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Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854.

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II. Der Gleichheitstrieb. -- Objekt. Aestimation, Interesse. §. 29.
keit sehr geschwächt und für den regulären Fall, daß Zinsen bis
zum Betrage des gesetzlichen Maximums versprochen waren,
völlig aufgehoben. Hier lag das Bedürfniß einer Hülfe von
Seiten der Gesetzgebung vor. Dieselbe ward aber nur für den
Fall gewährt, daß es wegen Läugnens des Beklagten zum Pro-
zeß kam, und zwar in Form der sponsio tertiae partis 133) (wo-
durch der Kläger außer der Hauptschuld noch ein Drittheil mehr
erhielt); gegen den geständigen Schuldner fiel diese Schärfung
hinweg. Jedoch scheint es auch Fälle gegeben zu haben, in
denen der geständige, aber säumige Schuldner zur Strafe
für seine Zögerung ein solches Plus zu entrichten hatte; in der
lex Julia municipalis ist uns ein solcher Fall aufbewahrt. 134)

Handelt es sich nun in allen diesen Fällen um ein Surrogat
des Interesses und nicht viel mehr um eine Strafe? Es würde
verkehrt sein, diese beiden Gesichtspunkte der Strafe und des
Interesses für das ältere Recht in einen ausschließlichen Gegen-
satz sich gegenüber zu stellen. In vielen Fällen nämlich sind sie
nur die zwei verschiedenen Seiten eines und desselben Verhält-
nisses. Vom Standpunkt des Beklagten aus stellt sich das,
was er leistet, als eine Strafe dar, von dem des Klägers aus

133) Gaj. IV. §. 13, 171. Cic. pro Rosc. Com. c. 4, 5.
134) Lex Jul. munic. vers. 40--44. Wer seine Wegbaulast nicht er-
füllt, auf dessen Kosten wird die Reparatur verdungen. Si is, qui adtributus
erit, eam pecuniam diebus XXX proxumis, quibus ipse aut procurator
ejus sciet adtributionem factam esse, ei, cui adtributus erit, non solverit
neque satisfecerit, is quantae pecuniae adtributus erit, tantam pecu-
niam et ejus dimidium ei cui adtributus erit dare debeto inque eam
rem is quocunque de ea re aditum erit, judicem judiciumque ita dato,
uti de pecunia credita (judicem) judiciumque dari
oportebit
.
Eine Sponsio von Seiten des geständigen Schuldners wird
in der lex Rubria c. 21 erwähnt. Es werden dort zwei Fälle unterschieden:
1) si is eam pecuniam in jure debere se confessus erit neque id, quod
confessus erit, (a) solvet satisvefaciet aut (b) se sponsione judicio-
que uti oportebit non defendet 2) sive is in jure non responderit neque
sponsionem faciet neque judicio
u. s. w. War dies unsere sponsio?

II. Der Gleichheitstrieb. — Objekt. Aeſtimation, Intereſſe. §. 29.
keit ſehr geſchwächt und für den regulären Fall, daß Zinſen bis
zum Betrage des geſetzlichen Maximums verſprochen waren,
völlig aufgehoben. Hier lag das Bedürfniß einer Hülfe von
Seiten der Geſetzgebung vor. Dieſelbe ward aber nur für den
Fall gewährt, daß es wegen Läugnens des Beklagten zum Pro-
zeß kam, und zwar in Form der sponsio tertiae partis 133) (wo-
durch der Kläger außer der Hauptſchuld noch ein Drittheil mehr
erhielt); gegen den geſtändigen Schuldner fiel dieſe Schärfung
hinweg. Jedoch ſcheint es auch Fälle gegeben zu haben, in
denen der geſtändige, aber ſäumige Schuldner zur Strafe
für ſeine Zögerung ein ſolches Plus zu entrichten hatte; in der
lex Julia municipalis iſt uns ein ſolcher Fall aufbewahrt. 134)

Handelt es ſich nun in allen dieſen Fällen um ein Surrogat
des Intereſſes und nicht viel mehr um eine Strafe? Es würde
verkehrt ſein, dieſe beiden Geſichtspunkte der Strafe und des
Intereſſes für das ältere Recht in einen ausſchließlichen Gegen-
ſatz ſich gegenüber zu ſtellen. In vielen Fällen nämlich ſind ſie
nur die zwei verſchiedenen Seiten eines und deſſelben Verhält-
niſſes. Vom Standpunkt des Beklagten aus ſtellt ſich das,
was er leiſtet, als eine Strafe dar, von dem des Klägers aus

