Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.Einleitung. §. 22. leitung (§. 5) ausgesprochenen methodologischen Grundsätzenwerden wir hier nun das systematische Moment auf Kosten des chronologischen geltend machen, also uns das zweite System in seiner ganzen Fülle und Ausdehnung zu vergegenwärtigen und in seiner Eigenthümlichkeit zu schildern suchen. Bei dieser Cha- rakteristik nehmen wir auf einige Erscheinungen, die dem Grund- charakter des Systems nicht entsprechen, zunächst keine Rücksicht, werden dieselben aber später (Absch. I Kap. 4: Freiere Bildun- gen) berühren, und dort wird der geeignete Ort sein, um uns wegen dieses Verfahrens zu rechtfertigen. Wenn also mancher Leser bei der Uebersicht des gegenwärtigen Systems eine Berück- sichtigung des jus gentium mit Befremden vermissen wird, so werde ich ihn nur auf jenes Kapitel verweisen können, wo er das Nöthige darüber finden wird. Nach welchen innern Kriterien ich nun das, was ich dem Was die chronologische Abgränzung des Systems anbetrifft, Einleitung. §. 22. leitung (§. 5) ausgeſprochenen methodologiſchen Grundſätzenwerden wir hier nun das ſyſtematiſche Moment auf Koſten des chronologiſchen geltend machen, alſo uns das zweite Syſtem in ſeiner ganzen Fülle und Ausdehnung zu vergegenwärtigen und in ſeiner Eigenthümlichkeit zu ſchildern ſuchen. Bei dieſer Cha- rakteriſtik nehmen wir auf einige Erſcheinungen, die dem Grund- charakter des Syſtems nicht entſprechen, zunächſt keine Rückſicht, werden dieſelben aber ſpäter (Abſch. I Kap. 4: Freiere Bildun- gen) berühren, und dort wird der geeignete Ort ſein, um uns wegen dieſes Verfahrens zu rechtfertigen. Wenn alſo mancher Leſer bei der Ueberſicht des gegenwärtigen Syſtems eine Berück- ſichtigung des jus gentium mit Befremden vermiſſen wird, ſo werde ich ihn nur auf jenes Kapitel verweiſen können, wo er das Nöthige darüber finden wird. Nach welchen innern Kriterien ich nun das, was ich dem Was die chronologiſche Abgränzung des Syſtems anbetrifft, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0019" n="5"/><fw place="top" type="header">Einleitung. §. 22.</fw><lb/> leitung (§. 5) ausgeſprochenen methodologiſchen Grundſätzen<lb/> werden wir hier nun das ſyſtematiſche Moment auf Koſten des<lb/> chronologiſchen geltend machen, alſo uns das zweite Syſtem in<lb/> ſeiner ganzen Fülle und Ausdehnung zu vergegenwärtigen und<lb/> in ſeiner Eigenthümlichkeit zu ſchildern ſuchen. Bei dieſer Cha-<lb/> rakteriſtik nehmen wir auf einige Erſcheinungen, die dem Grund-<lb/> charakter des Syſtems nicht entſprechen, zunächſt keine Rückſicht,<lb/> werden dieſelben aber ſpäter (Abſch. <hi rendition="#aq">I</hi> Kap. 4: Freiere Bildun-<lb/> gen) berühren, und dort wird der geeignete Ort ſein, um uns<lb/> wegen dieſes Verfahrens zu rechtfertigen. Wenn alſo mancher<lb/> Leſer bei der Ueberſicht des gegenwärtigen Syſtems eine Berück-<lb/> ſichtigung des <hi rendition="#aq">jus gentium</hi> mit Befremden vermiſſen wird, ſo<lb/> werde ich ihn nur auf jenes Kapitel verweiſen können, wo er<lb/> das Nöthige darüber finden wird.