Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. seine höchste Höhe. Zu glauben, daß dem im strengsten Stylgehaltenen ersten Act des erbrechtlichen Schauspieles: der Te- stamentserrichtung als zweiter eine völlig formlose Antre- tung der Erbschaft gefolgt sei, zu glauben, daß die Juristen dabei sich selbst und ihre ganze Weise, ihren Sinn für Sym- metrie so ganz und gar verläugnet hätten, dazu würde ein gänz- licher Mangel alles historischen Sinns und Urtheils gehören. Daß ein römischer Jurist die hereditatis aditio unter den actus legitimi aufführt, 681) will ich nicht in die Wagschale werfen, denn es steht dahin, ob die Verfasser der Pandekten hier nicht, wie so oft, einen nicht mehr passenden Ausdruck des früheren Rechts (cretio) mit einem passenderen vertauscht haben. Aus der obigen Tabelle ergibt sich nun folgendes Resultat. 681) L. 77 de R. J. (50. 17).
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. ſeine höchſte Höhe. Zu glauben, daß dem im ſtrengſten Stylgehaltenen erſten Act des erbrechtlichen Schauſpieles: der Te- ſtamentserrichtung als zweiter eine völlig formloſe Antre- tung der Erbſchaft gefolgt ſei, zu glauben, daß die Juriſten dabei ſich ſelbſt und ihre ganze Weiſe, ihren Sinn für Sym- metrie ſo ganz und gar verläugnet hätten, dazu würde ein gänz- licher Mangel alles hiſtoriſchen Sinns und Urtheils gehören. Daß ein römiſcher Juriſt die hereditatis aditio unter den actus legitimi aufführt, 681) will ich nicht in die Wagſchale werfen, denn es ſteht dahin, ob die Verfaſſer der Pandekten hier nicht, wie ſo oft, einen nicht mehr paſſenden Ausdruck des früheren Rechts (cretio) mit einem paſſenderen vertauſcht haben. Aus der obigen Tabelle ergibt ſich nun folgendes Reſultat. 681) L. 77 de R. J. (50. 17).
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Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
ſeine höchſte Höhe. Zu glauben, daß dem im ſtrengſten Styl
gehaltenen erſten Act des erbrechtlichen Schauſpieles: der Te-
ſtamentserrichtung als zweiter eine völlig formloſe Antre-
tung der Erbſchaft gefolgt ſei, zu glauben, daß die Juriſten
dabei ſich ſelbſt und ihre ganze Weiſe, ihren Sinn für Sym-
metrie ſo ganz und gar verläugnet hätten, dazu würde ein gänz-
licher Mangel alles hiſtoriſchen Sinns und Urtheils gehören.
Daß ein römiſcher Juriſt die hereditatis aditio unter den actus
legitimi aufführt, 681) will ich nicht in die Wagſchale werfen,
denn es ſteht dahin, ob die Verfaſſer der Pandekten hier nicht,
wie ſo oft, einen nicht mehr paſſenden Ausdruck des früheren
Rechts (cretio) mit einem paſſenderen vertauſcht haben.
Aus der obigen Tabelle ergibt ſich nun folgendes Reſultat.
Alle Geſchäfte, die unzweifelhaft dem ältern Recht angehören,
ſind formell, alle, die dem neuern angehören, formlos oder
m. a. W. der Zug der frühern Zeit geht eben ſo entſchieden
zur Form, als der der ſpätern zur Formloſigkeit. Je weiter wir
in letztere hinabſteigen, um deſto mehr wächſt einerſeits die Zahl
der formloſen Geſchäfte, und deſto mehr ſterben die vorhan-
denen formellen innerlich ab, welches letztere ich hier der Kürze
wegen nur hie und da habe andeuten können. Nur das Fami-
lienrecht bleibt, abgeſehen von der angeblichen Formloſigkeit der
Ehe, von dem Gegenſatz vollſtändig verſchont, und die Einwir-
kung der neuern Zeit äußert ſich hier lediglich in Erleichterung
und Abkürzung der vorhandenen Formen, bis ſie ſchließlich
völlig neuen weichen. Die Reaction der ſpätern Kaiſerzeit ge-
gen das alles überfluthende Princip der Formloſigkeit und die
Zurückführung des letzteren auf ſein rechtes Maß (Codicill,
pignus publicum, instrumenta publica, Inſinuation, Formen
der Freilaſſung u. ſ. w.) hatte für den Zweck, den ich mit jener
Tabelle verfolgen wollte, keinen Werth und bleibt dem dritten
Syſtem vorbehalten.
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