133) Gaj. IV. §. 13, 171. Cic. pro Rosc. Com. c. 4, 5.
134) Lex Jul. munic. vers. 40—44. Wer ſeine Wegbaulaſt nicht er-
füllt, auf deſſen Koſten wird die Reparatur verdungen. Si is, qui adtributus
erit, eam pecuniam diebus XXX proxumis, quibus ipse aut procurator
ejus sciet adtributionem factam esse, ei, cui adtributus erit, non solverit
neque satisfecerit, is quantae pecuniae adtributus erit, tantam pecu-
niam et ejus dimidium ei cui adtributus erit dare debeto inque eam
rem is quocunque de ea re aditum erit, judicem judiciumque ita dato,
uti de pecunia credita (judicem) judiciumque dari
oportebit
.
Eine Sponsio von Seiten des geſtändigen Schuldners wird
in der lex Rubria c. 21 erwähnt. Es werden dort zwei Fälle unterſchieden:
1) si is eam pecuniam in jure debere se confessus erit neque id, quod
confessus erit, (a) solvet satisvefaciet aut (b) se sponsione judicio-
que uti oportebit non defendet 2) sive is in jure non responderit neque
sponsionem faciet neque judicio
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[117/0131] II. Der Gleichheitstrieb. — Objekt. Aeſtimation, Intereſſe. §. 29. keit ſehr geſchwächt und für den regulären Fall, daß Zinſen bis zum Betrage des geſetzlichen Maximums verſprochen waren, völlig aufgehoben. Hier lag das Bedürfniß einer Hülfe von Seiten der Geſetzgebung vor. Dieſelbe ward aber nur für den Fall gewährt, daß es wegen Läugnens des Beklagten zum Pro- zeß kam, und zwar in Form der sponsio tertiae partis 133) (wo- durch der Kläger außer der Hauptſchuld noch ein Drittheil mehr erhielt); gegen den geſtändigen Schuldner fiel dieſe Schärfung hinweg. Jedoch ſcheint es auch Fälle gegeben zu haben, in denen der geſtändige, aber ſäumige Schuldner zur Strafe für ſeine Zögerung ein ſolches Plus zu entrichten hatte; in der lex Julia municipalis iſt uns ein ſolcher Fall aufbewahrt. 134) Handelt es ſich nun in allen dieſen Fällen um ein Surrogat des Intereſſes und nicht viel mehr um eine Strafe? Es würde verkehrt ſein, dieſe beiden Geſichtspunkte der Strafe und des Intereſſes für das ältere Recht in einen ausſchließlichen Gegen- ſatz ſich gegenüber zu ſtellen. In vielen Fällen nämlich ſind ſie nur die zwei verſchiedenen Seiten eines und deſſelben Verhält- niſſes. Vom Standpunkt des Beklagten aus ſtellt ſich das, was er leiſtet, als eine Strafe dar, von dem des Klägers aus 133) Gaj. IV. §. 13, 171. Cic. pro Rosc. Com. c. 4, 5. 134) Lex Jul. munic. vers. 40—44. Wer ſeine Wegbaulaſt nicht er- füllt, auf deſſen Koſten wird die Reparatur verdungen. Si is, qui adtributus erit, eam pecuniam diebus XXX proxumis, quibus ipse aut procurator ejus sciet adtributionem factam esse, ei, cui adtributus erit, non solverit neque satisfecerit, is quantae pecuniae adtributus erit, tantam pecu- niam et ejus dimidium ei cui adtributus erit dare debeto inque eam rem is quocunque de ea re aditum erit, judicem judiciumque ita dato, uti de pecunia credita (judicem) judiciumque dari oportebit. Eine Sponsio von Seiten des geſtändigen Schuldners wird in der lex Rubria c. 21 erwähnt. Es werden dort zwei Fälle unterſchieden: 1) si is eam pecuniam in jure debere se confessus erit neque id, quod confessus erit, (a) solvet satisvefaciet aut (b) se sponsione judicio- que uti oportebit non defendet 2) sive is in jure non responderit neque sponsionem faciet neque judicio u. ſ. w. War dies unſere sponsio?

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Zitationshilfe: Jhering, Rudolf von: Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung. Teil 2, Bd. 1. Leipzig, 1854, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jhering_recht0201_1854/131>, abgerufen am 24.11.2024.