</p><lb/> <p>Nach welchen innern Kriterien ich nun das, was ich dem<lb/> ältern Syſtem vindicire, beſtimme, letzteres ſelbſt ſtofflich ab-<lb/> gränze, darüber kann ich hier gleichfalls noch keine Antwort<lb/> geben; ich müßte zu dem Zweck vieles anticipiren, was nur im<lb/> Zuſammenhange des Syſtems ſelbſt ſeine Rechtfertigung finden<lb/> kann. Auch hier muß ich alſo zunächſt die Antwort ſchuldig<lb/> bleiben.</p><lb/> <p>Was die chronologiſche Abgränzung des Syſtems anbetrifft,<lb/> ſo habe ich bereits im §. 6 angegeben, daß ich die Bildung<lb/> deſſelben in die zweite Hälfte der Königszeit verlege, die Blüthe-<lb/> zeit deſſelben in das vierte bis ſechste Jahrhundert der Stadt,<lb/> die erſten Anfänge aber einer neuen freieren Rechtsbildung in<lb/> das ſiebente Jahrhundert. Nur für den völlig Unkundigen braucht<lb/> bemerkt zu werden, daß dieſer letzte Zeitpunkt nicht als Endpunkt<lb/> des zweiten Syſtems aufzufaſſen iſt, daß vielmehr über der Bil-<lb/> dung des dritten und der allmähligen Umgeſtaltung des gegen-<lb/> wärtigen Syſtems noch viele Jahrhunderte verfloſſen. Der Zeit<lb/> nach wird ſich alſo unſere Darſtellung von jetzt an vorzugsweiſe<lb/> in der Glanzperiode der römiſchen Republik verweilen, ohne daß<lb/> wir aber, wie bereits bemerkt, auf eine ſtoffliche Ergänzung des<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [5/0019]
Einleitung. §. 22.
leitung (§. 5) ausgeſprochenen methodologiſchen Grundſätzen
werden wir hier nun das ſyſtematiſche Moment auf Koſten des
chronologiſchen geltend machen, alſo uns das zweite Syſtem in
ſeiner ganzen Fülle und Ausdehnung zu vergegenwärtigen und
in ſeiner Eigenthümlichkeit zu ſchildern ſuchen. Bei dieſer Cha-
rakteriſtik nehmen wir auf einige Erſcheinungen, die dem Grund-
charakter des Syſtems nicht entſprechen, zunächſt keine Rückſicht,
werden dieſelben aber ſpäter (Abſch. I Kap. 4: Freiere Bildun-
gen) berühren, und dort wird der geeignete Ort ſein, um uns
wegen dieſes Verfahrens zu rechtfertigen. Wenn alſo mancher
Leſer bei der Ueberſicht des gegenwärtigen Syſtems eine Berück-
ſichtigung des jus gentium mit Befremden vermiſſen wird, ſo
werde ich ihn nur auf jenes Kapitel verweiſen können, wo er
das Nöthige darüber finden wird.
Nach welchen innern Kriterien ich nun das, was ich dem
ältern Syſtem vindicire, beſtimme, letzteres ſelbſt ſtofflich ab-
gränze, darüber kann ich hier gleichfalls noch keine Antwort
geben; ich müßte zu dem Zweck vieles anticipiren, was nur im
Zuſammenhange des Syſtems ſelbſt ſeine Rechtfertigung finden
kann. Auch hier muß ich alſo zunächſt die Antwort ſchuldig
bleiben.
Was die chronologiſche Abgränzung des Syſtems anbetrifft,
ſo habe ich bereits im §. 6 angegeben, daß ich die Bildung
deſſelben in die zweite Hälfte der Königszeit verlege, die Blüthe-
zeit deſſelben in das vierte bis ſechste Jahrhundert der Stadt,
die erſten Anfänge aber einer neuen freieren Rechtsbildung in
das ſiebente Jahrhundert. Nur für den völlig Unkundigen braucht
bemerkt zu werden, daß dieſer letzte Zeitpunkt nicht als Endpunkt
des zweiten Syſtems aufzufaſſen iſt, daß vielmehr über der Bil-
dung des dritten und der allmähligen Umgeſtaltung des gegen-
wärtigen Syſtems noch viele Jahrhunderte verfloſſen. Der Zeit
nach wird ſich alſo unſere Darſtellung von jetzt an vorzugsweiſe
in der Glanzperiode der römiſchen Republik verweilen, ohne daß
wir aber, wie bereits bemerkt, auf eine ſtoffliche Ergänzung des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |