Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 2. Leipzig, 1858.Zweites Buch. Erster Abschn. III. Die jurist. Technik. B. Des ält. Rechts. stulirten Formen sind es, die den Begriff des formellenRechtsgeschäfts constituiren. Bei der zweiten Art erscheint das Rechtsgeschäft lediglich als äußere Veranlassung zur Vor- nahme einer anderen bedingungsweise vorgeschriebenen Hand- lung. 652) Das formelle Rechtsgeschäft läßt sich mithin definiren als dasjenige, bei dem sich die Nichtbeachtung der rechtlich erforderlichen Form der Willensäußerung im Rechtsgeschäft selbst rächt. Requisite des Rechts- geschäfts, die sich nicht auf die Form der Willensäußerung beziehen, gehören gar nicht hieher. Jede Formvorschrift enthält eine Beschränkung des Willens Demzufolge würde sich der Begriff des formlosen Rechts- Stempelpapier gesichert. Mit dem obigen Gegensatz hängt, insoweit es sich dabei um Beachtung einer Form handelt, der der leges perfectae und mi- nus quam perfectae zusammen. 652) Der Miethcontract mit dem Gesinde ist in unserm heutigen Recht durch das vielfach vorkommende Gebot polizeilicher Anmeldung des Gesindes kein formeller geworden. 653) Diese Fixirung kann auch lediglich den Ort (z. B. vor Gericht,
auf der Börse) und denkbarerweise könnte sie auch die Zeit betreffen. Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts. ſtulirten Formen ſind es, die den Begriff des formellenRechtsgeſchäfts conſtituiren. Bei der zweiten Art erſcheint das Rechtsgeſchäft lediglich als äußere Veranlaſſung zur Vor- nahme einer anderen bedingungsweiſe vorgeſchriebenen Hand- lung. 652) Das formelle Rechtsgeſchäft läßt ſich mithin definiren als dasjenige, bei dem ſich die Nichtbeachtung der rechtlich erforderlichen Form der Willensäußerung im Rechtsgeſchäft ſelbſt rächt. Requiſite des Rechts- geſchäfts, die ſich nicht auf die Form der Willensäußerung beziehen, gehören gar nicht hieher. Jede Formvorſchrift enthält eine Beſchränkung des Willens Demzufolge würde ſich der Begriff des formloſen Rechts- Stempelpapier geſichert. Mit dem obigen Gegenſatz hängt, inſoweit es ſich dabei um Beachtung einer Form handelt, der der leges perfectae und mi- nus quam perfectae zuſammen. 652) Der Miethcontract mit dem Geſinde iſt in unſerm heutigen Recht durch das vielfach vorkommende Gebot polizeilicher Anmeldung des Geſindes kein formeller geworden. 653) Dieſe Fixirung kann auch lediglich den Ort (z. B. vor Gericht,
auf der Börſe) und denkbarerweiſe könnte ſie auch die Zeit betreffen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <div n="7"> <p><pb facs="#f0206" n="500"/><fw place="top" type="header">Zweites Buch. Erſter Abſchn. <hi rendition="#aq">III.</hi> Die juriſt. Technik. <hi rendition="#aq">B.</hi> Des ält. Rechts.</fw><lb/> ſtulirten Formen ſind es, die den Begriff des <hi rendition="#g">formellen<lb/> Rechtsgeſchäfts</hi> conſtituiren. Bei der zweiten Art erſcheint<lb/> das Rechtsgeſchäft lediglich als äußere Veranlaſſung zur Vor-<lb/> nahme einer anderen bedingungsweiſe vorgeſchriebenen Hand-<lb/> lung. <note place="foot" n="652)">Der Miethcontract mit dem Geſinde iſt in unſerm heutigen Recht<lb/> durch das vielfach vorkommende Gebot polizeilicher Anmeldung des Geſindes<lb/> kein formeller geworden.</note> Das formelle Rechtsgeſchäft läßt ſich mithin definiren<lb/> als dasjenige, <hi rendition="#g">bei dem ſich die Nichtbeachtung der<lb/> rechtlich erforderlichen Form der Willensäußerung<lb/> im Rechtsgeſchäft ſelbſt rächt</hi>. Requiſite des Rechts-<lb/> geſchäfts, die ſich nicht auf die Form der <hi rendition="#g">Willensäußerung</hi><lb/> beziehen, gehören gar nicht hieher.</p><lb/> <p>Jede Formvorſchrift enthält eine Beſchränkung des Willens<lb/> in der Wahl ſeiner Ausdrucksmittel, aber nicht jede derartige<lb/> Beſchränkung begründet den Begriff des formellen Geſchäfts.<lb/> Die Beſchränkung kann eine negative oder poſitive ſein. Erſte-<lb/> res, wenn nur ein gewiſſes Aeußerungsmittel (z. B. die ſtill-<lb/> ſchweigende Erklärung) oder der Abſchluß an einem gewiſſen<lb/> Ort, zu einer gewiſſen Zeit geſetzlich ausgeſchloſſen iſt, letzteres,<lb/> wenn die Aeußerungsform poſitiv fixirt iſt. <note place="foot" n="653)">Dieſe Fixirung kann auch lediglich den Ort (z. B. vor Gericht,<lb/> auf der Börſe) und denkbarerweiſe könnte ſie auch die Zeit betreffen.</note> Dort dürfen<lb/> wir von „Formbeſchränkungen“, nicht aber von einem formellen<lb/> Geſchäft reden, denn die von dem Handelnden angewandte<lb/> Form iſt trotz der Beſchränkung in der Wahl nichts deſto weniger<lb/> ein Werk der <hi rendition="#g">Wahl</hi> geweſen, ſie hat alle Eigenſchaften der<lb/> freien oder individuellen Form, von denen ſogleich die Rede ſein<lb/> wird, während das formelle Geſchäft, ſoweit die Formvorſchrift<lb/> reicht, jede Wahl und Freiheit ausſchließt.</p><lb/> <p>Demzufolge würde ſich der Begriff des formloſen Rechts-<lb/><note xml:id="seg2pn_19_2" prev="#seg2pn_19_1" place="foot" n="651)">Stempelpapier geſichert. Mit dem obigen Gegenſatz hängt, inſoweit es ſich<lb/> dabei um Beachtung einer <hi rendition="#g">Form</hi> handelt, der der <hi rendition="#aq">leges perfectae</hi> und <hi rendition="#aq">mi-<lb/> nus quam perfectae</hi> zuſammen.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [500/0206]
Zweites Buch. Erſter Abſchn. III. Die juriſt. Technik. B. Des ält. Rechts.
ſtulirten Formen ſind es, die den Begriff des formellen
Rechtsgeſchäfts conſtituiren. Bei der zweiten Art erſcheint
das Rechtsgeſchäft lediglich als äußere Veranlaſſung zur Vor-
nahme einer anderen bedingungsweiſe vorgeſchriebenen Hand-
lung. 652) Das formelle Rechtsgeſchäft läßt ſich mithin definiren
als dasjenige, bei dem ſich die Nichtbeachtung der
rechtlich erforderlichen Form der Willensäußerung
im Rechtsgeſchäft ſelbſt rächt. Requiſite des Rechts-
geſchäfts, die ſich nicht auf die Form der Willensäußerung
beziehen, gehören gar nicht hieher.
Jede Formvorſchrift enthält eine Beſchränkung des Willens
in der Wahl ſeiner Ausdrucksmittel, aber nicht jede derartige
Beſchränkung begründet den Begriff des formellen Geſchäfts.
Die Beſchränkung kann eine negative oder poſitive ſein. Erſte-
res, wenn nur ein gewiſſes Aeußerungsmittel (z. B. die ſtill-
ſchweigende Erklärung) oder der Abſchluß an einem gewiſſen
Ort, zu einer gewiſſen Zeit geſetzlich ausgeſchloſſen iſt, letzteres,
wenn die Aeußerungsform poſitiv fixirt iſt. 653) Dort dürfen
wir von „Formbeſchränkungen“, nicht aber von einem formellen
Geſchäft reden, denn die von dem Handelnden angewandte
Form iſt trotz der Beſchränkung in der Wahl nichts deſto weniger
ein Werk der Wahl geweſen, ſie hat alle Eigenſchaften der
freien oder individuellen Form, von denen ſogleich die Rede ſein
wird, während das formelle Geſchäft, ſoweit die Formvorſchrift
reicht, jede Wahl und Freiheit ausſchließt.
Demzufolge würde ſich der Begriff des formloſen Rechts-
651)
652) Der Miethcontract mit dem Geſinde iſt in unſerm heutigen Recht
durch das vielfach vorkommende Gebot polizeilicher Anmeldung des Geſindes
kein formeller geworden.
653) Dieſe Fixirung kann auch lediglich den Ort (z. B. vor Gericht,
auf der Börſe) und denkbarerweiſe könnte ſie auch die Zeit betreffen.
651) Stempelpapier geſichert. Mit dem obigen Gegenſatz hängt, inſoweit es ſich
dabei um Beachtung einer Form handelt, der der leges perfectae und mi-
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