man, und gewiß mit Recht, die der perſönlichen Klage hat finden wollen. 866) Im Formular- proceß lautet die Formel ebenſo (si paret) N. N. Ao Ao dare oportere. Als formelle Geſchäfte, denen dieſe Formel corre- ſpondiren könnte, kommen nur die Sponſion und der Literalcon- tract in Betracht. Beide aber ſchließen den Gedanken an eine Wortalluſion aus, denn in dem in der Stipulation wie in der Formel wiederkehrenden dare wird man ſie nicht erblicken wollen. Die Correſpondenz war hier eine, wenn ich ſagen darf, idealere, feinere; ſie ſteckt in dem Gegenſatz der Formulirung der Klage in rem und in personam. Das Eigenthum als abſolutes Recht erſcheint ſowohl bei der Begründung wie bei der Geltend- machung in einer abſoluten Form, die Obligation bei dieſer wie jener Gelegenheit in einer relativen (ſ. oben S. 511). 3. Correſpondenz zwiſchen der Legisactio und den Worten des Geſetzes. Ich wende mich jetzt einem Anwendungsfall unſeres Grund- ſatzes 867) zu, der ſowohl rückſichtlich der äußeren Ausdehnung 866) Daß ſie aber, wie Einige wollen, der legis actio per condictio- nem ſollte angehört haben, iſt ſchon aus dem Grunde höchſt unwahrſcheinlich, weil dieſe legis actio zu Probus Zeit lange aufgehört hatte praktiſch zu ſein. Keller Röm. Civilproc. §. 14 Note 219 überweiſt ſie dem Sacramentspro- ceß, und dies ſcheint mir das Wahrſcheinlichſte. 867) Einen andern haben wir bereits in anderm Zuſammenhange S. 602

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0202_1858/353>, abgerufen am 21.11.2024.